nnz-online
Umweltministerin Siegesmund zu Gast in Nentzelsrode

Rückenwind für die Erneuerbaren?

Montag, 20. Juni 2022, 13:53 Uhr
Gute Nachrichten gibt es in diesen Tagen wenige. Im Zuge des Ukraine-Krieges und seinen Folgen können aber zumindest die Verfechter der erneuerbaren Energien auf mehr "Rückenwind" hoffen. Wie Energiegewinnung in Bürgerhand aussehen kann, das sah sich heute Thüringens Umweltministerin Siegesmund in Nordhausen an...

Windräder bei Nentzelsrode (Foto: agl) Windräder bei Nentzelsrode (Foto: agl)


Zur Eröffnung findet Ministerin Anja Siegesmund deutliche Worte: noch sei die Versorgungslage in Deutschland sicher, aber mit jedem Tag, da weniger und weniger Gas aus Russland nach Deutschland fließt, werde die Lage ernster. Zu lange habe man im Bund auf die fossilen Energieträger gesetzt und den Ausbau erneuerbarer Alternativen ausgebremst. "Hätten wir vor zwanzig Jahren angefangen, konsequent in den Ausbau etwa der Windkraft zu investieren, wäre die Lage heute weit weniger dramatisch", mahnt Siegesmund.

Mit Sorge blicke man in Berlin und auch Erfurt auf den Herbst und Winter. Bis dahin müssen die Gasspeicher voll sein, es gelte also "sorgsam mit jeder Kilowattstunde" umzugehen. Die Abhängigkeit von den Rohstoffen anderer Länder wird man kurzfristig nicht von sich weisen können, langfristig aber seien erneuerbare Alternativen das Mittel der Wahl, mehr Unabhängigkeit zu erlangen.

Thüringens Umweltministerin Anja Siegesmund war heute im Windpark Nentzelsrode zu Gast (Foto: agl) Thüringens Umweltministerin Anja Siegesmund war heute im Windpark Nentzelsrode zu Gast (Foto: agl)


Energie in Bürgerhand
Am Fuße eines Windrades, auf den Hügeln bei Nentzelsrode, sprach die Ministerin dabei vor allem zu denen, die ihren Ausführungen ohne viele Einwände zustimmen dürften. Zwei Einrichtungen der Firma Enercon mit je drei Megawatt Leistung haben die Nordhäuser Stadtwerke vor einigen Jahren erworben, mit dem Ziel, die Wertschöpfung in der Region zu halten. Gelingen sollte dies über die Beteiligung kleinerer und regionaler Energiegenossenschaften, die bis zu 49% der Anteile an den Anlagen halten sollten. Das Pilotprojekt darf als Erfolg bezeichnet werden, die meisten Anteile waren damals in wenigen Monaten unter das Volk gebracht worden.

Auch die Energiegenossenschaft Helmetal ist mit sieben Prozent an den Anlagen beteiligt, wobei der Wind aber nur ein Standbein ist. "Wir sind inzwischen nicht mehr nur in Sachen Photovoltaik und Windkraft dabei, sondern bauen uns über das neue Wohngebiet in Werther auch ein Standbein in der Geothermie auf", erklärt Jürgend Weidt von der EG Helmetal. In Anbetracht der Lage seien die Bauherren in Werther zur Zeit überfroh, sich für den experimentellen Weg statt für das Erdgas entschieden zu haben, meint Weidt. "Wir haben immer argumentiert, dass die Gaspreise steigen würden. Aber das es so schnell und auf diese Art und Weise geschieht, damit hat keiner gerechnet.", meint auch EG Mitglied Claus Müller.

Die Hoffnung sei nun, dass der Ausbau des Windparkes Wipperdorf bald voranschreiten könne. Acht neue Windräder könnten hier gebaut werden, wenn der aktuelle Entwurf des viel diskutierten Regionalplans es denn zulässt. Das Umfeld müsse jetzt endlich "dynamischer" werden, meint man bei der Genossenschaft.

Wertschöpfung und Wohlstand
Energieunabhängigkeit und Umweltschutz sind aber nur zwei Punkte, die heute im Fokus stehen. Wichtig sei auch, dass habe das Windrad-Projekt in Nordhausen gezeigt, die Menschen "mitzunehmen", meint Siegesmund. Konkret heißt das: am Gewinn beteiligen. Die Mitglieder der Helmetal-Genossenschaft etwa dürfen mit drei bis fünf Prozent Rendite rechnen. "Es ist etwas anderes, ob ich das Windrad jeden Tag nur sehe, oder ob ich einen Anteil daran habe und direkt profitieren kann", meint Weidt. Die Wertschöpfung landet am Ende nicht in den Taschen anonymer Großkonzerne, sondern im Säckel der Kommunen und Menschen vor Ort. Energieträger in Bürgerhand würden so auch die Akzeptanz fördern. etwas das man gerade in Südthüringen sträflich vernachlässigt habe.

Der Ansatz der Nordhäuser Stadtwerke sollte denn in Zukunft auch nicht mehr die Ausnahme, sondern der Standard werden, sagt die Umweltministerin, für die es danach noch in luftige Höhen gehen sollte.
Angelo Glashagel
Autor: red

Drucken ...
Alle Texte, Bilder und Grafiken dieser Web-Site unterliegen dem Urherberrechtsschutz.
© 2021 nnz-online.de