nnz-online
Auch Vollzugsbeamte haben weitreichende Befugnisse

Wer darf uns kontrollieren?

Donnerstag, 14. Januar 2021, 16:30 Uhr
Polizei und Ordnungsamt sind gern gesehen, wenn sich der Bürger bedroht fühlt oder sein Recht durchsetzen will. Wenn sie dagegen Bußgeldbescheide ausstellen wollen, kommt vor allem beim Ordnungsamtsmitarbeiter immer wieder die Frage auf: „Darf der denn überhaupt meine Personalien aufnehmen?“ Wir haben nachgefragt …



Grundsätzlich darf nicht jeder Beamte alles. Aber wie so vieles sind auch diese Befugnisse in Deutschland haarklein geregelt. Und gerade in Zeiten von Kontrollen zur Einhaltung der Corona-Verordnungen stellt sich einigen unserer Leser die Frage, wer uns denn außer der Polizei kontrollieren und bestrafen darf. Ordnungsämter haben sowohl die Stadt Nordhausen als auch der Landkreis, weshalb wir an beide Behörden unsere Anfragen richteten.

In seltener Einigkeit konnten die Pressestellen zur Aufklärung beitragen. So schrieb uns der Pressesprecher der Stadt Nordhausen: „Die Ordnungsbehörde hat verschiedene rechtliche Grundlagen zur Identitätsfeststellung. Es kommt dabei jeweils auf die Art des Verfahrens an. Im Rahmen eines (verwaltungsrechtlichen) Verfahrens zur Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung/ -unterbindung (z. B. Platzverweis, Sicherstellung, Abschleppmaßnahme, etc.) ist eine Identitätsfeststellung des Betroffenen nach § 15 Thüringer Ordnungsbehördengesetz (ThürOBG) zulässig. Weiterhin können nach § 16 ThürOBG Dritte befragt werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass die Person sachdienliche Angaben zur Aufklärung des Sachverhalts in einer bestimmten ordnungsrechtlichen Angelegenheit machen kann. Auch in diesem Fall ist eine Identitätsfeststellung dieser Personen zulässig.“

In beschriebenem Paragraph 15 heißt es wörtlich im Absatz 2 :“Die Ordnungsbehörden können dabei die zur Feststellung der Identität erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie können den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er mitgeführte Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Der Betroffene kann festgehalten werden, wenn die Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen von Satz 3 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen durchsucht werden.“

Die betroffenen Personen sind auf den Grund für die Identitätsfeststellung hinzuweisen und führen selbst einen Dienstausweis mit Lichtbild mit, der sie als Vollzugsbeamte legitimiert. Denn nur Bedienstete, die von Ihrem Dienstherren offiziell als solche beurkundet wurden, sind Vollzugsbeamte und dürfen die oben ausgeführten Maßnahmen umsetzen. So handhabt das auch das Landratsamt, das im Gegensatz zum städtischen Ordnungsamt derzeit auch auf so genannte „Corona-Streifen“ geht. Die hier eingesetzten Mitarbeiter genießen als Vollzugsbeamte den gleichen Rechtsschutz wie Polizisten. „Wir haben im Landratsamt jetzt zehn Leute dafür eingesetzt, die immer zu zweit oder zu dritt auftreten. Sie sind an ihren Uniformen schon gekennzeichnet als Vollzugsbeamte und können sich auf Nachfrage ausweisen“, sagte uns Landrat Matthias Jendricke.

Und auch die Stadt Nordhausen ergänzt ihre Erklärungen noch: „Im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens (z. B. Verstoß gegen Stadtordnung, Parkverstoß, etc.) finden gemäß § 46 Abs. 1 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) die Vorschriften der Strafprozessordnung (StPO) entsprechend Anwendung. In diesem Fall ist eine Identitätsfeststellung des Verursachers bzw. Verdächtigen durch die Beamten des Polizeidienstes (hierzu zählen auch die ordnungsbehördlichen Vollzugsdienstkräfte) nach § 163b StPO zulässig.
 
Alle ordnungsbehördlichen Vollzugsdienstkräfte der Stadt Nordhausen sind formell nach der Thüringer Vollzugs-Dienstkräfte-Verordnung (ThürVollzDstKrVO) bestellt. Die entsprechenden Befugnisse wurden ihnen durch Bestellungsurkunde übertragen.“

Also das gleiche Prozedere wie im Landratsamt, nur dass die städtischen Mitarbeiter des Ordnungsamts nicht auf „Corona-Streife“ ziehen, denn verwaltungstechnisch werden Verstöße gegen die Pandemie-Maßnahmen vom Kreis bearbeitet.

Jetzt wissen wir also, dass es nicht klug ist, bei etwaigen Kontrollen auf Freiheit und Persönlichkeitsrecht zu pochen, wenn wir selbst gegen Auflagen verstoßen. Und wie eingangs erwähnt: Vielleicht brauchen wir die Leute bei anderer Gelegenheit, um eigene Interessen zu wahren. Das sollte genau so bedacht werden wie die Tatsache, dass Vollzugsbeamte einen wichtigen Job für den Erhalt unseres Gemeinwesens und zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung leisten.
Olaf Schulze
Autor: osch

Drucken ...
Alle Texte, Bilder und Grafiken dieser Web-Site unterliegen dem Urherberrechtsschutz.
© 2021 nnz-online.de