nnz-online
Morgen beginnt in Harztor wieder organisiertes Training

Die Jüngsten machen den Anfang

Sonntag, 02. Mai 2021, 18:15 Uhr
Mit der Einführung der „Bundesnotbremse“ trat unter anderem die Bestimmung in Kraft, dass Kinder- und Jugendsport im Freien ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von über 100 in Gruppen zu je fünf Kindern mit einem frisch getesteten Übungsleiter gestattet ist. Am Montag geht es in Harztor für die kleinsten Fußballer wieder los...

In so großen Gruppen könne noch nicht trainieren: Heiko Hieronymus (hinten rechts) im Kreise seiner Zöglinge (Foto: H.Hieronymus) In so großen Gruppen könne noch nicht trainieren: Heiko Hieronymus (hinten rechts) im Kreise seiner Zöglinge (Foto: H.Hieronymus)


Während diese Regelung im Nachbarbundesland Sachsen zu Wutgeheul unter den Sportvereinen führte, in denen zu diesem Zeitpunkt schon längst wieder Mannschaftstraining absolviert wurde, war es in Thüringen das erste zaghafte Trippelschrittchen aus dem Sportverbot heraus. Es dauerte fast eine weitere Woche, bis die Thüringer Landesregierung das Bundesgesetz in einen Landeserlass umsetzte, aber seit vergangenem Mittwoch ist es theoretisch in Kraft gesetzt.

Theoretisch deshalb, weil nun die Sportstätten von den Betreibern (in der Regel die Kommunen oder Landkreise) wieder geöffnet und der Trainingsbetrieb von den Vereinen organisiert werden muss. Und letzteres hat es in sich, wie nachstehende Zeilen des Vereinsvorsitzenden des SV Hannovera Niedersachswerfen, Heiko Hieronymus, beweisen.

Der Mann ist seit Jahren ein echter Aktivposten des Kinder- und Jugendsports, weil er einerseits Fußballer und Übungsleiter mit Leib und Seele ist und außerdem als Erzieher arbeitet. In seinem Fußballverein gibt es inzwischen eine Laufgruppe, im neuen Jugendzentrum hat sich der örtliche Dartsverein der Hannovera angegliedert und trainiert dort. Hieronymus ist seit Jahren Mitveranstalter von Ferien Jugend-Trainingscamps und ruft in seiner festen Jugendgruppe zu Fahrradtouren und anderen Aktivitäten auf. Er nimmt die Corona-Schutzmaßnahmen sehr ernst und ist froh, dass bisher die Eltern mit ihren Kindern trotz all der strengen Hygienebestimmungen im Verein geblieben sind und die lange Pause ertragen haben. Heiko Hieronymus spricht in diesem Zusammenhang von einer „Engelsgeduld“.

In der Spielgemeinschaft mit den Ilfelder Kindern, die unter SG Harztor firmiert, befinden sich fünf Kindermannschaften im Training. Allein bei den Bambinos (Kinder im Alter von fünf und sechs Jahren) tummeln sich derzeit 30 kleine Fußballerchen.

„Ich freue mich, dass ein erster Schritt gemacht wurde, gebe aber auch ehrlich zu Bedenken, dass er im Mannschaftssport aufgrund der Ressourcen in den Vereinen und den strengen Auflagen nur mit ganz viel Aufwand oder in kleinen Vereinen kaum umzusetzen ist“, schätzt der Vereinsvorsitzende die Situation realistisch ein.

„Wir müssen die Debatten- und Kommunikationsform verbessern“, regt er an und bedauert, dass „die Betroffenen nicht ausreichend in die Entscheidungsprozesse einbezogen wurden.“ Aber Heiko Hieronymus jammert nicht, sondern arbeitet an konkreten Lösungen. Zehn bis fünfzehn Stunden wöchentlich hat er auch ohne aktives Training aktuell für den Sportverein aufgewendet. Ab Montag kommen noch einige hinzu, wenn er wieder als Übungsleiter auf dem Platz steht.

Wieder den Bällen nachfliegen: In Harztor beginnt  das organisierte Training (Foto: H.Hironymus) Wieder den Bällen nachfliegen: In Harztor beginnt das organisierte Training (Foto: H.Hironymus)


Im folgenden zitieren wir seine Nachricht an die Eltern, die verdeutlicht, woran jetzt alles zu denken ist:
„Guten Morgen liebe Eltern, ich benötige mal bitte die Zusagen für Montag. Das Training würde 16.00 Uhr beginnen und bis 17.30 Uhr gehen. Aufgrund der Auflagen möchte ich euch bitten, die Kinder fertig umgezogen zum Training mit eigener Trinkflasche zu bringen. Wenn ich alle Zusagen habe, werde ich die Kinder in Fünfer-Gruppen einteilen. Euch möchte ich bitten auf der Sportanlage, falls ihr bleiben solltet, nur mit einer weiteren Person im nötigen Mindestabstand zusammenzustehen (optimal eine Person aus der gleichen Gruppe der Kinder) und eure Kinder bitte bis zu Beginn des Trainings bei euch zu behalten. Zudem die Kontaktliste mit einem eigenen Kuli zu unterschreiben. Lasst eure Kinder sich bitte auch nochmal am Becken draußen die Hände waschen. Seife und Tücher stelle ich bereit.

Ich weiß, dass ist umständlich und anstrengend für uns alle und jeder hat seine eigene Meinung zu der ganzen Sache aber wenn wir unseren Kindern das Training ermöglichen möchten, sollten wir das in Kauf nehmen. Die Übungsleiter und ich sind für die Einhaltung der Vorgaben verantwortlich und können im dümmsten Fall haftbar gemacht werden. Wir sind also auf euer Verständnis und eure Mithilfe angewiesen. Ich bedanke mich jetzt schon bei euch dafür.

Zum Ablauf des Trainings: Die Übungsleiter sind im Vorfeld belehrt und getestet, werden jeder desinfizierte Bälle und einen Laufplan erhalten, die sie mit an die Trainingsstationen mitnehmen. Dort werden die Trainingsübungen durchgeführt und nach zehn Minute gewechselt, sodass alle Gruppen die Übungen machen können und die Kinder Abwechslung haben. Ich werde im Vorfeld die Stationen aufbauen. Nach dem Training holt ihr eure Kinder bitte bei den Übungsleitern ab und tretet danach den Heimweg an. Abschlussspiele und Aufwärmspiele mit Kontakt dürfen wir nicht machen.

Ich hätte nicht gedacht für ein Training solchen Aufwand betreiben zu müssen aber unsere Kinder sollten uns das wert sein. Hoffen wir, dass es nicht lange von Nöten ist. Bitte nur definitiv Zusagen, da ich die Übungsleiter informieren und Testungen einplanen muss.“


Bei all dem Aufwand und den Mehrbelastungen für die Trainer bleibt der allein erziehende Vater optimistisch und sieht positiv in die Zukunft. „Unsere eigenen Bedenken oder Ängste nicht auf die Kinder zu übertragen, das ist momentan die größte Herausforderung“, sagt er. Am Montag beginnt das Training mit den kleinsten Vereinsmitgliedern als eine Art Probelauf. In vier Gruppen wegen die 20 angemeldeten G-Junioren mit vier Übungsleitern im oben angesprochenen Stationsbetrieb trainieren, der sich über die gesamte Sportanlage erstreckt.

Bleibt zu hoffen, dass sich auch in Thüringen die Infektionslage schnell weiter entspannt und die unglückliche Fünfergruppen- Regelung ad acta gelegt werden kann. Bis dahin werden Übungsleiterinnen und Übungsleiter wie Hieronymus alles geben, um den Jugend- und Breitensport vor dem Untergang zu retten. Derzeit überlegt Heiko Hieronymus, wie er den Sportplatz außerhalb der Trainingszeiten offen halten kann, um Eltern mit ihren Kindern Gelegenheit zu individuellem Spiel oder Training zu geben.
Olaf Schulze
Autor: osch

Drucken ...
Alle Texte, Bilder und Grafiken dieser Web-Site unterliegen dem Urherberrechtsschutz.
© 2021 nnz-online.de