Fr, 18:00 Uhr
17.10.2025
Nachgehakt
Zu wenig Kinder, zu viel Personal
Von Nordhausen bis Sonneberg, von Eisenach bis Altenburg wird in den öffentlichen Gremien seit Wochen über die Zukunft von Kindertagesstätten (Kita) diskutiert. Mal sachlich und mal emotional, schließlich stehen ein Personalabbau und - vermutlich auch - Schließungen von Einrichtungen an. Die nnz hat sich die nüchternen Zahlen für den Landkreis Nordhausen mal genauer angesehen…
Kinderspielplatz (Foto: FreePhotosART auf Pixabay)
Die neuen Bundesländer, insbesondere Thüringen, schneiden bei Vergleichen in punkto Kinderbetreuung traditionell sehr gut ab. Das hat mehr mit der DDR-Vergangenheit als mit Erfolgen aktueller Politik zu tun, sind sich die Fachleute einig. Doch auch die gewachsenen Strukturen stehen unter Druck. In Deutschland sinkt zum Beispiel die Quote der beschäftigten Fachkräfte. Im Landkreis Nordhausen lag sie im vergangenen Jahr laut der Analyse der Bertelsmann Stiftung bei 86 Prozent.
Die Zukunft der Kinderbetreuung ist dennoch bedroht. Die Finanzierung ist das Problem und die Ursache liegt bei den Menschen selbst. Die Thüringer sind nicht mehr so gebärfreudig wie in der Vergangenheit. Sprich: Es gibt zu wenig Kinder für zu viele Kita-Plätze und zu viele Betreuer. Der Blick in die Statistik ist gnadenlos.
Wurden im Jahr 2016 noch 18.475 Kinder im Freistaat geboren, so erblickten im vergangenen Jahre nur noch 11.800 das Licht dieser Welt. Für die standen im Jahr 2024 jedoch mehr als 105.000 genehmigte Kita-Plätze zur Verfügung. Allerdings gab es laut einer Statistik des Gemeinde- und Städtebundes lediglich 86.500 betreute Kinder. Pädagogisch betrachtet, eine durchaus vorteilhafte Situation, fiskalisch eher der entgegengesetzte Weg. Noch sprechen die Fachleute nicht von einer Katastrophe, aber sie heben warnend die symbolischen Finger. Am Beispiel der Landgemeinde Harztor soll die Situation verdeutlicht werden.
Die Finanzierung der Kitaplätze erschöpft sich aus drei Quellen: den Zuschüssen des Landes, dem Elternanteil und dem Anteil der Gemeinde. Die Zuschüsse des Landes Thüringen sind von rund 1,22 Millionen Euro im Jahr 2022 auf rund 1,105 Millionen Euro zurückgegangen. Der Anteil der Eltern ist 353.000 Euro auf 355.000 Euro im Jahr 2024 gestiegen. Besonders stark angestiegen ist der Gemeindeanteil. Waren es im Jahr 2022 noch 1,29 Millionen Euro für die Kitas in Niedersachswerfen, Herrmannsacker, Ilfeld und Neustadt, so mussten zwei Jahre später schon 2,04 Millionen Euro bereitgestellt werden. Das ist aus Sicht von Bürgermeister Stephan Klante nicht mehr schultern und ist nicht nur ein Beleg für die Gesamtsituation der Städte und Gemeinden in Thüringen, sondern ein Fingerzeig auf den Umstand, dass im vergangenen Jahr mit 260 Kindern 31 weniger als 2022 betreut wurden. Dabei reduzierte sich die Zahl der pädagogischen Fachkräfte lediglich um eine Stelle.
Klante ist Mitglied im Landesausschuss des Gemeinde- und Städtebundes und weiß, dass die Harztor-Sorgen sich auf das ganze Land legen lassen. Er erwartet im Ergebnis der bereits laufenden Diskussionen harte Einschnitte in der Finanzierung der Kitas”. Wir als Kommunen sind am Ende und können angesichts der allgemeinen Haushaltssituation unseren Anteil nicht nur nicht weiter erhöhen, sondern müssen über eine Konsolidierung, vielleicht auch Kürzung nachdenken. Das müssen wir dem Land im Zuge weiterer Diskussion, gerade bei der Vorbereitung auf einen kommenden Doppelhaushalt, klarmachen. Das müssen wir auch den Eltern vermitteln”, so der Kreisvorsitzende des Gemeinde- und Städtebundes. Auch sollte über die aktuelle Pflichtbetreuungszeit von zehn Stunden pro Tag diskutiert werden.
Eine Stellschraube sind dabei die Personalkosten, genauer der Betreuungs- oder Personalschlüssel. Die nach unten zu drehen tut weh, muss zwangsläufig jedoch mit den zurückgehenden Geburtenzahlen einhergehen. In der Altersgruppe 0 bis 6 sind laut der Prognose der Geburtenentwicklung in diesem Jahr noch 3320 für den Landkreis Nordhausen notiert. Nur fünf Jahre später sind es noch 3090 und im Jahr 2040 sagt die Prognose des Zensus immer noch 3130 voraus. Gleichzeitig gehen die Schätzer des Statistischen Landesamtes im Jahr 2040 nur noch von 70.700 Personen im gesamten Landkreis Nordhausen voraus. Für das aktuelle Jahr konstatiert die Statistik immerhin noch 80.800 Bürgerinnen und Bürger.
Es wird also in den kommenden Wochen und Monaten einiges an Entscheidungen in der kommunalen, aber auch in der landespolitischen Ebene geben müssen. Die Möglichkeit der Schaffung eines Sondervermögens” ist den Kommunen jedenfalls nicht gegeben.
Peter-Stefan Greiner
Autor: red
Kinderspielplatz (Foto: FreePhotosART auf Pixabay)
Die neuen Bundesländer, insbesondere Thüringen, schneiden bei Vergleichen in punkto Kinderbetreuung traditionell sehr gut ab. Das hat mehr mit der DDR-Vergangenheit als mit Erfolgen aktueller Politik zu tun, sind sich die Fachleute einig. Doch auch die gewachsenen Strukturen stehen unter Druck. In Deutschland sinkt zum Beispiel die Quote der beschäftigten Fachkräfte. Im Landkreis Nordhausen lag sie im vergangenen Jahr laut der Analyse der Bertelsmann Stiftung bei 86 Prozent.
Die Zukunft der Kinderbetreuung ist dennoch bedroht. Die Finanzierung ist das Problem und die Ursache liegt bei den Menschen selbst. Die Thüringer sind nicht mehr so gebärfreudig wie in der Vergangenheit. Sprich: Es gibt zu wenig Kinder für zu viele Kita-Plätze und zu viele Betreuer. Der Blick in die Statistik ist gnadenlos.
Wurden im Jahr 2016 noch 18.475 Kinder im Freistaat geboren, so erblickten im vergangenen Jahre nur noch 11.800 das Licht dieser Welt. Für die standen im Jahr 2024 jedoch mehr als 105.000 genehmigte Kita-Plätze zur Verfügung. Allerdings gab es laut einer Statistik des Gemeinde- und Städtebundes lediglich 86.500 betreute Kinder. Pädagogisch betrachtet, eine durchaus vorteilhafte Situation, fiskalisch eher der entgegengesetzte Weg. Noch sprechen die Fachleute nicht von einer Katastrophe, aber sie heben warnend die symbolischen Finger. Am Beispiel der Landgemeinde Harztor soll die Situation verdeutlicht werden.
Die Finanzierung der Kitaplätze erschöpft sich aus drei Quellen: den Zuschüssen des Landes, dem Elternanteil und dem Anteil der Gemeinde. Die Zuschüsse des Landes Thüringen sind von rund 1,22 Millionen Euro im Jahr 2022 auf rund 1,105 Millionen Euro zurückgegangen. Der Anteil der Eltern ist 353.000 Euro auf 355.000 Euro im Jahr 2024 gestiegen. Besonders stark angestiegen ist der Gemeindeanteil. Waren es im Jahr 2022 noch 1,29 Millionen Euro für die Kitas in Niedersachswerfen, Herrmannsacker, Ilfeld und Neustadt, so mussten zwei Jahre später schon 2,04 Millionen Euro bereitgestellt werden. Das ist aus Sicht von Bürgermeister Stephan Klante nicht mehr schultern und ist nicht nur ein Beleg für die Gesamtsituation der Städte und Gemeinden in Thüringen, sondern ein Fingerzeig auf den Umstand, dass im vergangenen Jahr mit 260 Kindern 31 weniger als 2022 betreut wurden. Dabei reduzierte sich die Zahl der pädagogischen Fachkräfte lediglich um eine Stelle.
Klante ist Mitglied im Landesausschuss des Gemeinde- und Städtebundes und weiß, dass die Harztor-Sorgen sich auf das ganze Land legen lassen. Er erwartet im Ergebnis der bereits laufenden Diskussionen harte Einschnitte in der Finanzierung der Kitas”. Wir als Kommunen sind am Ende und können angesichts der allgemeinen Haushaltssituation unseren Anteil nicht nur nicht weiter erhöhen, sondern müssen über eine Konsolidierung, vielleicht auch Kürzung nachdenken. Das müssen wir dem Land im Zuge weiterer Diskussion, gerade bei der Vorbereitung auf einen kommenden Doppelhaushalt, klarmachen. Das müssen wir auch den Eltern vermitteln”, so der Kreisvorsitzende des Gemeinde- und Städtebundes. Auch sollte über die aktuelle Pflichtbetreuungszeit von zehn Stunden pro Tag diskutiert werden.
Eine Stellschraube sind dabei die Personalkosten, genauer der Betreuungs- oder Personalschlüssel. Die nach unten zu drehen tut weh, muss zwangsläufig jedoch mit den zurückgehenden Geburtenzahlen einhergehen. In der Altersgruppe 0 bis 6 sind laut der Prognose der Geburtenentwicklung in diesem Jahr noch 3320 für den Landkreis Nordhausen notiert. Nur fünf Jahre später sind es noch 3090 und im Jahr 2040 sagt die Prognose des Zensus immer noch 3130 voraus. Gleichzeitig gehen die Schätzer des Statistischen Landesamtes im Jahr 2040 nur noch von 70.700 Personen im gesamten Landkreis Nordhausen voraus. Für das aktuelle Jahr konstatiert die Statistik immerhin noch 80.800 Bürgerinnen und Bürger.
Es wird also in den kommenden Wochen und Monaten einiges an Entscheidungen in der kommunalen, aber auch in der landespolitischen Ebene geben müssen. Die Möglichkeit der Schaffung eines Sondervermögens” ist den Kommunen jedenfalls nicht gegeben.
Peter-Stefan Greiner


