nnz-online
VIELLEICHT IST ER ZU STOPPEN:

Der große Schwund  

Sonntag, 17. Januar 2021, 15:37 Uhr
Wie waren sie doch beliebt: die Tante-Emma-Läden. Nicht nur auf den Dörfern. Jeder im Ort kannte das Verkaufspersonal, und das wiederum jeden einzelnen der Kundschaft. Man unterhielt sich gern, erfuhr dies und jenes. Es war eine innige Verbindung zum Verkaufsladen, die besonders ältere Menschen schätzten. Dem Zeitgeist gewidmet, wurden sie nach und nach von großen Märkten verdrängt...
 
In die ehemalige Verkaufshalle des Autohauses George und Krüger zieht Dienstleistungsservice Klengler ein. Zum Service gehören unter anderem Trockenbau, Grünanlagenpflege und Kleintransporter. (Foto: Kurt Frank) In die ehemalige Verkaufshalle des Autohauses George und Krüger zieht Dienstleistungsservice Klengler ein. Zum Service gehören unter anderem Trockenbau, Grünanlagenpflege und Kleintransporter. (Foto: Kurt Frank)
Nordhausen-Salza. Salza ist das Paradebeispiel für das Verschwinden einst beliebter Geschäfte. In der Hauptstraße kaufte man bei Fleischer Erbsmehl den Sonntagsbraten, gleich nebenan im Bäckerladen Brot und Brötchen. Eisbein gehörte zur Spezialität auf der Speisekarte der Gaststätte Tischer. Hier trafen sich regelmäßig ehemalige Fußballer zum Skatabend. Neben der „Friedenseiche“ befand sich das Geschäft für Geflügel-Spezialitäten.
 
Unweit der „Friedenseiche“ residierte die Bäckerei Zinke. Was auch hier aus dem Ofen kam, schmeckte immer. Kurz vor dem Abzweig nach Herreden bediente Fleischer Müller seine Kundschaft. Mit einer Handfertigkeit und Schnelligkeit, die mich immer wieder erstaunte. Bei Ruth Bender im Eisenwarenladen gegenüber erhielten Handwerker und Hobbybastler so alles, was sie benötigten.

Man brauchte auch nicht in die Stadt, um sich frisieren zu lassen. Das besorgte unter anderem ein Geschäft am Karl-Liebknecht-Platz. Ein relativ reichhaltiges Angebot an Lebensmitteln hielt neben anderen ein Geschäft unweit des Bahnübergangs bereit. Salza hatte zudem einen Schuster, eine Drogerie, eine Fahrschule, Tischlereien, ein Foto-, Kurzwaren und Blumengeschäft, eine Apotheke, einen Lackiererei und ein Autohaus mit Werkstatt.
 
Ich kannte sie fast alle, die Fleischer, Bäcker, Friseure & Co. Ein Besuch war mitunter mit einem kleinen Schwatz verbunden. Was ist geblieben? Die Erinnerung! Auch an den Plusmarkt in der Grenzstraße mit Fleischer und Bäcker. Man scheute auch nicht die kurze Strecke zum Aldi Markt nach Niedersalza und zum Dün-Fleischer nebenan mit Superangebot. Beides war einmal. Heute kaufen die Salzaer bei „tegut“ oder Rewe ein.
 
Noch aber sagen sich im Stadtteil Fuchs und Hase nicht gute Nacht. Er verfügt derzeit über eine Poststelle mit Lotto-Annahme, den Bowlingcenter, eine Eisdiele, einen Kauf- und Bestellshop und einen Trödelladen für An- und Verkauf. Geblieben ist das Geschäft von Thomas Holzhause Fotokopierer/Zeitungen und jetzt mit Computerservice-Anfragen. Bestand hat auch das Cafe am Eingang Zuckerweg und ein Fernsehdienst. Bis zur Corona-Pandemie konnte man bei Klaus Polle gut und preiswert speisen.
 
In das Objekt Aldi zog der Groschenmarkt. Nach vier Jahren gingen auch dort die Lichter aus. Warum auch bei Aldi und Fleischer? Das weiß wohl nur der Grundstückseigentümer. Indes soll das Objekt wieder belebt werden. Ein Dirk Schwedhelm aus Duderstadt, war zu hören, baue den ehemaligen Aldi-Markt in einen Sonderpreis-Baumarkt um. Vier Vollzeit- und zwei Teilzeitkräfte will er einstellen. Vielleicht sind die Verkäuferinnen des Groschenmarktes, denen im Vorjahr gekündigt worden war, unter ihnen. Verliert Corona an Schärfe, lässt die Eröffnung im Frühjahr hoffen.
 
Trotz alledem ist vorbei, was einmal Salza aus- und bei vielen Menschen so beliebt machte. Ein Lichtblick ist die Wiederbelebung der ehemaligen Verkaufshalle des einstigen Autohauses George und Krüger in der Rathenaustraße. Hier richtet sich Dienstleistungsservice Klengler ein. Zuständig für Trockenbau, Grünanlagenpflege, Fassadenreinigung, Abbruch und Entkernung.
 
Mögen im Stadtzentrum außer Versicherungen und Kanzleien auch kleinere Geschäfte die Pandemie überstehen und künftig überleben. So das „Waffelwunder“ in der Rautenstraße. Die junge Frau nahm nach dem Besuch eines bekannten Fernseh-Restaurantkritikers nochmals viel Geld in die Hand, renovierte, verschönerte. Die Investition müsste sich lohnen. Mit viel und zufriedener Kundschaft nach Corona. Auf Dauer. Alles Gute! Für die junge Unternehmerin wie für alle anderen Selbstständigen.
Kurt Frank
Autor: red

Drucken ...
Alle Texte, Bilder und Grafiken dieser Web-Site unterliegen dem Urherberrechtsschutz.
© 2021 nnz-online.de