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Um welches Fahrzeug handelt es sich hier?

Dreispurig unterwegs

Montag, 12. April 2021, 09:00 Uhr
Die Oldtimerfreunde des Ost Klassiker Klubs Wolkramshausen konnten sich jüngst über einen besonderen "Scheunenfund" freuen, ein frühes, motorisiertes Dreirad. Nur um was für ein Fahrzeug es sich exakt handelt, da ist man sich noch nicht ganz sicher...

Rätselhafter Scheunenfund - der Ostklassiker Klub hofft auf Hilfe bei der Identifizierung dieses Fahrzeuges (Foto: Hubert Rein) Rätselhafter Scheunenfund - der Ostklassiker Klub hofft auf Hilfe bei der Identifizierung dieses Fahrzeuges (Foto: Hubert Rein)

Der Wunsch der Menschen nach einer hohen Mobilität, unabhängig von Muskel- und Naturkräften, gewann bereits im 18.Jahrhundert mit dem beginnenden Industriezeitalter in zunehmenden Maße in Erfüllung zu gehen. Grundlagen dazu waren die neuen technischen Möglichkeiten Energie zu erzeugen und in verschiedene Bewegungsformen umzuwandeln.

Dem Ost Klassiker Klub Wolkramshausen, der sich seit vielen Jahren überwiegend der Pflege historischen Ostfahrzeugen widmet, wurde kürzlich ein sehr seltener Scheunenfund angeboten, bei dem es sich um ein Motordreirad, welches nach ersten Schätzungen auf ein Alter von ca. 120 Jahren zurückblicken kann, angeboten. Nur, was hier genau wiederentdeckt wurde, da sind sich die Experten, trotz eingehender Recherche, noch nicht sicher.

Als einer der ersten Fahrzeugpioniere gilt der Franzose Nicolas Cugnot (1725 – 1804) der als Artillerieoffizier eine dreirädrige dampfbetriebene Zugmaschine für Geschütze baute, die aber wohl nicht sehr tauglich war und nach ersten Fahrversuchen scheiterte. Die Konstruktionsform des Dreirades nutzte aber auch der deutsche Ingenieur und Autopionier Carl Benz (1844-1929) für seinen Benz Patent – Motorwagen Nummer 1 im Baujahr 1885. Dieses Fahrzeug gilt bis heute als das erste fahrtüchtige Automobil in der Weltgeschichte.

Auch, der etwas in Vergessenheit geratene Friedrich Lutzmann (1859 – 1930), der noch seinen beruflichen Werdegang im Kutschenbau begann und ein Zeitgenosse von Carl Benz war, gilt als Pionier des Automobilbaus in Deutschland. Lutzmann, der 1899 als Direktor zu den Opelwerken in Rüsselsheim wechselte, konstruierte in Dessau auch dreirädrige Motorwagen bevor er erfolgreich 4 rädrige Fahrzeuge mit den Typenbezeichnungen Pfeil 1- 5 herstellte.

Dreirädrige bzw. dreispurige Fahrzeuge in unterschiedlichsten Bauformen für den zivilen Bereich wie der Kleinlastwagen Goliath aus Bremen oder als leichte Zugmaschine für das Militär mit 2 Gleitketten im Heck und einem Bugrad wie das HK 101 der Deutschen Wehrmacht im 2. Weltkrieg gebaut, sind heute äußerst begehrte historische Fahrzeuge. Aber auch moderne Fahrzeuge in der traditionellen dreispurigen Grundkonzeption sind im heutigen Motorsport aber auch im Straßenbild häufig zu sehen.

Im einstigen Sozialismus gab es auch mehrere Fahrzeughersteller, die dreispurige Fahrzeuge entwickelten und auch in Serien bauten. Die ehemalige CSSR, heute Tschechien, war ein Land mit einem sehr innovativen Fahrzeugbau. Beispiele für die dreispurige Fahrzeugproduktion sind die Typen Velorex Os-KAR mit einem 250/350 ccm 2 Takt Motor und das Lastendreirad Cezeta 505.

In der ehemaligen DDR wurde in den 1950er Jahren beginnend eine dreirädrige Kleinserie auf der Basis des IWL SR 59 Berlin gebaut, die zur Stadtreinigung in der Hauptstadt Berlin eingesetzt wurde. Bis heute noch sehr bekannt sind die Krankenfahrzeuge Krause Piccolo Trumpf (Einsitzer) und das Krause Duo 4/1 (Zweisitzer). Eine hervorragende Entwicklung auf drei Rädern, kurz vor der politischen Wendezeit, war das Moped Simson SD 50 auch Albatros genannt.
Herkunft ungeklärt
Nach der Überstellung aus Sachsen, begannen sofort die Recherchen zur Geschichte dieses zweisitzigen Fahrzeuges mit den Abmessungen L- 2,0 m, B- 1,0m, H- 0,8m. Namhafte Museen in Deutschland wurden angeschrieben und um mögliche Hinweis auf den Ursprung des Fahrzeuge zu erhalten. Leider ohne ein zielführendes Ergebnis.

Eigene Recherchen zu Details ergaben die Vermutung,
dass es sich um einen Prototyp aus der Dessauer Werkstatt von Friedrich Lutzmann handeln könnte. Dafür sprechen die Farbgebung der Holzkarosse, die Farbgestaltung der Holzspeichen und die Linierung die ähnlich der Farbgestaltung der Opel Fahrzeuge ist, welche unter der Leitung von Friedrich Lutzmann in Rüsselsheim entstanden sind. Auch ein Schaltgetriebe wurde verbaut, welches auf Lutzmann verweisen kann.

Der Motor, ein 1 Zylinder mit ca. 140 ccm Hubraum, könnte eventuell der Pariser Firma De Dion-Bouton zu geordnet werden. Weiterhin dürfte der Hinweis noch von Bedeutung sein, dass dieses Fahrzeug an einer Oldtimerveranstaltung des ADMV der DDR in Leipzig teilgenommen hat.

Falls es in diesem Leserkreis Experten gibt, die auch anhand des Bildmaterials über Kenntnisse zu dem Fahrzeug verfügen, würden wir uns über entsprechend Informationen sehr freuen. Sie erreichen uns über www.oldtimer-wolkramshausen.de.
Hubert Rein
Ost Klassiker Klub Wolkramshausen
Autor: red

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