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Mi, 07:34 Uhr
03.08.2022
Bodo Schwarzberg zu fehlenden Naturschutzgebietsschildern

Erst Schilder aufstellen, dann abkassieren

Bildunterschrift:
Dieses gesetzlich vorgeschriebene Schild zur Kennzeichnung eines Naturschutzgebietes kann sich nicht im Landkreis Nordhausen befinden. Und zwar zum einen, weil es überhaupt existiert und zum zweiten, weil es dies in hoher Qualität und mit den notwendigen Informationen für die Pflichten der NSG-Besucher tut; NSG Porphyrkuppenlandschaft bei Gimritz im Saalekreis nördlich Halle (Saale) im März 2022. (Foto: Bodo Schwarzberg)


Vor kurzem berichtete die nnz, Vertreter des Landkreises Nordhausen hätten Autofahrer zur Kasse gebeten, weil sie die Baustelle an der Iberg-Talsperre durch das Naturschutzgebiet (NSG) Alter Stolberg umfahren hätten. Nur: Woher sollen die Autofahrer wissen, dass sie sich in einem NSG befinden und dass sie dieses verbotenerweise befahren?...


Gern weisen die Behörden uns Bürger darauf hin, wenn wir Fehler begehen, und schnell werden wir von den öffentlich Bediensteten dann auch zur Kasse gebeten. Viel zu selten aber wird aufgezeigt, wenn die Verantwortlichen selbst gegen gesetzliche Regeln oder politische Beschlüsse verstoßen. Das jedoch hört man, so meine Erfahrung, in den Amtsstuben eher weniger gern.

Vor mehreren Wochen schrieb ich als Mitglied des Vorstandes im BUND-Kreisverband Nordhausen zwei Beiträge über das Fehlen von wahrscheinlich mehreren Hundert NSG-Schildern im Landkreis, zu deren Aufstellung die Untere Naturschutzbehörden laut Landesnaturschutzgesetz verpflichtet ist. Hier und hier.

Die dafür notwendigen Mittel werden von der Oberen Naturschutzbehörde (in Thüringen das Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz TLUBN) bereitgestellt und müssen von den UNBs abgerufen, das heißt beantragt werden.
Dies geschah im Landkreis Nordhausen ganz im Gegensatz zu allen mir bekannten Nachbarkreisen ganz offensichtlich über viele Jahre hinweg nicht. Es gibt manche NSG, wie z.B. die NSG Hundegrube-Katzenschwanz, NSG Bromberg, NSG Winkelberg und NSG Harzfelder Holz, die der Bürger gar nicht kennen wird, da dort wahrscheinlich noch nie oder viel zu nachlässig das vorgeschriebene Abbild der Waldohreule an Bäume oder Pfähle genagelt wurde und weil er, wie andernorts normal, im Landkreis Nordhausen auch nicht auf die vorgeschriebenen Verhaltensregeln hingewiesen wird.

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Auch am gerade viel und illegal benutzten Kfz-Schleichweg von Steigerthal in Richtung Stempeda zur Umgehung der Iberg-Talsperrenbaustelle stehen weder das gesetzlich vorgeschriebene NSG-Schild, noch ein Sperrschild (Stand 15.08.). Dennoch wird auch von weniger im Naturschutz aktiven Autofahrern erwartet, dass sie vom Verbot der Befahrung wissen. Mit der Folge, dass sie mit der Erhebung einer Strafgebühr durch Kontrolleure des Landkreises rechnen müssen.

Hier sollte juristisch geprüft werden, ob der Landkreis Nordhausen auf Grund eigener Versäumnisse bei der Beschilderung berechtigt ist, unwissende Autolenker zur Kasse zu bitten.

Zudem kommt mir das Abkassieren ein wenig wie Aktionismus der gegenwärtigen Naturschutzverantwortlichen vor. Denn allzu Vieles liegt auf dem Gebiet des Naturschutzes im Argen und wird bisher nicht geahndet, da die Versäumenden die öffentlichen Strukturen unter dem grünen Umweltministerium selbst es sind, wie ich schon mehrfach berichtete.

Naturschutz geht so nicht
Ich selbst, der ich sehr oft zwecks Landschaftspflege oder Artbeobachtung in unseren NSG unterwegs bin, stoße recht oft auf Spaziergänger, die keine Kenntnis davon haben, dass sie sich in einem Naturschutzgebiet befinden. Das betrifft vor allem die neueren Naturschutzgebiete, die also erst nach der Wende ausgewiesen oder vergrößert wurden. Das ist oft genug ärgerlich für uns ehrenamtliche Artenschützer, die wir in jedem Jahr kaum noch zählbare Stunden damit verbringen, seltene, bedrohte Arten und Pflanzengesellschaften in unseren Schutzgebieten zu erhalten.

Dennoch können die betreffenden Personen auch nicht wissen, dass sie gegen Naturschutzrecht verstoßen, wenn sie unbewusst beispielsweise Pflanzen und Tiere stören, schädigen, oder wenn sie die Wege verlassen.
Auch drohen mangels Beschilderung Schäden durch die Landwirtschaft, etwa dann, wenn, wie im NSG Sattelköpfe schon geschehen, Halbtrockenrasen randlich umgepflügt werden. Ein am Rand aufgestelltes Schild hätte das vielleicht verhindern können.

Durch die flächendeckende Unterlassung der vorgeschriebenen Beschilderung behindert der Landkreis selbst die Wirksamkeit des Landesnaturschutzgesetzes und sollte erst nach Abstellung der eigenen Fehler Forderungen, wie jene an der Umgehung der Baustelle Iberg-Talsperre erheben.

Eigene Recherchen haben immerhin ergeben, dass seitens der UNB mittlerweile einige Schilder geordert worden sein sollen. Da aber die Landesmittel auch hierfür begrenzt sind, können mit einer Bestellung nicht die fehlenden nach Hunderten zählenden Schilder bestellt werden. Über Jahre könnten demnach, so die logische Schlussfolgerung, nur kleine Mengen in den Landkreis geliefert werden, bis vielleicht in 20 Jahren die NSG ebenso ausgeschildert sind, wie östlich von uns in Schutzgebieten des Landkreises Mansfeld-Südharz oder im Kyffhäuserkreis seit langem selbstverständlich.
Hier rächt sich nun ein weiteres Mal, was seitens der UNB über Jahre hinweg versäumt wurde. Daher dürften die ersten nun möglicherweise zu erwartenden Schilder draußen zunächst nur wenigen Zeitgenossen auffallen und unsere NSG optisch und aus unverschuldeter Unwissenheit der Bürger heraus weiterhin teilweise schutzlos sein. Vielleicht kann die Untere Naturschutzbehörde weitere Geldquellen anzapfen, um das Tempo der Ausschilderung zu erhöhen.

Aufforderung an die Karstwanderwegsvereine
Anfang September findet laut nnz ein Treffen jener Aktiver statt, die sich aktiv um die Erhaltung und Förderung des zertifizierten "Qualitätsweges Wanderbares Deutschland", Karstwanderweg, verdient machen.

Dieses Engagement kann nicht hoch genug bewertet werden. Ich bin wegen oft zu geringem staatlichen Engagements im Naturschutz, notgedrungen selbst viele Stunden pro Woche Ehrenamtler und weiß, was das bedeutet.

Ich schrieb an den im nnz-Beitrag genannten Ansprechpartner für das "15. Südharz-Symposium" und bat ihn, das Thema der gesetzwidrig fehlenden oder stark beschädigten NSG-Schilder bei der geplanten Veranstaltung zu thematisieren und den Landkreis Nordhausen aufzufordern, dieses chronische Problem schnellstmöglich zu beheben.
Denn immerhin haben ja die Macher des Karstwanderweges als Hüter ihres Qualiätsweges auch einen besonders hohen Qualitätsanspruch:

„Der Karstwanderweg berührt geschützte Natur- und Kulturdenkmale und quert Naturschutzgebiete. Er soll über die ökologischen Zusammenhänge in der Natur des Südharzes aufklären. Bitte beachten Sie die Verhaltensregeln in Schutzgebieten, besonders das Wegegebot“, heißt es zum Beispiel auf der Seite www.karstwanderweg.de.

Um diese von den Karstwanderwegshütern selbst geforderten Verhaltensregeln jedoch einzuhalten, wäre es nur logisch und konsequent, wenn diese sich auch für die Kennzeichung der Naturschutzgebiete entlang des Qualitätsweges beim Landkreis stark machen würden.
Schließlich profitiert der Qualitätsweg in erster Linie von der Qualität der passierten Schutzgebiete und er wirbt mit ihnen.

Von daher wäre zu hoffen, dass dieses Thema entgegen einer ersten Ablehnung zur Sprache kommt und der Landkreis Nordhausen zum Handeln aufgefordert wird.
In einer Antwort seitens des Ansprechpartners vom 15. Südharz-Symposium wurde ich gebeten, mich mit meinem Anliegen an die Untere Naturschutzbehörde Nordhausen zu wenden, was ich hiermit erneut und öffentlich tue. - Dennoch, so möchte ich den Karstwanderwegsmachern zu bedenken geben, tragen auch sie auf Grund des Anspruchs „Qualitätsweg sein zu wollen“, Verantwortung dafür, dass das, was den Karstwanderweg ausmacht, in hoher Qualität erhalten bleibt.

Die Verantwortung auf andere zu übertragen ist in Deutschland leider ein in der Endkonsequenz zerstörerisches Mittel dafür geworden, um als Institution oder Einzelperson nicht selbst aktiv werden zu müssen.
Aber immerhin: Das Problem der im Landkreis Nordhausen weithin fehlenden Naturschutzschilder gerät nicht in Vergessenheit, wofür wir vom BUND-Kreiverband auch weiterhin sorgen werden.
Bodo Schwarzberg, Vorstandsmitglied des BUND-Kreisverbandes Nordhausen
Autor: red

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