Die Kirche St. Johannis in Ellrich hat schon Vieles durchgemacht - Brände, Plünderungen, Kriege, einen folgenschweren Blitzeinschlag - und doch steht sie noch, wenn auch ohne Türme. In der Stadt hat man sich dafür stark gemacht, dass die Kirche Zukunft hat und ein Stück ihres alten Glanzes zurückgewinnt. Einen ersten Etappenerfolg konnte man heute groß feiern…


Eine feste Burg ist unser Gott, weiß der Protestant seit Luther und fest gefügt sind auch die Mauern der Johannis-Kirche in Ellrich. Das Gotteshaus hat in über 1.000 Jahren viel durchgemacht, verheerende Brände und Blitzeinschläge, Pestilenz, Plünderungen und Krieg sind über die Kirche hinweg gegangen und doch steht sie noch. Den wohl größten Schaden der jüngeren Vergangenheit hat die schlichte Vernachlässigung in den DDR-Jahren hinterlassen.

Die einst stolzen Glockentürme sind seitdem verschwunden und das Ellricher Stadtzentrum liegt still da. Dass sich das einmal wieder ändern könnte, das schien für viele unwahrscheinlich bis unmöglich. Nicht aber so für die Ellricher. Den Lohn der Mühen empfing man vor zwei Jahren aus der Hand des Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow: eine satte Summe Fördermittel zur Neugestaltung des uralten Gemäuers.

Heute nun war Ramelow wieder in Ellrich zu Gast und mit ihm viele, die das Unterfangen mit Rat und Tat begleitet und unterstützt haben. Eine „Netzwerkkirche“ soll St. Johannis in Zukunft sein, erklärt der Vorsitzende des Ellricher Kirchenbauvereins, Martin Bischoff, zwischen vielen Danksagungen. Das bedeutet nichts anderes, als dass man das Gotteshaus nicht länger allein sakral, sondern auch weltlich nutzen will. Zu diesem Zwecke wurde die Kirche mit reichlich Technik aufgerüstet, außerdem wurde der Boden einer Generalüberholung unterzogen, eine Heizung eingebaut und eine kleine Küche sowie sanitäre Anlagen im Haus untergebracht.


„Hörst du, hier tanzt es“ - so wurden die Atmosphäre, die Energie der alten Kirche von Pfarrer Jochen Lenz einmal beschrieben und da, so der Pfarrer, sei etwas dran. Die Kirche bringe Bewegung und Kreativität, hin zu einem Ort, der Gemeinschaft, Freude, Freiheit und Frieden symbolisiere und an dem man „erinnern, vergewissern, träumen und aufbrechen“ könne. Der neue Weg für die alte Kirche zeige, dass man Zukunft selber fassen müsse und die Vergangenheit nicht nur vergangen, sondern auch Herausforderung sei. Und man wird auch ganz praktisch und weltlich tanzen, einen großen Ballabend für alle Ellricher Bürger solle es geben, wenn möglich jedes Jahr.

Viel Symbolik sieht auch Ministerpräsident Ramelow. Ellrich und „Johannis“ fänden sich in seinem Büro dreimal wieder, erzählt er, unter anderem in Form eines Modells, dem die fehlenden Türme angefügt werden können. „Wenn ich Besucher habe, erkläre ich an dem Modell, wie man sich Thüringen und seine Menschen vorstellen muss. Wir sind ein altes, starkes Zentrum, aber das ist uns nicht immer klar, weil die Türme fehlen und ein Mauerstück eingebrochen ist“, sagte Ramelow. Und auch wenn heute weite Teile der Bevölkerung mit der Kirche nicht viel zu tun hätten, so würden doch viele die Ärmel hochkrempeln, wenn es um den Erhalt des Erbes gehe.


Auch er habe erst nicht geglaubt, dass sich in St. Johannis etwas ändern könne. Das habe sich erst geändert, als er gemerkt habe, dass es nicht nur der Pfarrer oder der Bürgermeister sind, die sich für die Kirche stark machen, sondern die Bürger selbst. „Glaube kann Berge versetzen, heißt es. Und das ist hier passiert, der Glaube hat Berge versetzt, der Glaube daran, dass es klappen kann. Es wächst neue Kraft aus diesem alten Gemäuer und die Glocken werden wieder zu hören sein.“

Dafür braucht es freilich mehr, als einen neuen Fußboden und einen Portikus in modernem Schick, dafür braucht es die Glockentürme. Und da spielt der Denkmalschutz eigentlich nicht mit. Die Ellricher aber haben einen Kompromiss gefunden, bis 2024, so die Hoffnung, sollen die Türme in Anlehnung an die historische Bausubstanz neu erstehen.


Aus der Hoffnung wurde heute anlässlich des frohen Tages schließlich Gewissheit, denn der zweite Beigeordnete des Landkreises hatte ein Geschenk mitgebracht - die Baugenehmigung für die Türme. Es kann also weitergehen in der Johanniskirche und ehe die Glocken wieder klingen, wird man sicher das eine oder andere Mal getanzt haben.
Angelo Glashagel