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Feldtag der Nordhäuser Bauern

Soll gedeihen Korn und Wein, muss im Juni Wärme sein

Freitag, 18. Juni 2021, 09:50 Uhr
Gutes Wetter, gute Preise und aller Wahrscheinlichkeit nach eine gute Ernte - nach zwei trockenen Jahren blicken die Nordhäuser Landwirte optimistisch in die zweite Jahreshälfte. Heute traf man sich wieder zum „Feldtag“ um für die Zukunft zu planen und sich zu informieren...

"Feldtag" bei Hochstedt (Foto: agl) "Feldtag" bei Hochstedt (Foto: agl)


Wenn das Wetter weiter mitspielt und der Markt nicht durchdreht, dann sieht es gut aus für das Erntejahr im Südharz. Viel könne nicht mehr schief gehen, meinte heute Steffen Sendig vom Südharzer Landhandel. Zusammen mit dem Kreisbauernverband organisierte man zum wiederholten Male des sogenannten „Feldtag“. Der ist eigentlich als Rundfahrt gedacht, dass ging in diesem wie auch im letzten Jahr nicht, aus den bekannten Gründen.

Stattdessen kam man auf der Scholle von Markus Bertuch zusammen. Der Chef der Agrar-Genossenschaft Mauderode unterhält kurz hinter Hochstedt eine Art „Großversuch“ auf 20 Hektar Land. Insgesamt 22 verschiedene Sorten Weizen wachsen hier und können von den geschulten Augen der Gäste begutachtet werden. Schon der Großvater hat es so gehalten, erzählt Bertuch und er folgt in dessen Fußstapfen. „Wir prüfen die Sorten auf Standfestigkeit, wie gut sie mit Trockenheit und Krankheiten klar kommen und sehen, ob sie in die Region passen.“, erklärt der Landwirt.

Markus Bertuch auf seinem Versuchsfeld (Foto: agl) Markus Bertuch auf seinem Versuchsfeld (Foto: agl)


Anders als in der Goldenen Aue hat man es hier oben, fast schon am Harzrand, mit schweren Böden aus Buntsandstein zu tun, das macht die Arbeit etwas schwieriger aber dafür hält die Krume das Wasser besser. Insgesamt bewirtschaftet die Agrargenosschenschaft mit 17 Mitarbeitern 900 Hektar, zumeist Südhänge. Da kommt die Speicherfähigkeit des Bodens dem Bauer gut zu pass. Man sucht „robuste“ Pflanzen die auch Krankheiten wie „Gelbrost“ und „Septoria“ durchstehen und die effizient Stickstoff aufnehmen, erzählt Bertuch weiter. Nicht nur weil dann die Erträge dann höher ausfallen. Ist der Weizen von sich aus weniger krankheitsanfällig und ertragreich muss man weniger Pflanzenschutzmittel und Dünger ausbringen. Das wiederrum schon nicht nur die Umwelt, sondern auch den Geldbeutel.



Die vergangenen zwei Jahre waren nicht leicht für die Bauern der Region, man hatte mit der anhaltenden Trockenheit zu kämpfen. Dank des kalten Winters und niederschlagsreichen Frühlings stehe man jetzt besser da, auch wenn das „Wasserdefizit“ noch nicht wieder aufgeholt ist, hieß es am Vormittag.

Völlig sorgenfrei ist man deswegen freilich nicht. Druck kommt von allen Seiten, vor allem vom Markt. Beim Blick auf die Preise schaut man auch in Nordhausen auf die Pariser Börse, hier wird das Geschäft gemacht. Auf der einen Seite steht der Maschinenvertrieb, auf der anderen Großhändler, Mühlen und der Einzelhandel und dazwischen der Bauer, der sich nicht wirklich bewegen kann. Wie eine kleinbäuerliche Agrarwirtschaft da funktionieren soll, sieht man auf dem Südharzer Feld nicht. „Es wird gewünscht dass die Landwirtschaft auf kleinbäuerlicher Basis funktioniert. Aber alles was vor- und nachgeschaltet ist, ist schon riesengroß. Unternehmen wie Aldi oder Dr. Oetker sagen nicht: wir brauchen jetzt mal Mehl für ein paar Brötchen und Pizzen. Die kaufen für ihre deutschlandweite Produktion ein.“

In Nordhausen habe man noch eine gut durchmischte, „gesunde“ Struktur, sagt Bertuch: Großbetriebe wie seine Agrargenossenschaft, aber auch kleinere Unternehmen, ein paar Familienbetriebe und sogar einige Bauern im „Nebenerwerb“. Dennoch: die Dimensionen sind größer geworden. Was gelitten hat, ist der Bezug der Gesellschaft zur Landwirtschaft, meint Susann Goldhammer vom Kreisbauernverband, die in ihrer Jugend noch selber regelmäßig auf dem Feld gestanden hat.

Wie so viele Branchen plagt die Landwirtschaft Nachwuchssorgen. Die Mauderöder etwa sind in der glücklichen Lage einen Lehrling zu haben, würden aber gerne mehr Auszubildende aufnehmen. Und noch braucht man das Personal, trotz zunehmender Mechanisierung und auch Digitalisierung. Der Traktorfahrer hat heute digitales Kartenmaterial, die Ertragsmengen werden schon im Mähdrescher genauestens erfasst und die Navigation läuft bis auf zwei Zentimeter genau per GPS. Theoretisch könnten die Maschinen schon autonom agieren, sagt Bertuch nur a.) ist das in Deutschland schon rein rechtlich gar nicht möglich und b.) ist und bleibt der Faktor Mensch entscheidend.

Für die Auswahl der Saat dürfte das auch in Zukunft weiter gelten. Da braucht es den geschulten Blick. Auf dem Feld bei Hochstedt jedenfalls tauschte man sich heute rege aus, trotz Junihitze.
Angelo Glashagel
Autor: red

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