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Mi, 08:06 Uhr
19.02.2020
BUND-Einsatz

Für Kamm-Wachtelweizen und Erdflechten

Gern wird seitens Verantwortlicher vom großen Artenreichtum des Südharzer Zechsteinrandes gesprochen, den es zu erhalten gelte. Dass dieser heute jedoch nur noch auf einigen wen igen Reliktflächen tatsächlich in Resten vorhanden und weiter rückläufig ist, wird gern unterschlagen, schreibt Bodo Schwarzberg...

Zu sehr müssten sie zugeben, dass auch bei uns der allgegenwärtige Artenrückgang schier gnadenlos ist und die bisher beschlossenen Maßnahmen kaum mal zu etwas taugten. Als Beleg können vergleichende Blicke in die Thüringer Roten Listen gefährdeter Arten oder noch besser in den Verbreitungsatlas der Farn- und Blütenpflanzen Thüringens dienen (Korsch et al, 2002), der den Vergleich für die Nachweisentwicklung für alle heimischen Gefäßpflanzenarten über viele Jahrzehnte enthält.

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Über Jahrzehnte hinweg, vor allem aber nach der Wende, setzte auch eine kaum gebremste Verbuschung oder aber landwirtschaftliche Intensivierung der einst recht ausgedehnten Trocken-und Halbtrockenrasen ein, der viele noch verbliebene Populationen seltener Arten zu neuen Opfern machte.

Heute gibt es im Gebiet kaum noch wirklich magere Trocken- und Halbtrockenrasen außerhalb steiler Hangpartien. Denn flache Bereiche neigen als erstes zur Verbuschung, sie werden aber auch als erstes intensiviert.

Gegenwärtig ist jedoch eine offenbar leicht positive Entwicklung feststellbar, da sich der Landschaftspflegeverband Südharz-Kyffhäuser darum bemüht, wenigstens zeitweise eine geeignete Bewirtschaftung auf solch wichtige Flächen zu bringen, leider jedoch nicht immer mit der artenschutzseitig besten Bewirtschaftungsform. Das jedoch ist ein Problem, dass seitens der Politik noch stärker anzupacken ist. Zum Beispiel ist die bisherige Förderung der Schaf-Hütehaltung nach wie vor unzureichend.

Der attraktive, seltene und in Thüringen stark gefährdete Kamm-Wachtelweizen (Melampyrum cristatum) wurde erst vor wenigen Jahren für den Landkreis wiederentdeckt. Er siedelt in trockenen, lichten Wäldern, an Gebüschrändern und in Halbtrockenrasen. Die von uns beim 92. Einsatz bewirtschaftete Fläche beherbergt ein großes Vorkommen mit Dutzenden Pflanzen. (Foto: Bodo Schwarzberg) Der attraktive, seltene und in Thüringen stark gefährdete Kamm-Wachtelweizen (Melampyrum cristatum) wurde erst vor wenigen Jahren für den Landkreis wiederentdeckt. Er siedelt in trockenen, lichten Wäldern, an Gebüschrändern und in Halbtrockenrasen. Die von uns beim 92. Einsatz bewirtschaftete Fläche beherbergt ein großes Vorkommen mit Dutzenden Pflanzen. (Foto: Bodo Schwarzberg)

Der attraktive, seltene und in Thüringen stark gefährdete Kamm-Wachtelweizen (Melampyrum cristatum) wurde erst vor wenigen Jahren für den Landkreis wiederentdeckt. Er siedelt in trockenen, lichten Wäldern, an Gebüschrändern und in Halbtrockenrasen. Die von uns beim 92. Einsatz bewirtschaftete Fläche beherbergt ein großes Vorkommen mit Dutzenden Pflanzen.

Dem BUND-Kreisverband gelang es mit Beginn des Jahres 2020 und eigentlich nach jahrelangen Bemühungen, eine solche, an wenig geneigten, mageren Bereichen besonders wertvolle Fläche im Naturschutzgebiet Alter Stolberg in die eigene Pflege übernehmen zu können. Wir kümmerten uns in Eigenregie um die notwendigen Kontakte zu Eigentümer und Pächter, erhielten jedoch auch von der Unteren Naturschutzbehörde eine Erlaubnis zur Durchführung von Entbuschungsmaßnahmen. Die Fläche ist relativ ausgedehnt und kann daher nur in mehreren Einsätzen entbuscht werden. Besonders erfreulich ist die Tatsache, dass hier auch längerfristig eine geeignete Folgepflege durch einen Landwirt möglich erscheint, so dass wir als ehrenamtliche Landschaftspfleger spätestens nach einigen Jahren wieder zurücktreten könnten.

Auf besagter Fläche und deren, teilweise teils von uns bereits gepflegten Randbereichen siedeln noch zahlreiche z.T. überregional bedeutsame Pflanzenarten, allen voran zahlreiche Angehörige der so genannten Bunten Erdflechtengesellschaft, von denen die meisten Arten hochgradig bedroht sind und im Gebiet des Südharzer Gipsgebiet mit die letzten Rückzugsorte haben. Sie heißen auf Deutsch einfach Platten-Schuppenkruste (Squamarina cartilaginea, stark gefährdet), Gewöhnliche Feuerflechte (Fulgensia fulgens, vom Aussterben bedroht), Blaugraue Blasenkruste (Toninia sedifolia, stark gefährdet) oder Rotschuppe (Psora decipiens, stark gefährdet) und Gips-Schorf (Psora saciczii, stark gefährdet), wobei letztere Art tatsächlich auf Gips als Unterlage spezialisiert ist. Sie alle haben im Gebiet um Nordhausen durch Gehölzentwicklung, fehlende oder ungeeignete Pflege z.T. beträchtliche Bestandseinbußen erlitten.

Auf unserer neuen „Wiese“ siedeln aber u.a. auch die seltenen und deutschlandweit stark gefährdeten Gefäßpflanzenarten Kamm-Wachtelweizen (Melampyrum cristatum), Zwerg-Steppenkresse (Hornungia petraea), Nadelröschen (Fumana procumbens) und mehrere Orchideenarten.

Es sieht so aus, als könnten all diese Raritäten nun für unser Gebiet erhalten werden. Sollte es hier zudem möglich sein, eine Hütehaltung mit Schafen zu etablieren, könnte dies durch Samentransport über die Weidetiere für eine heute oft unterbleibende Ausbreitung der teils isolierten Genotypen auf andere geeignete Flächen sorgen. Der Landschaftspflegeverband sollte genau diese Wiederetablierung der Hüteschäferei aus Artenschutzgründen ebenso seine ganze Kraft widmen, wie die Politik. Über Jahrhunderte prägten Schafe unsere Landschaft. Und es gab keine Probleme mit Artenschwund, Pestizidrückständen und Nitraten im Grundwasser.

Am vergangenen Sonnabend unternahmen acht Mitglieder und Freunde des BUND-Kreisverbandes einen ersten landschaftspflegerischen Einsatz auf der „neuen“ Fläche. Zwei Mitstreiter waren erstmals dabei, darunter ein siebzehnjähriger Schüler, der mit Engagement harkte und schleppte und sich für das Warum und Weshalb unseres Tuns interessierte.

Zwischen 9:30 und ca. 16 Uhr entfernten wir mittels Freischneidern zunächst vor allem kleinere Gebüsche. Sie wurden außerhalb der Fläche heckenartig abgelagert, um Tieren Unterschlupfmöglichkeiten zu schaffen. Ausdrücklich sollen jedoch zahlreiche größere Gebüschkomplexe sowie Einzelbüsche erhalten bleiben. In Zeiten des fortschreitenden Klimawandels erlangen sie eine zunehmend wichtige Funktion als Schattenspender und kleine Speicherzentren für Feuchtichkeit.

Unsere Mitstreiter waren trotz der z.T. schweren körperlichen Arbeit mit gewohnt großem Engagement dabei. Selbst der mittlerweile 80-jährige Alfred Hopp aus Kehmstedt hatte es sich nicht nehmen lassen, mit zu harken und, ebenso wie andere Mitwirkende leckeren Kaffee beizusteuern.
Bodo Schwarzberg
Autor: red

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