Fr, 17:46 Uhr
15.09.2023
Nordhäuser Geschichts- und Altertumsvereins
Vortragsabend zur Ilfelder Papiergeschichte
Am 12. September lud der Nordhäuser Geschichts- und Altertumsverein in gewohnter Manier in die urigen Räumlichkeiten des Tabakspeichers. Etwa drei Dutzend Gäste folgten der Einladung. Der Vortrag des Monats September stand ganz im Zeichen des Papiers...
Klaus Liebenrodt referierte über die Ilfelder Papierfabrikation der Familie Keferstein von 1760 bis 1935. Der Vortragende dürfte dem ein oder anderen ein Begriff sein, publiziert er doch seit mehreren Jahren zu verschiedensten Themen rund um seinen Südharzer Heimatort. 2017 veröffentlichte Liebenrodt beispielsweise ein einschlägiges Werk zum Thema des Vortragsabends:, ,Papiergeschichte aus dem Ilfelder Tal: über 300 Jahre Papierproduktion aus der Ilfelder Papierfabrik.
Den Abend eröffnete der Vorsitzende des Vereins, Hans-Jürgen Grönke, mit Informationen über die am Wochenende anstehende Busexkursion und anstehende Vorträge. Anschließend aber galt alle Aufmerksamkeit dem Referenten, der es verstand, das Publikum durch seine kundigen Ausführungen zur Technik und Geschichte des Papiermachens zu begeistern. Dafür kamen ihm gewiss auch Erfahrungen aus seiner vielfältigen Erwerbsbiografie zwischen Bergbau und Hochdrucktechnik zugute. Mittlerweile widmet er sich vor allem dem Ilfelder Heimatmuseum und der Erforschung der dortigen Gewerbegeschichte.
Den Auftakt des eigentlichen Vortrags machten Informationen zur Heraldik der Fabrikantenfamilie Keferstein. Dabei waren diese gar nicht die Gründer der Papiermühle: Diese Ehre gebührt dem Papiermachermeister Hans Walt(h)er, der zwischen 1680 und 1692 auf eigene Kosten eine Papiermühle auf dem Boden des ehemaligen Prämonstratenserklosters Ilfeld errichtete. Selbige wurde von den Schülern der ebenfalls auf Klostergrund befindlichen Schule gerne als Versteck für, ,Sauftiraden benutzt, wie die Schulleitung missfällig vermerkte. 1760 ging die Mühle in den Besitz der bedeutenden deutschen Papierfabrikantenfamilie Keferstein über. Die zunächst handwerklich betriebene Mühle wurde bald zusätzlich durch ein ausgeklügeltes System aus dem Mühlgraben und der Beere mit Wasserkraft versorgt. Auch mit frühen Papiermaschinen machten die Kefersteiner in Ilfeld Versuche. Die Nähe zur Klosterschule kam einer ganzen Reihe von Sprösslingen der Kefersteiner zugute, wie das Absolventenverzeichnis beweist. Nicht alle davon traten in die Fußstapfen ihrer Altvorderen: Auch Kapitäne und Wissenschaftler sind dem Vortragenden bekannt. Übrigens besitzt die bis heute bestehende ehemalige Fabrikantensippe einen eigenen Familienverein, den FV Keferstein e.V., vor dem unser Referent im Jahre 2022 bereits seine Kenntnisse präsentieren konnte.
Ab 1851 wurde die Fabrikation in industriellem Ausmaß betrieben, von 1916 an mit Strom, ab 1921 gar mit Turbinenkraft. Mit vielen Abbildungen, historischen Fotografien und Lageplänen konnte Herr Liebenrodt seine Ausführungen anschaulich untermalen. Die Weltwirtschaftskrise aber brachte der Firma 1935 den Konkurs – ein letzter Schicksalsschlag für den 80-jährigen Inhaber der Fabrik, Georg Keferstein, der bereits einen Sohn im Weltkrieg, einen anderen durch Suizid und seine Frau durch Krankheit verloren hatte. So wählte auch der Fabrikant nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch den Freitod, mit ihm endete die Ilfelder Linie.
Was jedoch nicht endete, ist die Ilfelder Papierherstellung, deren weiterer Geschichte der Referent abschließend einen Ausblick widmete: Das bankrotte Unternehmen wurde 1936 durch Dr. Otto Ferdinand Günther aus Greiz übernommen und als Zweigwerk betrieben. Die geplante Vergrößerung des Werks wurde durch den Krieg verhindert, die Nazis nutzten es stattdessen für die Rüstungsproduktion. Nach dem Krieg wurde der Betrieb enteignet und als VEB weiter betrieben, nach der Wende kommt das Werk schließlich an die Hellbut & Co GmbH.
Der gelungene, etwa einstündige Vortrag Herrn Liebenrodts lässt für die Zukunft auf weitere interessante Erkenntnisse zur Geschichte des Ilfelder Gewerbes hoffen.
Autor: redKlaus Liebenrodt referierte über die Ilfelder Papierfabrikation der Familie Keferstein von 1760 bis 1935. Der Vortragende dürfte dem ein oder anderen ein Begriff sein, publiziert er doch seit mehreren Jahren zu verschiedensten Themen rund um seinen Südharzer Heimatort. 2017 veröffentlichte Liebenrodt beispielsweise ein einschlägiges Werk zum Thema des Vortragsabends:, ,Papiergeschichte aus dem Ilfelder Tal: über 300 Jahre Papierproduktion aus der Ilfelder Papierfabrik.
Den Abend eröffnete der Vorsitzende des Vereins, Hans-Jürgen Grönke, mit Informationen über die am Wochenende anstehende Busexkursion und anstehende Vorträge. Anschließend aber galt alle Aufmerksamkeit dem Referenten, der es verstand, das Publikum durch seine kundigen Ausführungen zur Technik und Geschichte des Papiermachens zu begeistern. Dafür kamen ihm gewiss auch Erfahrungen aus seiner vielfältigen Erwerbsbiografie zwischen Bergbau und Hochdrucktechnik zugute. Mittlerweile widmet er sich vor allem dem Ilfelder Heimatmuseum und der Erforschung der dortigen Gewerbegeschichte.
Den Auftakt des eigentlichen Vortrags machten Informationen zur Heraldik der Fabrikantenfamilie Keferstein. Dabei waren diese gar nicht die Gründer der Papiermühle: Diese Ehre gebührt dem Papiermachermeister Hans Walt(h)er, der zwischen 1680 und 1692 auf eigene Kosten eine Papiermühle auf dem Boden des ehemaligen Prämonstratenserklosters Ilfeld errichtete. Selbige wurde von den Schülern der ebenfalls auf Klostergrund befindlichen Schule gerne als Versteck für, ,Sauftiraden benutzt, wie die Schulleitung missfällig vermerkte. 1760 ging die Mühle in den Besitz der bedeutenden deutschen Papierfabrikantenfamilie Keferstein über. Die zunächst handwerklich betriebene Mühle wurde bald zusätzlich durch ein ausgeklügeltes System aus dem Mühlgraben und der Beere mit Wasserkraft versorgt. Auch mit frühen Papiermaschinen machten die Kefersteiner in Ilfeld Versuche. Die Nähe zur Klosterschule kam einer ganzen Reihe von Sprösslingen der Kefersteiner zugute, wie das Absolventenverzeichnis beweist. Nicht alle davon traten in die Fußstapfen ihrer Altvorderen: Auch Kapitäne und Wissenschaftler sind dem Vortragenden bekannt. Übrigens besitzt die bis heute bestehende ehemalige Fabrikantensippe einen eigenen Familienverein, den FV Keferstein e.V., vor dem unser Referent im Jahre 2022 bereits seine Kenntnisse präsentieren konnte.
Ab 1851 wurde die Fabrikation in industriellem Ausmaß betrieben, von 1916 an mit Strom, ab 1921 gar mit Turbinenkraft. Mit vielen Abbildungen, historischen Fotografien und Lageplänen konnte Herr Liebenrodt seine Ausführungen anschaulich untermalen. Die Weltwirtschaftskrise aber brachte der Firma 1935 den Konkurs – ein letzter Schicksalsschlag für den 80-jährigen Inhaber der Fabrik, Georg Keferstein, der bereits einen Sohn im Weltkrieg, einen anderen durch Suizid und seine Frau durch Krankheit verloren hatte. So wählte auch der Fabrikant nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch den Freitod, mit ihm endete die Ilfelder Linie.
Was jedoch nicht endete, ist die Ilfelder Papierherstellung, deren weiterer Geschichte der Referent abschließend einen Ausblick widmete: Das bankrotte Unternehmen wurde 1936 durch Dr. Otto Ferdinand Günther aus Greiz übernommen und als Zweigwerk betrieben. Die geplante Vergrößerung des Werks wurde durch den Krieg verhindert, die Nazis nutzten es stattdessen für die Rüstungsproduktion. Nach dem Krieg wurde der Betrieb enteignet und als VEB weiter betrieben, nach der Wende kommt das Werk schließlich an die Hellbut & Co GmbH.
Der gelungene, etwa einstündige Vortrag Herrn Liebenrodts lässt für die Zukunft auf weitere interessante Erkenntnisse zur Geschichte des Ilfelder Gewerbes hoffen.
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