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Impro-Abend am Herder-Gymnasium

Improvisieren will gelernt sein

Freitag, 13. Mai 2022, 09:24 Uhr
Die 12er Kurse Darstellen und Gestalten des Herder Gymnasiums verabschieden sich mit einem Theatersportabend in der Aula. Ihre beiden Jahre in der Qualifikationsphase verbrachten die Abiturienten etwas anders als ihre Vorgänger. Schließlich liegen zwei Jahre Pandemie mit Lockdowns und Quarantänezeiten hinter ihnen...

An Normalität im Schulalltag war für niemanden zu denken. Distanz- und Wechselunterricht bzw. Parallel- und Aufteilungsunterricht in verschiedenen Räumen, das gab es so noch nicht.

Selbstorganisation, Eigenverantwortung und das Einlassen auf die neuen/ anderen Bedingungsfelder des Lernens waren gefragt. Aufgaben über die Thüringer Schulcloud zu erhalten, Erledigungen hochzuladen, Video- und Audiokonferenzen durchzuführen, digitale Produkte zu erstellen, Ergebnisse zu hochzuladen und allen zur Verfügung zu stellen, Gruppenarbeit in virtuellen Teams vorzunehmen und natürlich Leistungen unter Beweis zu stellen – das forderte nicht nur technisches Know How, sondern auch Flexibilität und Wendigkeit.

Dieser Thematik nahmen sich die Kurse Darstellen und Gestalten der jetzigen 12. Klasse unter der Leitung ihrer Kursleiterin und Trainerin Susanne Lägel an. In ihrem Kurs, den einige Schüler und Schülerinnen bereits seit der neunten Klasse als Wahlpflicht absolvierten, zollen sie dieser geforderten Aufgeschlossenheit, Regsamkeit und Aktivität Tribut. Ihre Idee: Improvisationstheater. Kein einstudiertes Stück auf der Bühne, sondern eine Geschichte entsteht aus der Spontanität und gegenseitigen Inspiration der Impro-Spieler. Das sollte das Produkt ihrer Kurstätigkeit darstellen.

Impro-Abend am Herder-Gymnasium (Foto: Heike Roeder) Impro-Abend am Herder-Gymnasium (Foto: Heike Roeder)


Die Spieler kommen dabei auf die Bühne und wissen nicht, was passieren wird. In der Regel bekommen sie ein Thema oder einen Vorschlag aus dem Publikum. Der Moderator fragt z.B. nach einem Ort, einem Beruf, einer Situation, nach einem Gefühl. Diese Vorschläge sind dann Auslöser und Leitfaden für die daraufhin spontan entstehenden Szenen. Inspiration holten sie sich bei der Stegreifkomödie. Doch die jungen Leute gingen noch einen Schritt weiter und widmeten sich dem Theatersport, einem von Keith Johnstone geprägtes Format des Improvisationstheaters, bei dem zwei Mannschaften von Schauspielern gegeneinander um die Gunst des Publikums bzw. des Schiedsrichters spielen. Also ein Battle. In verschiedenen Spielrunden werden Punkte verteilt.

Die Akteure waren voller Freude, dies entsprechend der aufgehobenen pandemischen Lage nun schulöffentlich präsentieren zu können. Entsprechend groß war die Aufregung, aber auch Vorfreude. Das Grundkonzept, die Szenenauswahl, die Licht-, Ton- und Bühnengestaltung, Plakate, Flyer, die Moderation – alles entstand in Eigenregie. Und in die angedachten Ausgangssituationen kann das Publikum eingreifen und die Ausgestaltung mitbestimmen.

In der bewertungsfreien Aufwärmrunde präsentierten sie das Gefühlsreplay, sodass in erbetenen Alltagssituationen variierte Möglichkeiten der emotionalen Darstellung sichtbar werden. Ein Interview zwischen Teilnehmern, die wohl eher weniger ins Gespräch miteinander kommen (z.B. Tier und technisches Gerät), wurden mit Hilfe einer eigens auf der Bühne spontan entwickelten Gebärdensprache geführt. Auch Werbung der besonderen und improvisierten Art wurde mit einem Augenzwinkern auf die alltägliche Erscheinung als Zwischenspiel angeboten.

In drei Situationen traten die beiden Spielteams Rampenfieber und Bis einer weint gegeneinander an. Moderiert und durch eine Lehrerjury beobachtet und bewertet spielten sich die Darsteller in die Herzen des zahlreich erschienen Publikums. Da galt es, Blind Dates mit verschiedenen Typen (publikumsabhängig) auszugestalten, eine Eheberatung, die publikumsgesteuert immer neue Eckdaten und Einflussgrößen offenbarte, durchzuführen und eine vorgegebene Szene, hier Geburtsvorbereitung, per Halbwertzeit immer weiter auf das Wesentliche zu reduzieren, natürlich mittels Zuschauereinfluss.

Die 26 Kursteilnehmer und Kursteilnehmerinnen boten zwei Stunden Kurzweil, Spaß und Improvisation pur, bei der das Wettbewerbsergebnis selbst doch zur Nebensache wurde. Schulleiter Andreas Trump, der sich auch in den Abend einbrachte, bedankte sich bei den jungen Leuten für diesen unterhaltsamen Abend, der zeigte, dass die Kurse als Team fungierten, gekonnt flexibel auf die vorgegebenen Situationsvorgaben reagierten und dabei nicht aus ihrer Rolle fielen. „Dahinter steckt intensives Bewegung-, Sprach- und Verhaltenstraining, das ist mehr als Spielerei“, zollte er den Zwölftklässlern sowie der Kursleiterin, die damit auch in der veranstaltungsarmen Zeit einen Höhepunkt geschaffen haben, Respekt.
Heike Roeder
Autor: red

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