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Der 1.Mai in Nordhausen blieb ein friedlicher „Kampf“tag

Drei konträre Kundgebungen im Stadtgebiet

Sonnabend, 01. Mai 2021, 17:30 Uhr
Traditionell stellt der 1.Mai einen Höhepunkt im Veranstaltungskalender auch der Thüringer Polizei dar. Die hatte sich darauf eingestellt, seit gestern Abend landesweit mehr als 40 Einsatzlagen zu betreuen. In Nordhausen gab es heute nicht viel zu tun für die Beamten …

Vormittagsdemo der Marxisten-Leninisten vorm Rathaus (Foto: oas) Vormittagsdemo der Marxisten-Leninisten vorm Rathaus (Foto: oas)


Bereits am Vormittag versammelten sich am Nordhäuser Rathaus die Genossen der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands und warben für besseren Klima- und Umweltschutz und bessere soziale Bedingungen für alle Werktätigen. Handgezählte 15 Demonstrationsteilnehmer (inklusive der Redner und des Bundestags-Direktkandidaten für Nordthüringen, Kurt Kleffel) interessierten sich für diese traditionelle Maikundgebung á la DDR. Um die Szenerie weiter zu verdeutlichen, sei hier auf unseren Beitrag vom vergangenen Jahr verwiesen. Also „The same procedure as last year“, wie die 90-jährige Lady in „Dinner for one“ Silvester immer zu sagen pflegt.

Am Nachmittag baute die AfD einen Infostand an der Einmündung zur Käthe-Kollwitz-Straße auf. Auch die Alternativen hatten ihren Bundestags-Direktkandidaten Jürgen Pohl vor Ort sowie die komplette Führungsriege der Nordhäuser Fraktion aus Stadtrat und Kreistag. Hier wurde auf große öffentliche Reden verzichtet und lieber in kleinen Gruppen diskutiert. Vorbeispazierende Passanten bekamen Werbegeschenke der Partei.

Infostand der AfD vor dem Nordhäuser Theater (Foto: oas) Infostand der AfD vor dem Nordhäuser Theater (Foto: oas)


Nur einhundert Meter weiter auf dem August-Bebel-Platz trafen sich wie jeden Samstag seit einigen Wochen eine Gruppe von Gegnern der Coronamaßnahmen der Bundes-und Landesregierung. Zwischen vierzig und fünfzig dieser Leute nutzten den großen Platz, um ähnlich wie bei einem Campingaufenthalt mit Klapptischen und -hockern ihren Kaffee und selbstgebackenen Kuchen vor ihren Autos zu genießen. Anders als bei früheren Zusammenkünften war nur ein geringes Aufgebot an Polizisten vor Ort, das sich komplett im Hintergrund hielt.

Das war es auch schon mit Veranstaltungen zum 1. Mai in der Kreisstadt, die üblichen Protagonisten der Maikundgebungen wie die Parteien DIE LINKE und SPD oder der Deutsche Gewerkschaftsbund mit seinen branchenspezifischen Arbeitervertretungen hatten bereits im Vorfeld verkündet, wie schon im vergangenen Jahr coronabedingt nur online zu demonstrieren.

Kaffeekränzchen der "Freidenker" auf dem Bebelplatz (Foto: oas) Kaffeekränzchen der "Freidenker" auf dem Bebelplatz (Foto: oas)


Im Freistaat insgesamt reichte die Spanne der Aktionen heute von traditionellen Gewerkschaftsveranstaltungen, Zusammenkünften verschiedenster Interessengemeinschaften und Verbände über Versammlungen der Querdenkerbewegung bis hin zu angemeldeten Versammlungen rechtsextremer Gruppierungen und Parteien mit den obligatorischen Gegendemos linker Gruppierungen.

Einsatzschwerpunkte stellten für die Polizeibeamten die Städte Erfurt, Weimar und Jena dar. In Erfurt organisierte die AfD in den Vormittagsstunden einen Autokorso mit über 500 beteiligten Fahrzeugen um den Stadtring. In Weimar wurden am dortigen Amtsgericht mehrere Versammlungen angemeldet und verboten, bei denen Rechtsanwälte unter anderem vor dem Gericht weiße Rosen ablegen wollten. Die Versammlungen sollte einen Protest gegen das Vorgehen der Erfurter Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit dem Urteil eines Familienrichters zum Maskentragen von Schülern in Weimarer Schulen ausdrücken. Der Vorgang hatte deutschlandweit für Schlagzeilen gesorgt. Tagsüber, so berichtete die Ostthüringsche Zeitung (OTZ), versuchten immer wieder Menschen zum abgeriegelten Eingang des Gerichts vorzudringen. „Vor den Sperrgittern haben sich größere Menschenmengen aus Teilnehmern der verbotenen Kundgebungen versammelt“, schreibt die OTZ in ihrem Onlineauftritt.

Eine rechtsextreme Kleinstpartei hatte eine Versammlung in Jena angemeldet, die letztlich verboten wurde, und zu der mehrere Gegendemos angemeldet waren.

Die Thüringer Polizei betonte in einer Pressemeldung, sie „gewährleistet insbesondere die Grundrechte auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit.“ Vor dem Hintergrund zunehmender Angriffe auf Medienschaffende wurden in den vergangenen Tagen gesonderte Maßnahmen zum Schutz der Pressevertreter erarbeitet, teilte die Landespolizeidirektion mit. In den Einsatzräumen in Erfurt, Weimar und Jena konnten Medienvertreter heute auf Wunsch bei ihrer Arbeit polizeiliche Begleitung in Anspruch nehmen. So dramatisch war die Lage in Nordhausen nicht und sowohl die Rolandstadt wie auch die Medienvertreter erlebten einen durchaus friedlichen „Kampf- und Feiertag“ 2021.
Olaf Schulze
Autor: osch

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