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IM GESPRÄCH MIT STEFFEN ROMER

Ein CDU-Mann spricht Klartext

Dienstag, 26. November 2019, 14:12 Uhr
Die Werteunion, eine konservative Basisbewegung innerhalb der CDU/CSU, gründete kürzlich in Mühlhausen den Regionalverband Nordthüringen. Er vereint die Landkreise Eichsfeld, Nordhausen, Unstrut-Hainich und den Kyffhäuserkreis. Zu den Gründungsmitgliedern gehörte Steffen Romer aus Nordhausen. Wir sprachen mit dem Christdemokraten und Geschäftsführer der Südharz-Druckerei...

Steffen Romer ist überzeugtes CDU-Mitglied, hadert aber mit der Bundespolitik seiner Partei. Er gehört der Werteunion an (Foto: privat) Steffen Romer ist überzeugtes CDU-Mitglied, hadert aber mit der Bundespolitik seiner Partei. Er gehört der Werteunion an (Foto: privat)

Steffen Romer ist überzeugtes CDU-Mitglied, hadert aber mit der Bundespolitik seiner Partei. Er gehört der Werteunion an. Foto: privat

nnz: Warum bedarf es einer Werteunion und was macht sie bedeutsam?

Steffen Romer: Immer mehr CDU-Mitglieder fühlen sich zunehmend unwohl mit dem Kurs, insbesondere der Politik der Großen Koalition in Berlin und hadern deshalb sogar mit dem Parteiaustritt. Viele ehemalige CDU-Wähler setzen ihr Kreuz bei anderen Parteien oder sind ins Lager der Nichtwähler gewechselt.

Dieser Negativtrend darf aus unserer Sicht nicht länger unter den Teppich gekehrt und ignoriert werden. Die WerteUnion hat sich deshalb als Basisbewegung innerhalb der CDU und CSU gegründet, um gleich gesinnte Mitglieder zu vernetzen und ihnen eine Stimme zu geben. Wir setzen uns für eine Rückbesinnung auf den liberal-konservativen Markenkern der CDU ein. Der Vorwurf, die WerteUnion würde die CDU spalten, ist schlichtweg absurd. Im Gegenteil, wir wollen die Konservativen in der Union halten und auch zurückholen.

nnz: Demnach sind die Werte, die einst das Profil der CDU bestimmten, unter der Kanzlerschaft von Angela Merkel nach und nach abhanden gekommen?

Romer: Diesen Eindruck haben jedenfalls viele Menschen in diesem Land. Die WerteUnion erhält täglich Zuschriften von Bürgern, die dies genau so sehen. Und in vielen Orts- und Kreisverbänden der CDU ist die Stimmung vergleichbar. Wenn wir die letzten fünfzehn Jahre Revue passieren lassen, hat die CDU ihr angestammtes Terrain Schritt für Schritt in Richtung links aufgegeben.

nnz: Wie aus Kreisen Ihrer Partei zu hören ist, habe der Zuspruch für die CDU in dem Maße abgenommen, wie sie sich der SPD annäherte und nach links rückte. Ist da was dran?

Romer: Ganz klar: Wir haben im Laufe der letzten zehn Jahre zwischen zehn und zwanzig Prozentpunkte bei den Wahlen verloren. Nehmen wir das Beispiel Thüringen. Im Jahre 1999 erreichte die CDU noch die absolute Mehrheit bei der Landtagswahl, 2019 gerade einmal etwas über zwanzig Prozent der Wählerstimmen. Für die derzeitige Bundes-Parteispitze scheint das allerdings kein großes Problem darzustellen. Jedes Unternehmen, jeder Sportverein, hätte seine Spitze bei einem solchen Ergebnis längst ausgewechselt. Daran gibt es nichts zurütteln: Nicht der Wähler ist uns abhanden gekommen, sondern die CDU dem konservativen Wähler. Indem sie inhaltlich zur SPD aufgerückt ist, hat die CDU die Sozialdemokraten nun fast völlig erdrückt. Das hat nebenbei auch den Effekt, dass die SPD-Wähler nach Links/Grün abgewandert sind. Das gesamte politische Spektrum verschiebt sich hierdurch nach links, was langfristig fatale Auswirkungen für unser Land hat. Freiheit, Sicherheit, Stabilität und Wohlstand sind in Gefahr. Es wäre ein großer Fehler, wenn die CDU-Spitze diesen Weg weiter fortsetzt.

nnz: Sollen mit der Belebung konservativer Werte ehemalige CDU-Wähler bewogen werden, künftig auf dem Wahlschein wieder CDU anzukreuzen, um dem Anspruch, Volkspartei zu sein, gerecht zu werden?

Romer: Warum Belebung? Diese Werte sind doch nicht tot! Nach gültigen Beschlüssen sind die Forderungen der WerteUnion noch immer der Markenkern der CDU. Und nach meiner Überzeugung sind es auch die richtigen Inhalte, um unser Land gut zu regieren. Die WerteUnion will den konservativen Wählern und Mitgliedern der CDU zeigen, dass noch nicht alles verloren ist. Es gibt noch immer Mitglieder, die offen für ihre konservative Überzeugung eintreten. Wir wollen verloren gegangene Zustimmung zurückgewinnen sowie in bessere Wahlergebnisse und vernünftige Politik für Deutschland ummünzen.

nnz: Tonio Aschoff, der Vorsitzende des Regionalverbandes, unterstrich die Bedeutung, Regional- und Kreisverbände zu gründen. Ist die Gründung eines solchen im Landkreis in Sicht?

Romer: Inzwischen ist die Gründung des Kreisverbandes Nordhausen erfolgt. Die anwesenden Mitglieder haben mich zum Kreisvorsitzenden gewählt. Als stellvertretende Sprecher wurden Steffen Iffland und Torsten Juch gewählt. Mit der zügigen Gründung von Regional- und Kreisverbänden wollen wir eine Präsenz in der Fläche erzeugen, damit sich Mitglieder, Förderer, Sympathisanten wie auch Interessenten der WerteUnion kennen lernen und zum Meinungsaustausch treffen können.

nnz: Vor allem nach dem Wahldebakel der CDU in Thüringen gärt es an der Basis. Das sei auch dem Erscheinungsbild der Bundes-CDU geschuldet. Nach Friedrich Merz sei es grottenschlecht. Teilen Sie seine Meinung?

Romer: Über das Wort „grottenschlecht“ lässt sich natürlich trefflich streiten. Herr Merz hat seine Kritik bewusst harsch formuliert, damit sie die nötige Aufmerksamkeit erfährt. Wenn wir uns die aktuellen Umfragen ansehen, haben die Parteien der Großen Koalition längst keine Mehrheit mehr. Bei den Wählern kommt das offenbar so an, wie Friedrich Merz es beschreibt. Da ist es schon fast egal, ob schlecht gemacht oder schlecht verkauft. Die SPD ist dazu übergegangen, der CDU in immer kürzeren Abständen Zugeständnisse abzuringen. Die CDU gibt leider meist nach oder stellt vernünftige Kompromisse nur unzureichend dar. Denken wir zum Beispiel an das Klimapaket, die Grundrente oder auch die grundlose und beschämende Entlassung des Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen.

nnz: Gab der CDU-Parteitag am Wochenende in Leipzig nach Ihrer Meinung den Auftakt zu neuen Ufern mit der Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer?

Romer: Aus meiner Sicht definitiv nicht. Annegret Kramp-Karrenbauer hat sich in ihrer Rede klar gegen die WerteUnion positioniert und wurde dafür von den anwesenden Delegierten beklatscht. Ich denke, der Bundesparteitag war als eine Art Wachrütteln geplant. Die Art der Inszenierung hat in den Augen der gespannten Verfolger daraus leider ein „Weiter so!“ werden lassen. Angesichts der Wahlergebnisse und Prognosen hätte eine deutliche Selbstkritik mit Konsequenzen erfolgen müssen. Stattdessen gab es nach 90 Minuten „wir müssten“ und „es war doch nicht alles falsch“ minutenlangen Applaus.

nnz: Und der Auftritt von Friedrich Merz?

Romer: Viele hatten sich vom Auftritt eines Friedrich Merz mehr versprochen. Angesichts der Stimmung im Saal hat er aus meiner Sicht das Richtige getan und keine Entscheidung erzwungen. Erstens standen Personalentscheidungen nicht an und solcherlei Diskussionen wären nur verpufft. Zweitens spiegelte die Einstellung der Delegierten nicht die Stimmung der Basis wieder. Auch der ehemalige CDU-Generalsekretär fiel vor und während des Parteitages mit beschämenden Ausfällen gegen uns Konservative in der Parteibasis auf. Und offenbar auf Betreiben des Kanzleramtes hin wurde die Ernennung Rainer Wendts, eines standhaften Konservativen, zum Staatssekretär in Sachsen-Anhalt verhindert. Wenn die CDU-Spitze die WerteUnion und andere Konservative weiterhin derart ablehnt, sehe ich darin aber eher den Versuch, die Überbringer schlechter Nachrichten stumm zu schalten. Diese werden für die CDU allerdings nicht abreißen, sollte sie ihren eingeschlagenen Kurs nicht schon bald grundlegend ändern. Nun beginnt unsere Arbeit, über die Arbeit vor Ort konstruktiv Einfluss auf die Bundespolitik zu nehmen.

Mit Steffen Romer sprach Kurt Frank
Autor: red

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