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Fr, 16:41 Uhr
25.09.2020
Nachtrag zu kürzlichen Unfall

Risikogebiet Wald

Vor dem Hintergrund eines tragischen Unfalles im Landkreis Harz weist der H. Koth, Leiter des FB Süd aus Sangerhausen/ Obersdorf auf das erhebliche Risiko in den Wäldern hin. Obwohl Hitze und Dürre in 2020 nicht ganz so extrem waren
wie in den beiden Vorjahren hat sich keinesfalls verbessert, ganz im Gegenteil. Die vom Forstbetrieb Süd letztes Jahr aufgestellten Warnschilder sollten auch weiterhin ernst genommen werden...

In der Nähe von Thale wurde kürzlich bei einem Waldspaziergang eine junge Frau und ihr Baby von einem unvermittelt herabstürzenden Buchenast derart unglücklich getroffen, dass das Baby an den schweren Verletzung verstorben ist und bei der Mutter schwerste Körperschäden bzw. lebenslange Einschränkungen zu befürchten sind.
Holger Koth wies darauf hin, dass die Forstbetriebe gesetzlich verpflichtet sind, zwei Mal jährlich Kontrollen zur sogenannten Verkehrssicherungspflicht durchzuführen. Dies betrifft allerdings nur den Bereich der Wälder mit Grenzlinien z. B. zu öffentlichen Straßen, Bahnlinien, Parkplätze, Leitungstrassen oder zu benachbarten Wohn- und Gewerbeflächen. Das sind
für die 11 Reviere im Forstbetrieb Süd in den vier Landkreisen (HZ, MSH, SK, BGL) alleine mehrere Hundert Kilometer Waldstreifen mit einer Tiefe von mind. 30 m auf denen Risikopotenzial kontrolliert, ggf. identifiziert und zeitnah beseitigt werden muss. Eine Aufgabe, die in den letzten beiden Jahren extrem viel Zeit und Geld beansprucht hat.

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Unabhängig davon gibt es dieses hohe Risiko aber flächendeckend in den Wäldern der Region. Die Jahre 2018 bis 2020 waren viel zu warm und zu trocken, die Region süd-östlich vom bzw. im Regenschatten des Harzes ist
deutschlandweit ein absoluter Hotspot der Waldschäden. Forstbetriebsleiter Koth spricht von 600 bis 800 Liter Regen, die je m2 Waldboden aktuell fehlen, um den Bodenwasserspeicher wieder einigermaßen aufzufüllen. Alle
Baumarten sind dadurch stark gestresst. Während man die toten Fichten oder Kiefern anhand der braunen Nadeln auch als Laie gut erkennt, sind die Schäden bei den Laubbäumen deutlich schwieriger einzuschätzen. Oft sterben zuerst nur einzelne Äste in der Krone ab oder es siedeln sich holzerstörende Pilze im Kronenholz an, deren destabilisierendes Wirken selbst bei fachmännischer Begutachtung vom Boden aus nicht zu erkennen ist. Diese Äste bzw. Kronenteile brechen dann irgendwann, oft völlig unvermittelt der Schwerkraft folgend ab und stürzen zu Boden. Bei 20 Meter Fallhöhe sind dann selbst Äste, die nur armstark sind eine tödliche Gefahr.

Die Gefahr steigt jetzt im Herbst nochmal deutlich an, Wind und höhere Feuchtigkeit, größere Temperaturschiede bis hin zu Nachtfrösten begünstigen die Holzzersetzung und führen zu höheren Belastungen bzw. Spannungen im Kronenholz. Ohne bzw. mit trockener Belaubung sind die abgestorbenen Kronenteilen jetzt noch schlechter zu erkennen. Am höchsten ist das Risiko in alten Buchenbeständen, einerseits sind diese alten Buchen besonders durch Hitze und Trockenheit gestresst, andererseits ist das Buchenholz ausgesprochen spröde und zersetzt sich schnell: „…viele Äste hängen nur noch am seidenen Faden!“ so Koth. Waldbesucher sollten auf jeden Fall immer wieder einen prüfenden Blick in die Kronen schicken und auch den Boden ringsherum bzw. am Wegesrand mustern: “ …dort wo viele frisch abgebrochene Äste oder Zweige jetzt schon herumliegen, ist das Risiko natürlich besonders hoch. Insbesondere bei windigem Wetter sollte man solche Wälder meiden, sich nur auf mittig auf ausreichend breiten Waldwege aufhalten.“

Gefahr des Waldes  (Foto: H. Koth) Gefahr des Waldes (Foto: H. Koth)
Derzeit finden mit den zuständigen kommunalen Umwelt- und Ordnungsbehörden Abstimmungen zu der aktuellen Gefahrenlage statt. „Wir werden wohl nicht umhin kommen, besonders geschädigten Waldteilen mit hohem Besucheraufkommen behördlich sperren zu lassen.“ Neben der Gefahr für Leib und Leben warnt Forstbetriebsleiter Koth aber auch hinsichtlich der Unsitte, dass die Autos von Waldbesucher oder jetzt von den vielen Pilzsammler einfach auf den Waldwegen abgestellt werden, häufig unbedacht unter solchen Risikobäumen. Hinzu kommt, dass diese Waldwege dann oft für Forstmaschinen, Holz-LKW oder sogar Einsatzfahrzeuge in Notfällen blockiert sind.

Die latente Gefahr wirkt aber natürlich nicht nur für Waldbesucher, die ohnehin schweren und gefährlichen Jobs in der Forstwirtschaft werden unter diesen Rahmenbedingungen für die Mitarbeiter der Forstbetriebe und die beauftragten Forstdienstleister noch schwieriger. Andererseits ist es eben gerade deshalb dringend notwendig, das Schadholz auch unter dem Gesichtspunkt der Waldnutzung als Erholungs- und Tourismusraum möglichst schnell einzuschlagen. „Das erfordert von unseren Revierleitern ein lokal abgestuftes Vorgehen; Gefährdungspotenzial, Besucherandrang, aber auch Naturschutzauflagen müssen miteinander abgewogen werden. Aber wenn wir hier nicht entschieden handeln, verschleppen wir nicht nur die Schadinfektionen für den Baumbestand, sondern auch die Risikolage für Waldbesucher und Forstmitarbeiter über viele Jahre.“ so Koth. Diese zusätzlichen Verpflichtungen sind aber nur ein Aspekt im Forstbereich. „Drei Jahre Dauerkrise im Wald, der totale Zusammenbruch des Holzmarktes, die drängende Wiederbewaldung vieler Hundert Hektar Schadfläche, Corona, ein total überalterter Personalbestand, da gerät selbst ein öffentlich-rechtlicher Landesbetrieb materiell, personell und
finanziell an die Grenzen der Belastbarkeit.“
H. Koth; Leiter FB Süd
Autor: nis

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