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Thüringer Polizei wird digitaler

SmArTh auf Streife

Freitag, 02. Dezember 2022, 20:15 Uhr
Über 1.400 digitale Endgeräte werden in den kommenden Wochen in den Polizeidienststellen des Freistaates ausgegeben. Warum der Schritt in die Moderne erst jetzt kommt und was die Polizisten mit dem Smartphone auf Streife anfangen können, das stellte man heute in Nordhausen vor…

Im Dienst werden Polizeibeamte in Zukunft auch auf digitale Einsatzmittel zurückgreifen können (Foto: agl) Im Dienst werden Polizeibeamte in Zukunft auch auf digitale Einsatzmittel zurückgreifen können (Foto: agl)


Als das erste iPhone im Jahr 2007 vorgestellt wurde, begann der Siegeszug der „smarten“ Endgeräte. Aus dem täglichen Geschehen sind Tablets und Handys gute 15 Jahre später nicht mehr wegzudenken, aber im Dienstalltag der deutschen Polizei greift man immer noch zum Funkgerät und tippt am Dienst-PC. Das Privathandy ist im Einsatz tabu, mag es auch noch so "schlau" sein.

Das soll sich ändern, mit dem Projekt „SmArTh“ tut man dieser Tage auch auf den Dienststellen den Schritt ins Digitale. Grundlage hierfür sind Endgeräte der Firma Apple, genauer das iPhone der nunmehr 12. Generation.

Ware von der Stange ist das freilich nicht, erläuterte am Vormittag Polizeidirektor Matthias Bollenbach, dem „ausrollen“ der Geräte waren mehrere Jahre Vorbereitung vorausgegangen. Man hat Vorsicht walten lassen, schließlich muss hier ein externes Gerät mit dem sicheren Netz der Polizei kommunizieren. Dazu gehört, dass man eine zentrale Administration aufzubauen hatte, eigene Applikationen entwickelt werden mussten, die sich in die bestehenden Datenbanken der Ermittler einfügen und andere Programme von vornherein ausgesperrt werden.

Polizeidirektor Matthias Bollenbach bei der Übergabe der ersten Geräte (Foto: agl) Polizeidirektor Matthias Bollenbach bei der Übergabe der ersten Geräte (Foto: agl)
Die Vorteile liegen auf der Hand, im Kern bedeutet die digitale Assistenz, dass man das eigene Büro immer am Mann hat. „Wer heute zum Beispiel ein Kennzeichen überprüfen will, der funkt die Dienststelle an, dort muss jemand die Datenbank überprüfen und dann Rückmeldung geben. Für die heutige Zeit ist das ein ziemlich langer und aufwendiger Weg.“, erläutert Bollenbach. Für die „Vorgangsbearbeitung“ müssen die Beamten in Zukunft nicht zwingend in die Dienststelle zurückfahren, Personalien und Fingerabdrücke, Registerdaten und Lichtbilder können vor Ort überprüft und mit den Daten anderer Behörden abgeglichen werden.

Die technischen Einzelheiten und potentiellen Anwendungsgebiete erläuterten heute Polizeioberrat Christopher Machlitt und Polizeihauptkommissar Stefan Lachmann. Letzterer übernahm die praktische Demonstration und zeigte anhand des eigenen Kennzeichens, wie schnell das System reagieren und wie tief recherchiert werden kann. Machlitt umriss die technischen Vorraussetzungen, Datenschutz und IT-Sicherheit der neuen Instrumente. Von Ende-zu-Ende Verschlüsselung, über eine „Whitelist“ für die Netzrecherche bis zu zeitlich begrenzten Fingerabdruck- und Gesichts-Erkennungs-LogIn und Zwei-Wege-Authentifizierung sollten die Mauern um den Zugang zum Allerheiligsten der Polizei so hoch wie eben möglich sein und den Standards des Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik genügen.

Die Funktionalität der Anwendungen ist vielseitig und vernetzt - hier wird gerade geprüft, ob es für die Fingerabdrücke eine Eintrag in der polizeilichen Datenbank gibt (Foto: agl) Die Funktionalität der Anwendungen ist vielseitig und vernetzt - hier wird gerade geprüft, ob es für die Fingerabdrücke eine Eintrag in der polizeilichen Datenbank gibt (Foto: agl)


Insgesamt 1.460 Endgeräte werden bis Ende Januar an die Polizistinnen und Polizisten ausgegeben, 458 gehen dabei auch nach Nordthüringen. Die alten Methoden werden sie aber nicht vollends ersetzen, im Gegenteil. Dass die neue Technik noch ihre Tücken hat, war bei der Präsentation zu sehen, wo die eine Anfrage schnell gelang, brauchte es bei der nächsten drei Anläufe. Das mögen Kinderkrankheiten oder der Vorführeffekt sein, sicher ist, dass die digitalen Helfer nicht gänzlich störfrei sein können, allein schon weil man auf das Mobilfunknetz zur Datenübertragung angewiesen ist. „Der Sprechfunk bleibt unser primäres Einsatzmittel“, unterstreicht denn auch Polizeidirektor Bollenbach, die „smarten“ Geräte dienten vor allem der Einsatzunterstützung.

Die museumsreife Technik wird zwar nicht mehr zum Einsatz kommen, der Sprechfunk bleibt aber das Hauptkommunikationsmittel der Polizei (Foto: agl) Die museumsreife Technik wird zwar nicht mehr zum Einsatz kommen, der Sprechfunk bleibt aber das Hauptkommunikationsmittel der Polizei (Foto: agl)


„Das ist ein Start. Wir haben die personelle Talsohle inzwischen durchschritten. Nun müssen wir dafür sorgen, dass wir unsere Kräfte effizient einsetzen können. Wir werden in Zukunft mehr Zeit für unsere Aufgaben und für die Bürger haben.“, sagt der Polizeidirektor. Dass den Geräten auch bei der Polizei die Zukunft gehören wird, steht indes kaum zu bezweifeln. Der angebotene Werkzeugkasten ist schon jetzt ansehnlich, die Wunschliste der Dinge, die man sich vorstellen könnte - vom digitalen Dolmetscher, über Spracheingaben bis zur Spurensicherung, ist mit aktuell 60 Einträgen noch länger.
Angelo Glashagel
Autor: red

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