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Fr, 09:00 Uhr
21.09.2018
nnz-Forum

Geht es hier nur um Kohle?

Den tragischen Tod eines Journalisten im Hambacher Forst nimmt nnz-Leser Manfred Kappler zum Anlass sich Gedanken zur Kohleförderung, Politik und Lobbyismus, den Zustand des deutschen Waldes und die Rohstofffragen im Südharz zu machen...

Mit Entsetzen erfuhr ich vom Tod des Journalisten und Bloggers welcher die Räumung der Baumhäuser dokumentieren wollte. Er war ein guter Freund der Umweltaktivisten. In tiefem Mitgefühl und Trauer um diesen Menschen, wünsche ich allen welche um ihn trauern, ganz viel Trost und Kraft in dieser schweren Stunde.

„Hambacher Forst“ geht es hier nur um die Kohle?

Massiver Polizeieinsatz und schwere Räumtechnik gegen ein Naturschutzgebiet, 300 Jahre alte Bäume, gegen Umwelt und Klimaschutz und gegen die Waldbeschützer des letzten Restes vom Hambacher Forst.

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Was für eine Verhältnismäßigkeit? Wer bestimmt die Politik, die Bürger, die Politiker oder die Lobbyisten mit dem Energieriesen RWE?

Der Hambacher Braunkohlentagebau gilt als größtes Loch Europas mit ca. 85 Km². Trotz eingeleiteter Energiewende wächst dieses riesige Loch weiter. 90% des Hambacher Forstes, ca. 41 Km², wurden schon von ihm abgebaggert.

Nun sollen die letzten 10% des Forstes trotz NSG und fehlender Umweltverträglichkeits-Prüfung mit den über 300 Jahre alten Baumriesen, mitten im Kohlegipfel, durch die RWE geopfert werden. Hier sollen Fakten vor Entscheidungen geschaffen werden. Was für eine politische Handlung?

Werden die ca. 200 ha vom Hambacher Forst überhaupt gebraucht? Uns wird erzählt und argumentiert, wenn diese Fläche nicht freigegeben würde gingen bei Engpässen die Lichter aus. Was für eine Wahrheit? Hier zeigt sich eine interessante Zusammenarbeit zwischen der Energielobby und der Politik.

Am Sonntag, den 16. September demonstrierten ca. 7.000 Menschen mit Frauen und Kindern für den Erhalt dieses Waldes ganz friedlich, Brutalität ging hier nur von der bundesweit zusammengezogenen Polizei aus. (TV Bericht WDR vom Montag-Abend). Hier zeigte sich die Macht und das gute Zusammenspiel von RWE und Staatsapparat.

Die Vernichtung des Hambacher Forstes ist auf jeden Fall sehr Kontraproduktiv. Mitten in diesem Industriegebiet und neben dem größten Loch Europas diese Bäume zu fällen ist ein Desaster. Wer diese Fällung für gut hält, hat die Bedeutung von Bäumen für unser Leben, die Luft und das Klima noch nicht begriffen. Abgebaggert ist abgebaggert und für alle Ewigkeit vernichtet.

In Städten und Ballungszentren soll versucht werden durch Baumpflanzungen und Begrünung von Dächern und Fassaden der Klimaerwärmung und der Luftverschmutzung und CO² Belastung entgegen zu wirken. Dagegen möchte die RWE, einer der größten CO² Lieferanten, den letzten grünen Rest einer grünen Lunge, den Hambacher Forst, vernichten. Eine Vernichtung gegen den Willen von tausenden von friedlichen Bürgern dieses Landes.

Wie sieht es mit den grünen Lungen den Wäldern in unserem Land überhaupt aus? Von der starken wirtschaftlichen Nutzung mit einer starken Ausdünnung der Wälder möchte ich gar nicht sprechen. Riesige Schäden haben die Winterstürme in unseren Wäldern angerichtet. Dann folgte die Trockenperiode des noch andauernden Sommers, welche große Trockenschäden verursachte. Hierzu kommt nun noch eine starke Borkenkäfer-Population. All dieses hinterlässt einen nicht gerade sehr gesunden und starken Wald.

Hinzu kommen noch Abholzungen von kleinen Waldflicken, Alleen, Remisen, Fluss- und Bachrändern und Einzelbäumen. Bei vielem wurden zwar Ersatzpflanzungen getätigt, nur muß dieses erst noch wachsen und in diesem Jahr ist auch vieles davon vertrocknet. Ja dieses ist zwar alles nur Kleinkram, aber Kleinvieh macht bekanntlich auch eine Menge von Mist.

Wie passt dieses alles zusammen mit der Abholzung des 200 ha großen Hambacher Forstes? Stück für Stück wurde der Hambacher Forst von der Kohleindustrie einverleibet. Gibt es da nicht Parallelen zum Gipsabbau vor unserer Haustür? Hier ein Stück und dort ein Stück und immer so weiter.

Nur wo bleiben die Zusagen und Versprechen von Politik und Gipsindustrie? Kein Gipsabbau östlich der B4, und Unterschutzstellung der Gips-Karstlandschaft? Bau eines großen Gipswerkes mit der Schaffung von hunderten Arbeitsplätzen bei Klettenberg? Verwendung und Einsatz von mehr Rheagips? Zurücknahme und Wiederverwendung alter Gipsplatten und Baustoffe? Was wurde hiervon realisiert? Kann man der Gipsindustrie und der Politik überhaupt noch etwas glauben? Diese Zusagen sollen die Grundlage zur Bewilligung des Gipsabaues am Kuhberg gewesen sein. Versprechen nicht gehalten aber die Bewilligung ist rechtskräftig.

Für mich eine unverständliche Politik. Statt sich an Zugesagtes zu halten, holt man sich politische Rückendeckung durch den FDP Bundestagsabgeordneten und Landesvorsitzenden Herrn Thomas Kemmerich. Somit kommt der Lobbyismus durch die Gipsindustrie wieder einmal zum Einsatz oder?

Irgendwie riecht das nach dem Stinkschiefer welcher am Kuhberg ansteht. Noch wenige Kilometer weiter, zum „Alten Stolberg“. Hier liegt ein neuer Betriebsplan vor, welcher 14 ha neues Abbaugebiet beansprucht. Ein Gebiet welches für 90 Jahre Vorhaltungsrecht beinhaltet. Eine viel zu lange unüberschaubare Zeit. Diese beantragte Fläche geht direkt bis an die Naturschutzgrenze ohne Distanz- und Schutzfläche. Hier soll auch alter Buchenbestand und eine einmalige Natur mit den Schluchten Tälern und so besondere Biotope mit einem einmaligen Microklima dem Gipsabbau weichen.

Was kommt nach der Ausbeutung? Dann geht es wie im Hambacher Forst an die noch vorhandenen Flächen. Wann ist endlich Schluss mit der Vernichtung von Wald, Natur und Flächen?

Gestern erreichte mich die Nachricht, dass zwischen Buchholz und Stempeda eine neue Abbaustelle angefangen wäre. Ich hoffe das diese Nachricht nicht stimmt, ansonsten wäre es ein weiterer Schritt unsere einmalige Karstlandschaft zu vernichten.

In welchem Supermarkt gibt es so eine Karstlandschaft zu kaufen? Wie lange soll dieser Ausverkauf der Erde noch weiter gehen? Es ist unsere Heimat; unsere Natur und unser Klima!
Manfred Kappler
Autor: red

Anmerkung der Redaktion:
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Kommentare
N. Baxter
21.09.2018, 09.09 Uhr
Lobbyismus
Fahrverbote für Dieselpkw in den Innenstädten aber Kohleabbau inkl. Rodung wertvoller Waldbestände...
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