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Service Gesellschaft des Landkreises startet durch

Die „Projektplaner“ haben viel vor

Donnerstag, 18. Februar 2021, 06:30 Uhr
Die Servicegesellschaft des Landkreises hatte heute in ihren Sitz im kreiseigenen Business Innovation Centre (kurz BIC) geladen, um sich und ihre Arbeit einmal etwas ausführlicher vorzustellen. Und das war schon eine ganze Menge, was den Pressevertretern da präsentiert wurde …

Der neue Gästebereich im AKS mit Tribüne, Kiosk und Toiletten (Foto: SG NDH) Der neue Gästebereich im AKS mit Tribüne, Kiosk und Toiletten (Foto: SG NDH)
Gegründet im Jahre 1992, war die Service Gesellschaft eine noch vorhandene, aber nicht mehr genutzte Gesellschaft des Landkreises, die ab dem jähre 2012 wieder aktiviert wurde und als besserer Hausmeisterservice ihre Arbeit aufnahm. Übrigens wurde schon zu dieser Zeit die berühmte Schneefräse angeschafft, die erst in der letzten Woche wieder durch den Landkreis pflügte.

Bis 2014 entwickelte sich ein Unternehmen, das mehr und mehr in den verschiedensten Bereichen arbeitete; wie eben auch im Winterdienst. Im Laufe der Zeit wurde immer mehr Technik angekauft und heute verfügt die Service Gesellschaft unter anderem über drei Unimogs, die als Geräteträger fungieren und alleine schon einen immensen Wert haben.

Aus einer knappen Million Euro Umsatz im Jahre 2012 sind inzwischen 7, 5 Millionen jährlich geworden, aus den ehemals 70 Mitarbeitern wurden 180. Darunter finden sich viele hochwertige und gut bezahlte Jobs, wie Geschäftsführer Gunnar Reuter und Betriebsleiter Michael Mohr stolz verkünden. Es kam das Jahr 2015 und mit ihm im Herbst die Flüchtlingskrise, die das Geschäftsfeld der kreiseigenen GmbH schlagartig erweiterte und aus dem reinen Dienstleister auch einen pfiffigen und strategischen Planer machte. „Meine Projektplaner“ nennt Landrat Matthias Jendricke die Truppe und ist sichtbar stolz auf das Erreichte. Anstatt wie viele andere Landkreise im Herbst 2015 Objekte zur Unterbringung der Ankömmlinge anzumieten, verfolgte der Nordhäuser Landrat von Anfang an eine andere Strategie.

„Warum sollten wir Objekte teuer und langfristig anmieten, wenn wir genug eigene hatten, die es zu entwicklen galt und die nach der dezentralen Unterbringung der Flüchtlinge im Eigentum des Kreises verbleiben und alternativen Nutzungen zugeführt werden konnten?“, fragte sich Jendricke. Und hier kam die Service Gesellschaft ins Spiel, die unter ihrem erfahrenen Geschäftsführer Gunnar Reuter Fördergelder beantragte und Bauleistungen vergab. Reuter kann in seiner Biografie sowohl auf banktechnische als auch auf bautechnische Fähigkeiten verweisen. Er kehrte 2009 in seine Heimatstadt zurück, wo er im Landratsamt Arbeit fand und von Anfang an der Geschäftsführer der Service Gesellschaft wurde. Ein weiterer Vorteil sei außerdem, dass die Service Gesellschaft als anerkannter Bauträger Kredite bei Banken bekam und viele Projekte umsetzen konnte, ohne auf die letzte politische Entscheidung dafür warten zu müssen.

Inzwischen sind zum ehemaligen Kerngeschäft Zusatzdienstleistungen wie Containerdienst, Wäscheservice, Glasreinigung und anderes hinzugekommen. Eine technische Hausverwaltung beschäftigt sich mit Reparaturarbeiten, Baumkataster, Grünlandpflege und Grasmahd. Eine ganzheitliche und regional ausgerichtete Herangehensweise sichert die Einbeziehung regionaler Anbieter und Händler und schließlich ist das Unternehmen immer um die Erschließung neuer Geschäftsfelder bemüht. So wurde über die Jahre aus dem reinen Service eine Entwicklungs- und Planungsagentur. Das Anlagevermögen der Gesellschaft speist sich zwischen der Hälfte bis manchmal zwei Drittel aus Fördergeldern, die vorher akquiriert wurden.

Die größten Herausforderungen der nächsten Zeit sind der Umbau des Albert-Kuntz-Sportparks und die Etablierung des Harzer Hexenreichs in Rothesütte. Für das zweite Großprojekt wird in absehbarer Zukunft einen eigene Firma aus der Service Gesellschaft ausgegliedert, die sich ihrerseits im hundertprozentigen Besitz des Landkreises befindet.

Durch die Einbindung der Service Gesellschaft kann der Landrat verhindern, dass Fördermittel abfließen und ein zu errichtender Bau letztendlich mehrfach bezahlt wird, wie bei der in seinen Augen dreimal finanzierten Wiedigsburghalle geschehen.

Das Projekt „Harzer Hexenreich“ wird mit 8, 5 Millionen Euro zu Buche schlagen, wobei 6,1 Millionen vom Land gefördert werden. Den Rest bringt die Service Gesellschaft über Kredite auf. Die Eröffnung des neuen touristischen Highlights ist für 2022 vorgesehen, mit 150 000 - 200 000 Besuchern jährlich wird gerechnet. Den Gastronomiebereich, der neu angebaut und an eine Scheune erinnern wird, fördert beispielsweise das Umweltministerium, das sich hier eine regionale und nachhaltige Nutzung vorstellt. Auch das Wahrzeichen, der große Aussichtsturm, soll im nächsten Jahr eingeweiht werden können. Eine Außenstelle wird in Sophienhof eine Wildbeobachtungsstation werden, die äußerlich wie ein Holzstapel aussehen soll und vor allem für kleine Besucher wie Schulklassen geeignet ist.

Mittendrin ist „die Service“ im 13,7 Millionen schweren Um- bzw. Neubau des Humboldt-Gymnasiums, das zum Schuljahresbeginn 2021/22 seiner Bestimmung übergeben werden soll. Hier steuert der Landkreis 8,7 Millionen Euro bei, 5 Millionen fördert der Freistaat. Allein die Gestaltung des Schulhofs wird 1,4 Millionen Euro in Anspruch nehmen. Hier soll am ehemaligen Brunnen auch ein Kunstprojekt installiert werden, für das momentan die Ausschreibung läuft. Die Sportaußenanlage im Wert von 1,5 Millionen Euro wird 2022 fertiggestellt, ebenso der Spenderkirchhof für 1,25 und die erweiterte Turnhalle für 3,5 Millionen Euro.

Als neues Teilprojekt könnte hier die als Multifunktionsgebäude geplante Mensa hinzukommen, die sich an der Münzgasse harmonisch an die Stadtmauer anfügen soll. Doch dafür wären zwingend auch Mittel aus der Städtebauförderung erforderlich und ob die beantragt werden, liegt nicht im Ermessen der Kreisbehörde.

Ebenfalls noch in weiterer, wenn auch wesentlich konkreterer Planung befindet sich das neue Leitzentrum am Sicherheitscampus Zorgestraße, wo die neu Feuerwache der Stadt Nirdhausen und das Katastrophenschutzlager Nordthüringen angesiedelt sind. Dort stellen sich die Projektplaner der Service Gesellschaft ein dreistöckiges Gebäude vor, das eine Atemschutzstrecke im Erdgeschoß, ein Bürotrakt für Brand- und Katastrophenschutz im 1. Geschoß und eine neue zentrale Leitstelle für Nordhausen, den Kyffhäuserkreis und später vielleicht einmal für ganz Nordthüringen beherbergt. Hier wird allerdings erst in diesem Jahr mit den konkreten Planungen begonnen.

In Ellrich geht es in diesem Jahr an der Regelschule mit den Bauarbeiten im Außenbereich weiter und auch in Werna am „Spiegelsälen Haus“ ist das Unternehmen des Landkreises aktiv und sichert Dach, Giebel und Fassade, nachdem das Gebäude wieder in den Besitz des Kreises übergegangen ist.

Neubauten von Grundschulen in Ilfeld und Klettenberg sind angedacht und auch über eine Entwicklung des Areals um das alte Gaswerk in der Geseniusstraße zur modernen Wohnanlage denken Reuter und Mohr nach.

Bleibt noch der Albert-Kuntz-Sportpark, wo es durch die Insolvenz von Spielbetriebs GmbH und Verein sowie die Corona-Verwirrungen des letzten Jahres zu Verzögerungen im Baustart gekommen ist. Aber auch ein ungeklärtes Brandschutzkonzept verhinderte, dass die Wackerfans beim Abriss ihrer alten Tribüne schon im letzten Jahr zusehen konnten. Das wird nun in den nächsten Wochen nachgeholt. Sobald der Schnee abgeflossen und der Boden getrocknet ist, rücken die Bagger an und demontieren die Tribüne. Dann wird es Schlag auf Schlag gehen. 7,5 Millionen Euro beträgt die größtenteils geförderte Investitionssumme, die für ein neues Funktionsgebäude mit Tribüne reichen soll, eine Gästetribüne am Nordtor wird entstehen und das Sozialgebäude für 700 000 Euro umfassend und auch energetisch saniert.

Das ganze Projekt AKS musste von Profisport auf Vereinssportförderung umgeschrieben werden, nachdem Ende Januar letzten Jahres die Pleite der Profiabteilung bekannt wurde. Auch Trainingsplätze werden nun für 300 000 Euro restauriert. Schlussendlich ist es die Zielplanung, irgendwann in absehbarer Zeit auch das Spielfeld neu zu gestalten (allerdings ohne Rasenheizung wie es zu Profizeiten noch überlegt wurde). Dafür soll im Sommer ein Förderantrag eingereicht werden.

Was es dann jedoch nicht mehr geben soll ist die Gegengerade gegenüber der Haupttribüne. So könnte der Albert-Kuntz-Sportpark der erste mir bekannte Football Ground werden, bei dem Zuschauer nur an drei Seiten des Spielfeldes dem Geschehen auf dem Rasen zusehen. Aber bis es so weit ist, wird noch einiger Schnee die Zorge entlangfließen.
Olaf Schulze
Autor: osch

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