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Die nächste Lockdown-Verlängerung wird heute beschlossen

Frohen Osterdown, Deutschland!

Mittwoch, 03. März 2021, 07:15 Uhr
Am Nachmittag treffen sich zur Videokonferenz wieder einmal die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten der Länder, um eine weitere Verlängerung des Lockdowns zu beschließen. Ein bereits durchgesickerter Entwurf des Kanzleramts in Kooperation mit Finanzministerium, der Bayrischen Staatsregierung und dem Berliner Senat lassen kaum Hoffnung auf Erleichterungen im März …

Nix mit Vergnügungsfahrten im Hamburger Hafen - erst muss die Inzidenz runter (Foto: nnz-Archiv) Nix mit Vergnügungsfahrten im Hamburger Hafen - erst muss die Inzidenz runter (Foto: nnz-Archiv)


Auch wenn die Zahlen, die weltweit herangezogen werden, um eine Pandemie auszudrücken, hierzulande nicht exorbitant höher sind als anderswo und Deutschland ganz im Gegenteil durch ein immer noch leistungsfähiges Gesundheitswesen glimpflich durch die Krise gekommen ist, scheint die regierende Bundeskanzlerin nicht gewillt, ihren Bürgern größere Zugeständnisse zu machen. Während die Nachbarn um Deutschland herum ihre Geschäfte wieder öffnen und das gesellschaftliche Leben wieder hochfahren, andere Länder schon lange keine einschneidenden Beschränkungen und signifikant höhere Fallzahlen mehr haben, soll Deutschland in einem strikten Lockdown verharren, der mit einigen halbherzigen Zugeständnissen von Woche zu Woche weiter hinausgezögert wird.

Hatten anfangs der Corona-Zeit noch Bundestag und Landesparlamente als gewählte Volksvertreter das Sagen im Lande, so entwickelten sich die Machtverhältnisse, auch dank vom Bundestag abgenickter geänderter Infektionsschutzgesetze, immer mehr in einen Herrschaftszirkel der Kanzlerin, ihrer ausgewählten Berater, einiger zum engsten Kreise erkorener Bundesminister und der Ministerpäsidenten der Länder. Doch das ist seit gestern nun auch Geschichte. Jetzt entscheidet die Frau Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel nur noch mit einem Vertreter des Bundesfinanzministeriums (Olaf Scholz/SPD) und den Staatskanzleien von Bayern (CSU) und Berlin (SPD/LINKE/GRÜNE). Diese „Viererrunde“ legte gestern ein Entwurfspapier vor, das die anderen Landesherren und - damen heute Nachmittag abnicken sollen.

Mit geringfügigen Lockerungen wie dem Öffnen von Buchhandlungen, Blumengeschäften und Gartenmärkten (in einigen Bundesländern ohnehin schon längst wieder gängige Praxis) sowie der Erlaubnis, ab dem 8.März sich wieder zu fünft aus zwei Haushalten begegnen zu dürfen, soll der Lockdown laut diesem Entwurf bis zum 28. März verlängert werden. Die Wiedereröffnung von körpernahen Dienstleistungsbetrieben sowie Fahr- und Flugschulen wird in Aussicht gestellt, wenn die Kunden einen negativen Schnell- oder Selbsttest vorweisen können. Neben Lehrern und Betreuern wollen Bund und Länder angeblich Arbeitgeber verpflichten, ihren Mitarbeitern wöchentliche Schnelltests anzubieten.

Laut Medienberichten formiert sich auch unter den vom Entwurf ausgeschlossenen Ministerpräsidenten ein immer stärkerer Widerstand gegen die angestrebte Inzidenzzahl von 35, die viele Mediziner für illusorisch und immer mehr Kritiker als nicht zielführend betrachten.


Angela Frau Dr. Merkel ist aber in dem Entwurf bereit, die verstärkten Anstrengungen der Bevölkerung anzuerkennen und verheißt zusätzliche Öffnungsperspektiven, wenn die Inzidenz konstant unter 35 fiele. Auch der Einzelhandel, Museen und Galerien oder auch Zoos dürften dann wieder öffnen. Sollte die Inzidenz gar zwei Wochen lang unter 35 bleiben, würden die hier Lebenden mit der Wiedereröffnung auch der Außengastronomie, der Theater, Konzerthäuser und Kinos belohnt werden. Zusätzlich dürfte bei Erfüllung dieser Hausaufgabe dann kontaktfreier Sport im Innenbereich (wie Schach, Bowling, Darts oder e-sports vermutlich) und Kontaktsport im Außenbereich erlaubt sein.

Bis dahin ist es allerdings noch eine weiter Weg bei einem heutigen Tages-Inzidenzwert von 65 im Bundesgebiet. Man muss sich immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass wir beim Inzidenzwert von positiv getesteten Menschen sprechen, nicht von Kranken. Es darf auch nicht vergessen werden, dass zwei Prozent der Positivtests sich immer wieder als falsch herausstellen. Der seit November (!) anhaltende Lockdown hat zu keinen wesentlich besseren „Fallzahlen“ geführt, obwohl er immer weiter verstärkt wurde. Als Treiber der Infektionen konnten bis heute weder Schulen noch Gast- oder gar Sportstätten ausgemacht werden, dennoch wurden die am härtesten gestraft, die mit ordentlichen Hygienekonzepten am besten alle bei ihnen stattgefunden Kontakte nachvollziehen konnten.

Die im letzten Sommer schon angekündigte zweite Welle (die nach damaligen Aussagen der Bundesminister Spahn und Altmaier zu keinem weiteren Lockdown führen sollte) ist dennoch über die schutzlosen Alten- und Pflegeheime hinweggerollt und hat dort Tausende Opfer gefordert, ohne dass die Dr. Bundeskanzlerin Frau Angela Merkel relevante Schutzmaßnahmen ergriffen oder wenigstens genügend Impfstoff geordert hätte. Offensichtlich alles richtig gemacht hat sie aber, als sie von Südafrika aus die Wahl des Thüringer Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich wieder zurückpfiff, denn der hätte in ihrer Corona-Tafelrunde der Landesfürsten derjenige sein können, der hin und wieder mal aufmuckt. Schon gestern Nachmittag meldete er sich zum hier vorgestellten Entwurf als Thüringer Oppositionspolitiker zu Wort und stellte fest: „Es liegt nicht in der Kompetenz der Bundeskanzlerin, den Lockdown zu verlängern. Nach einem Jahr an Pandemie-Erfahrung in Deutschland darf das weitere Vorgehen nicht vom Schalten und Walten einer Vierergruppe um Frau Merkel abhängen, zu der außerdem ihr Stellvertreter sowie Vertreter von Berlin und Bayern gehören. Unser Land ist keine Monarchie, unser Land ist eine parlamentarische Demokratie. Angesichts der anhaltenden Einschränkung der Grundrechte ist die aktive Einbindung der Parlamente in Entscheidungen zwingend erforderlich. Darüber hinaus kommen die von der Bundeskanzlerin in Aussicht gestellten, ersten Lockerungen zu spät. In Thüringen wie in anderen Bundesländern liegen längst praktikable Vorschläge zur Wiederbelebung des öffentlichen und wirtschaftlichen Alltags vor.“

Dem ist nun wirklich nichts mehr hinzuzufügen. Bleibt abzuwarten, wie sich unser Ministerpräsident morgen schlägt - in der Beratungsrunde natürlich.
Olaf Schulze
Autor: osch

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