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10 Jahre IFA-Museum

Das Erbe bleibt lebendig

Sonnabend, 11. September 2021, 18:00 Uhr
Als es vor 30 Jahren mit der IFA zu Ende ging, da drohte ein ganzes Kapitel der Nordhäuser Industriegeschichte in Vergessenheit zu geraten. Eine Gruppe Ehemaliger, allesamt Techniker, wollten sich dem entgegenstellen, dass Ergebnis des Engagements kann man seit zehn Jahren besichtigen…

Zum 10. Geburtstag fuhren vor der alten IFA auch die "Finalprodukte" noch einmal auf - im W50 und L60 tuckert bis heute die Technik aus Nordhausen (Foto: agl) Zum 10. Geburtstag fuhren vor der alten IFA auch die "Finalprodukte" noch einmal auf - im W50 und L60 tuckert bis heute die Technik aus Nordhausen (Foto: agl)

Es spratzt, gluckert und tuckert kurz, dann läuft sie wieder, die über 80 Jahre alte Grubenlok, die einst in den Nordhäuser Fabrikhallen zusammengeschraubt wurde. Mit viel Liebe zur Technik wurde die alte Dame wieder hergerichtet und sie ist nicht allein. 140 Exponate zählt das IFA-Museum Nordhausen nach zehn Jahren fleißiger Sammlertätigkeit. Hinzu kommen rund 20.000 Dokumente und Devotionalien. Eine ganze Menge, wenn man bedenkt, dass alles mit einem ziemlich in die Jahre gekommen Traktor und ein paar altgedienten Technikern angefangen hat.

Seit 2007 bestand der Wunsch, die Industriegeschichte nicht dem Vergessen anheimfallen zu lassen. Denn sie ist auch eigene Geschichte. Und nicht allein die der Handvoll Teckniker, Ingenieure und Mechaniker, die den Verein damals gründeten, sondern die vieler, vieler Nordhäuserinnen und Nordhäuser. Einst gehörte „die IFA“ zu den größten Arbeitgebern der Region. Das Leben zahlreiche Mitarbeiter, Auszubildender, Schüler und Familien war mit dem Betrieb verbunden.

Mit 22 Motoren und 20 alten Traktoren begann das Museum 2011. Auf eine historische Patina, die sicher so manches Stück überzogen hatte, legte man keinen Wert, erzählte heute Hans-Georg Franke, seit fünf Jahren Vorsitzender des Vereins. Die Technik muss korrekt sein, dass ist dem Museum wichtig. Viel wurde im vergangenen Jahrzehnt geschraubt, auseinandergebaut, gesäubert, repariert, ersetzt und wieder zusammengeschraubt. Rund 30.000 Stunden ehrenamtliche Arbeit, schätzt Franke, sind bisher in die Ausstellung geflossen.

Eine Geschichte in der Geschichte - Hans-Georg Franke blickte auf zehn Jahre IFA-Museum zurück (Foto: agl) Eine Geschichte in der Geschichte - Hans-Georg Franke blickte auf zehn Jahre IFA-Museum zurück (Foto: agl) Hinter jedem Motor, jedem Traktor und jeder Lok steckt eine eigene Geschichte, die zuweilen recht abenteuerlich ausfallen kann. So hat man es, mit einigem hin und her, geschafft einen Dieselmotor aus Indien nach Deutschland zu schaffen, der auf der Technik der DDR-Ingenieure beruht oder hat eine ganze Reihe alter Grubenbahnen aus der Schweiz „reimportiert“. „Allein wäre das niemals möglich gewesen“, erklärte Franke heute und bedankte sich bei den vielen Unterstützern, allen voran Helmut Peter, der das Haus nicht nur mit aus der Taufe gehoben hat und unterstützt, sondern auch seinen Fuhrpark gerne zum Transport zur Verfügung stellt. Mit Silvio Wagner konnte man die alte Feuerwache fit machen, das BBZ und die Spedition Otto stellen bei Bedarf schweres Gerät, Jobcenter und Landkreis sorgen immer wieder für Arbeits- und Aushilfskräfte, die Stadt Nordhausen gibt finanzielle Stützen.

Zum Geburtstag hatte man Vereinsfreunde und Unterstützer geladen (Foto: agl) Zum Geburtstag hatte man Vereinsfreunde und Unterstützer geladen (Foto: agl)

Der Erfolg hat, wie üblich, viele Väter und Mütter. Und Erfolg hat man. Rund 40.000 Besucher sind über die Jahre nach Nordhausen gekommen. Dabei stammen nur rund 15 Prozent aus der Region, der übergroße Teil kommt von außerhalb, vor allem aus den Neuen Bundesländern. Und man hat sich einen Namen gemacht, bei Sammlern und Museen, hat in einem Maße Vertrauen erworben, dass neue Leihgaben und Schenkungen überhaupt erst möglich macht. Aus Technikern mussten, zumindest ein Stück weit, Historiker werden und sich in Quellensuche und Quellenkritik üben. Denn die guten Stücke zu zeigen, dass allein reicht für ein Museum nicht.

Mit Gästen wie Täve Schur und Sigmund Jähn konnte man Massen ins Museum locken und sich mit Technik-Koryphäen aus dem ganzen Land austauschen, vom Rüstungs- und Raketenexperten bis zum Eisenacher Chefkonstrukteur. Und man ist, fast wie früher, wieder unterwegs, zeigt auf Messen und Ausstellungen stolz die eigenen Errungenschaften. Besuche an Orten wie Hannover oder Stuttgart seien eine besondere Freude, konnte Franke berichten, denn „haben wir den Wessis gezeigt, das wir auch Motoren bauen konnten. Viele wissen überhaupt nicht, was es hier gegeben hat“. Das zu zeigen und dabei auch Stadt und Region zu vertreten, sei auch Aufgabe des Museums geworden.

Wichtigste Frage für die Zukunft bleibt die ökonomische Sicherung des Hauses und die Gewinnung von Nachwuchs. Landrat Jendricke brachte in seinem Grußwort wieder die Stadt als Partner ins Spiel. Der Kreis selber könne keine Museen betreiben, wohl aber unterstützen. Als Geschenk hatte der Landrat einen Scheck über 1.000 Euro aus der Ehrenamtsförderung mitgebracht. Dem vom Landrat geäußerten Wunsch musste Bürgermeisterin Jutta Krauth eine Absage erteilen unterstrich dabei aber auch dass die Stadt ihre Zusicherung zur Unterstützung mit „erheblichen Geldmitteln“ einhalten werde und gedenke dies auch weiterhin zu tun. Die Herausforderungen, denen sich die Museumsfreunde sei zehn Jahren stellen, könnte man ihnen aber nicht in Gänze abnehmen.
Angelo Glashagel
Autor: red

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