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Aufgeschnappt

Deutschland - ein Weihnachtsmärchen. Für einige?

Montag, 05. Dezember 2022, 18:00 Uhr
Die Vorweihnachtszeit soll bekannterweise zu den schönsten des gesamten Jahres gehören. Klar, die Weihnachtsmärkte locken, die Geschäfte in den Städten könnten vielleicht voller sein. Die Beleuchtung passt sich so langsam aber sicher der energetischen Herausforderung des kommenden Winters an. Ja, dieses Weihnachten ist anders, zumindest für einige Gäste dieses Deutschlands…


Die nnz hatte ja bereits vor einigen Wochen das Ausflugsgeschehen der ukrainischen Flüchtlinge thematisiert. Der Artikel polarisierte, was richtig toll für einen Journalisten ist. Doch dem damals notierten können wir nun eine weitere Facette der Absurditäten hinzufügen. Sie beginnt in einem Geschäft in der Nordhäuser Innenstadt.

Dorthin begaben sich unseren gesicherten Informationen zufolge eine Frau aus der Ukraine in Begleitung einer Mitarbeiterin des Landratsamtes. Zwei Frauen - klar, es ging um Mode. Zum Ende des Gespräches erinnerte die Landratsamtsmitarbeiterin ihre Flüchtlingsbegleitung an einen morgigen Termin für einen Sprachkurs. Leider aber könne die Frau aus dem Kriegsgebiet diesen Termin nicht wahrnehmen. Gefragt nach dem Grund kam als Antwort: Sie müsse morgen Vormittag arbeiten, schließlich mache sie ja für ihren Arbeitgeber in der Heimat Home Office.

Da war selbst die Dame aus der Behörde etwas ratlos. Ich finde das genial. Auf solch eine Konstellation, auf so eine Idee muss man erst einmal kommen: Ein ganz normales Beschäftigungsverhältnis mit ihrem Arbeitgeber, dass digital erledigt werden kann, dazu die Bezüge nach dem Asylbewerbergesetz, obwohl man kein Asyl beantragt hat und dann - das ist eine Annahme - vielleicht noch die Wohnung in Kiew vermietet. Zwei Einnahmequellen, eine in der Landeswährung, die andere in Euro. Hinzu kommen Wohnung, Heizung, Gesundheitswesen, Bildung für die Kinder und weitere kostenlose Annehmlichkeiten dieses paradiesischen Sozialsystems.

Wir haben die Begebenheit im Geschäft der Behörde vorgetragen und wollten so zumindest ihren Wahrheitsgehalt prüfen. Die Frage nach einem eventuellen Einzelfall haben wir weggelassen, die Antworten sind hinlänglich bekannt. In der Kreisverwaltung kannte man solch einen Fall nicht. Und das hat einen guten Grund: Landrat Matthias Jendricke, der bereits mehrfach in Erfurt und vielleicht auch in Berlin in einigen ministerielle Fettnäppchen getreten war, meinte im Gespräch mit der nnz denn auch, dass er die Ukraine-Flüchtlinge gern in dem gleichen Status gesehen hätte, wie Asylbewerber.

Da eine solche Verfahrensweise das politische Rot und Grün in Erfurt und Rot-Grün-Gelb in Berlin bislang ablehnen, sind der Behörde in Nordhausen de facto die Hände gebunden. Man dürfe und könne keine Vermögensverhältnisse der Menschen aus der Ukraine überprüfen und man könne auch ihre Reisen zu Bekannten und Verwandten in die Gebiete nicht verhindern, aus denen sie einst geflohen waren. Man könne sie auch nicht zu irgendwelchen Sprach- oder Integrationskurse verpflichten.

Zum Ende dieses vorweihnachtlichen Märchens doch noch ein kurzer Blick auf die Reisetätigkeit der Kriegsflüchtlinge. Die hatte nach unserer ersten Fahrplanrecherche weiter zugenommen. Von Erfurt aus sind vom 20. bis 24. Dezember nahezu alle Flixbusse nach Kiew ausgebucht. Das sind dann 2.250 Plätze. Aus der bundesdeutschen Hauptstadt fahren im gleichen Zeitraum 12.600 Menschen in Richtung Kiew.

Derweil geht auch im Landkreis Nordhausen die Suche nach Unterbringungsmöglichkeiten weiter. Wohnraum ist laut Landratsamt nahezu ausgeschöpft, deshalb weicht man weiterhin auf Gemeinschaftsunterkünfte aus. Zum Beispiel auch wieder die Obergrasmühle.
Peter-Stefan Greiner
Autor: psg

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