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Nordthüringer Unternehmer feierten Sommerfest

Gewitterwolken am Horizont

Montag, 04. Juli 2022, 22:01 Uhr
Die wirtschaftlichen Kennzahlen für den Thüringer Norden sind gut, exzellent sogar, die Auftragsbücher sind voll, die Gewinne ansehnlich. Gute Gründe für die Unternehmer der Region, ordentlich zu feiern. Doch das sich Ungemach und dunkle Wolken am Horizont breit machen, dass war zum Sommerfest des Unternehmerverbandes trotz strahlend blauem Himmel nicht zu leugnen…

NUV Sommerfest auf dem Scheunenhof (Foto: agl) NUV Sommerfest auf dem Scheunenhof (Foto: agl)


Eigentlich läuft alles blendend für die Nordthüringer Unternehmer, trotz der diversen Tiefen der letzten Jahre. Im Thüringer Vergleich steht man auf der Rangliste wirtschaftlicher Prosperität auf Platz 4., die Auftragsbücher sind voll, die Gewinne gut. Der Nordthüringer Unternehmerverband hat heute nicht nur seinen neuen Webauftritt an den Start gebracht, man hat auch eine Image-Kampagne gestartet, die das Bild des mittelständischen Wirtschaftsmotors etwas gerade rücken und vom Raubtierkapitalismus seelenloser Großkonzerne trennen soll. Nur eine kommt hier heute mit dem Hubschrauber, die Firma „edm aerotec“ und hinter der verbirgt sich ein Familienbetrieb aus dem Eichsfeld. Man kommt aus dem Maschinenbau und nutzt die Gelegenheit, den Ultraleicht-Helikopter "Coax 600" aus heimischer Produktion vorzustellen. Der kompakte Kopter kommt auch nicht geflogen, sondern wird angefahren, das deutsche Recht will es so.

Ein Hingucker ist das Gefährt auf dem Sommerfest des NUV dennoch. Aber von einem „Fest“ will man eigentlich gar nicht so recht sprechen, meint NUV Chef Nils Neu. „Die Stimmung ist komisch. Ja, wir stehen gut da im Moment aber alle treibt die Sorge vor einer Rezession um.“, sagt Neu. Die Politik müsse mit Bedacht handeln und das bald, damit die "Zugmaschine Wirtschaft" nicht erlahmt und die Waggons der Gesellschaft weiter voranbringen kann. Materialmangel, Energiekrise, Inflation, Fachkräftemangel - am Horizont braut sich einiges zusammen. Der NUV hat sich immer als Mittler zwischen dem Mittelstand der Region und den Entscheidungsträgern in Erfurt und Berlin verstanden und hat letztere heute auch auf den Scheunenhof gebeten.

Landtagspräsidentin Birgit Keller sieht schwere Zeiten kommen (Foto: agl) Landtagspräsidentin Birgit Keller sieht schwere Zeiten kommen (Foto: agl) Entsprechend groß ist der Andrang, rund 200 Anmeldungen verzeichnete der Verband, ungewöhnliche hohe Zahlen für das jährliche Sommerfest. Man will hören, was die Politik zu sagen hat. Landtagspräsidentin Birgit Keller von der Linken lobt die versammelten Unternehmerinnen und Unternehmer für die wirtschaftliche Aufholjagd und den Anschluss an die Thüringer Wirtschaftsmotoren, muss die Anwesenden aber auch auf „schwere Zeiten“ einstimmen. Die Last der Politik sei ähnlich derer der Wirtschaft. Die Frage der Energieversorgung gleiche mitunter dem Blick in eine Glaskugel. Es gelte nun, Rahmenbedingungen zu schaffen, die einen Erhalt der Wirtschaftskraft möglich machten und ein Aufkommen lang überwunden geglaubter sozialer Konflikte verhinderten.

Manfred Grund meint, man müsse verlässlichere Partner finden (Foto: agl) Manfred Grund meint, man müsse verlässlichere Partner finden (Foto: agl)

Der Bundestagsabgeordnete Manfred Grund sieht den Welthandel und die Idee der Globalisierung wanken. Man müsse sich fragen, mit wem man in Zukunft noch sicher handeln, mit wem man noch Standards setzen könne. Als verlässlich Partner sieht Grund die EU, die USA, Kanada und Australien, als nützliches Instrumentarium Freihandelsabkommen wie „CETA“ und das vor Jahren begrabene „TTIP“.

Mario Vogt fordert Lösungen Abseits politischer Ideologie (Foto: agl) Mario Vogt fordert Lösungen Abseits politischer Ideologie (Foto: agl) Mario Vogt, ebenfalls aus den Reihen der CDU, mahnt das die Steigerung der Energiepreise um das vierfache und mehr kein Zustand sei, den man akzeptieren könne. „Wir können jetzt nicht lange mit Ideologie rummachen. Es müssen alle Instrumente auf den Tisch um die Preise runterzukriegen. Das heißt auch, dass ich mich vielleicht von ein paar Überzeugungen verabschieden muss, aber das gilt für die Grünen genauso“. Gas aus Kanada oder der Nordsee und Kernkraft gehörten wieder auf’s Tableau.

Zu guter Letzt hatte Jana Zöller das Wort, die nicht aus der Politik, sondern aus der Energiewirtschaft kommt. Die Lage ist nicht gut und der Aufbau von Alternativen wird mitunter Jahre brauchen. Der neuen Chefin der Nordhäuser Energieversorgung wird durch die globalen Krisen und die Politik in den letzten Tagen wahrlich mehr als genug Stoff an die Hand gegeben, um diverse dunkle Bilder zu zeichnen, aber Zöller hebt auch die guten Seiten hervor, zumindest für ihre Nordhäuser Kundschaft.
Noch ist die Versorgung gesichert, man sei für den Rest des Jahres 2022 und für 2023 „gut eingedeckt“.

Eine Schlussnote, die den einen oder anderen wohl doch noch dazu bewegen konnte, den schönen Sommertag auf dem Scheunenhof zu genießen und die Gewitterwolken am Horizont zu ignorieren. Für eine Weile zumindest.
Angelo Glashagel
Autor: red

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