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Fr, 09:00 Uhr
08.10.2021
Lichtblick zum Wochenende

Gegenwart

„Die Nähe eines Menschen kann gesund machen, kann krank machen, kann tot und lebendig machen.“ Dieser Satz wurde sinngemäß von Wilhelm Willms gesagt, einem Geistlichen der sich für die Verständigung zwischen Katholiken und Protestanten eingesetzt hat und dazu vor allem Musik benutzt hat, indem er Liedtexte verfasste. Diese Worte hält auch Pfarrer Martin Weber im Lichtblick für wirklich wichtig...

Wichtig, weil ich sie sich in meiner Erfahrungswelt wirklich bewahrheitet haben. Sowohl die Nähe als auch die Abwesenheit eines Menschen sind nicht egal, sie können wunderbare und katastrophale Folgen haben. Eines Menschen? Irgendeines Menschen? NEIN! Das ist zu wenig. Sondern Du und ich sind konkret gemeint.

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Und sicherlich hast Du das auch schon auf die eine oder andere Weise in deinem Leben erlebt. Wenn dich deine Oma drückt oder gedrückt hat, weil schon deine bloße Gegenwart die Knie etwas stärker, den Rücken etwas schmerzfreier, die Augen etwas heller gemacht hat. Ohne viel zu sagen, einfach nur weil du da bist. Oder wenn Du dein Kind oder Enkel vom Kindergarten abholst. Dann geht die Sonne auf. Hoffentlich nicht weil der Kindergarten so schrecklich ist, sondern weil Du da bist. Das kann deine Gegenwart.

Sie ist eine mächtige Sache, obwohl du zerbrechlich bist und dich vielleicht manchmal unbedeutend fühlst. Es gibt Situationen da löst deine Anwesenheit auch das Gegenteil aus, ich kenne das auch von mir und meinem Leben. Wenn es Streit gab, wenn irgendwas ungeklärt in der Ecke lauert, dann kann die Gegenwart krank machen, den Blick eintrüben, sich wie ein dicker und ekliger Teppich über alles andere legen.

Unsere Gegenwart ist nicht egal. Sie ist immer Chance, sie ist immer Verantwortung. Als Christ sehe ich unsere Bedeutsamkeit zusätzlich noch in einem größeren Horizont: Gott stellt uns in Situationen hinein, manchmal fühlen wir uns vielleicht auch hinein getrieben, und wir haben die Freiheit und gleichzeitig auch die Verantwortung, wie wir auf einander eingehen. Beleben oder zugrunde richten, heilen oder krank machen.

Nicht immer ist für mich klar, welche Reaktion ich mit welcher Handlung auslöse. Besonders wenn die Umstände schwierig war. Das letzte Aufeinandertreffen war vielleicht verheerend? Es wurde etwas verpasst, was wichtig gewesen wäre? Ein gutes Wort, eine Entschuldigung, ein „Du bist mir wichtig“
Unsere Gegenwart kann entscheidend sein. Mit Worten oder ohne Worte. Aktiv oder passiv. Alles nicht so einfach.

Und wenn es darum geht, dass man sich gegenseitig verletzt hat, dann wird’s richtig kompliziert. Ich weiß dann manchmal nicht, was ich machen soll und was richtig ist und falsch ist. In den anderen hinein sehen, das ist mir nicht gegeben. Wenn Jesus Menschen geholfen hat, egal ob durch Heilung oder durch Rettung aus einer schwierigen Situation dann hat er erst einmal gefragt.

„Was soll ich für dich tun“, fragt er den Gehbehinderten am Teich Bethesda. „Was ist hier geschehen?“, fragt er als eine wütende Menge, die eine Frau steinigen will. „Willst du, dass sich etwas ändert, willst du gesund werden?“fragt er mehrmals in ganz unterschiedlichen Schilderungen in den Evangelien. Und dann tritt er ein. Für den Schwächeren. Für den der es braucht. Für den der es will.

Das gibt mir den Mut selbst zu fragen: „Was erwartest du von mir?“ Mit dieser Frage wirst du und ich herausfinden was los ist. Ist meine Gegenwart heilsam oder macht sie krank, macht sie lebendig oder vernichtet sie.

Und dann erlebe ich vielleicht das Wunder: Ich bin wichtig, jetzt in diesem Moment. Vielleicht auch indem ich mich für eine Zeit zurückziehe. Und das kann schwer sein und auch hart. Aber auch damit kann man manchmal jemanden zur Heilung verhelfen.

Deine Nähe oder Abwesenheit ist nicht egal. Sie hat Bedeutung. Sie ist mächtig. Genauso wie die Gegenwart, dessen der dir Nahe sein will und dir seine Hand hinhält. Die Hand mit den Nagelwunden, die Hand des Zimmermanns aus Galiläa. Die Hand des lebendigen Gottes. Denn auch ihm ist deine Gegenwart nicht egal. Da bin ich mir sicher.
Pfarrer Martin Weber, Allstedt
Autor: red

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