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Wie steht es um den Nordhäuser Haushalt?

Es kommen schwierige Zeiten auf die Stadt zu

Donnerstag, 17. November 2022, 16:38 Uhr
Die CDU sorgte gestern mit Kritik an der Haushaltsführung des Rathauses für einigen Wirbel. Rund 18 Millionen Euro würden dem Haushalt mit einem Mal fehlen. Ganz so dramatisch scheint die Lage bei näherer Betrachtung nicht zu sein, aber gut stehen die Dinge nicht…

Im Nordhäuser Rathaus wird am Haushalt für die kommenden Jahre gearbeitet (Foto: nnz-Archiv) Im Nordhäuser Rathaus wird am Haushalt für die kommenden Jahre gearbeitet (Foto: nnz-Archiv)


„Das ist keine bittere Pille, das ist ein Schock“, schrieb Stadtratsmitglied Andreas Trump gestern. Nachdem man aus dem Rathaus über Wochen und Monate nur gute Nachrichten in Sachen Finanzen gehört habe, sei man nun mit einem möglichen Defizit von rund 18 Millionen Euro für das Jahr 2023 konfrontiert worden, welches sich nicht über Nacht habe auftun können, so die Kritik. Die Information stammen aus dem Finanzausschuss, über die Herr Trump laut eigener Aussage im Nachgang Kenntniss erhalten hatte.

Ganz so dramatisch wie beschrieben scheint die Lage bei näherer Betrachtung aber nicht zu sein. Ein Großteil des im Finanzausschuss dargelegten Defizits beruhe auf einer „Rohliste“, heißt es aus der Stadtverwaltung, also eine Auflistung von angedachten Projekten, für die es noch keine Refinanzierung gibt. Dieses „Wunschkonzert der Fachämter“ habe es auch in der Vergangenheit gegeben, nur habe da die Verwaltung gestrichen bevor die kuratierte Liste an die Stadträte ging, erläutert Tilly Pape, die langjährige Vorsitzende des Finanzausschusses. Dass man nun die volle Einsicht erhalten habe, sei auch auf Wunsch einiger Stadträte hin geschehen, die mehr Transparenz gefordert hatten. Es wird also nicht so heiß gegessen, wie gekocht wurde.

In den Reihen der CDU sieht man den Kern der Kritik denn auch nicht in den durchaus erschütternden Zahlen an sich, sondern in der Art und Weise wie diese kommuniziert wurden. „Bis vor kurzem war alles schick, über Monate und viele Diskussionen hinweg und auf einmal sehen wir Lücken, über die so nie gesprochen wurde. Das geht so nicht.“, sagt Andreas Trump. Es könne nicht sein, das dass Rathaus nun versuche die Verantwortung allein auf den Stadtrat zu legen, nur damit der OB mit „reiner Weste“ dasteht.

Ziel der Kämmerei müsse es sein, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen und nicht zu sagen, was man nicht hinbekomme, meint auch der SPD-Vorsitzende im Stadtrat, Hans Georg Müller. Spätestens seit dem letzten Jahresabschluss herrscht unter den Stadträten ein gewisses Misstrauen, was die Zahlenakrobatik des Rathauses angeht. „Uns wurde damals ein Minus von vier Millionen Euro vorgelegt, dann kam heraus das man sich um 10 Millionen Euro verschätzt hat und man ging mit einem Überschuss von sechs Millionen in das nächste Jahr. Dazu kommen noch einmal bereits vorhandene Rücklagen von rund 17 Millionen, was uns für die Bewältigung von 2023 auf rund 23 Millionen Euro bringen würde“, so Müller.

Also doch alles nicht so wild? Die Ausschussvorsitzende Tily Pape mahnt zur Vorsicht, die Lage sei zwar nicht so dramatisch wie die „Rohliste“ vermuten lasse, die Aussichten seien aber dennoch alles andere als gut. „Das geht uns nicht alleine so, das ist in allen Kommunen der Fall. Ich habe mich selber bei Eisenach und Gotha informiert, im Vergleich dazu stehen wir noch relativ gut da aber wir werden trotzdem zusehen müssen, das wir den Haushalt „dicht“ kriegen.“, meint Pape. Problematisch sei unter anderem die Entwicklung bei Bus und Bahn. Die Stadt ist Träger des ÖPNV und der wird zunehmend teurer. Die Prognosen für die nächsten Jahre würden Höhe erreichen, die von der Stadt dann möglicherweise nicht mehr zu schultern seien. Hinzu kämen die allgemeinen Kosten-, Preis-, und Tarifsteigerungen. „Es ist nicht die Zeit über das zu jubeln, was noch da ist. Wir werden diese Rücklagen für genau diese Bereiche brauchen. Ich plädiere dafür jetzt nichts über das Knie zu brechen und erst einmal die Dinge durchzuziehen, die wir angefangen haben.“ Neben dem Theater und der Feuerwehr seien das vor allem die Sanierungsarbeiten in der Riemanstraße und der Wallrothstraße. Darüber hinaus werde man in Zukunft sehr genau überlegen müssen, was angepackt werden soll und kann. Die Planung sei im Moment wirklich schwierig, man wisse weder wie es mit den Preisen oder den Steuereinnahmen weiter gehe, noch könne man mit Sicherheit voraussagen, wie der Freistaat reagieren werde.

Der Tenor in den Fraktionen ist ähnlich und das nicht erst seit dieser Woche. Was wieder zur Gretchenfrage der Kommunikation führt, die das Verhältnis zwischen Stadtrat und Rathausspitze seit Beginn der Amtszeit des Oberbürgermeisters belastet. Man wisse spätestens seit März, dass die Kosten steigen, ist etwa der CDU-Stadtratsvorsitzende Steffen Iffland zu vernehmen, dennoch sei man im Rathaus dabei, bis zum 31.12. „aus dem Vollen zu schöpfen“. „Wenn ich das Defizit kommen sehe, dann stelle ich doch nicht reihenweise neue Leute ein. Herr Buchmann ist im letzten Jahr seiner laufenden Legislatur dabei, dass Rathaus komplett umzustellen und ab 1.1. heißt es dann, „seht zu was ihr zusammenstreicht“.

Aus der Stadtverwaltung war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung kein weiteres Statement eingegangen, es werde aber noch eine Reaktion geben, war aus der Pressestelle zu erfahren. Wir werden weiter berichten.
Angelo Glashagel

Es gibt auch eine Stellungnahme der Stadt zu dem Thema: Rathaus widerspricht dem "Scherbenhaufen"
Autor: red

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