Do, 14:30 Uhr
08.05.2025
Einwohnerversammlung Harztor
Viele Fragen zur Windkraft im Wald
In Niedersachswerfen lud die Gemeinde Harztor gestern zur jährlichen Einwohnerversammlung. Viele waren gekommen, auch weil das Thema Windkraft im Wald mit auf der Agenda stehen sollte. Bürgermeister Stephan Klante will eine breite und auf Fakten basierte Diskussion und eine Bürgerbefragung…
Drei Großthemen bewegten die Menschen in Harztor in den letzten Monaten: die Zukunft der drei Freibäder im Ort, die Schließung des Kindergartens in Herrmannsacker und seit ein paar Wochen auch der mögliche Bau von Windkraftanlagen an der Landesgrenze im Naturpark Südharz.
Bürgermeister Stephan Klante gab zunächst eine knappe Übersicht über die Lage des Gemeindeverbunds. Die größten Kostenpunkte waren demnach die Kreis- und Schulumlage, der Betrieb der Kindertagesstätten, allgemeine Kostensteigerungen und der Unterhalt der Straßen.
Die Freibäder belasten den Haushalt inzwischen mit über einer halben Million Euro, größtes Problem sei aber weiterhin der Personalmangel, führte der Bürgermeister aus. Ausgebildete Fachkräfte für die Absicherung des Betriebes sind schwer zu finden, in der neuen Saison werden die drei Freibäder deswegen gestaffelt öffnen.
Den Anfang macht Niedersachswerfen am 15. Mai, Neustadt und Ilfeld folgen am 01. Juni. In den kommenden Jahren soll dieses System in Rotation angewandt werden. Außerdem werden die Eintrittspreise angehoben, die Tageskarte soll künftig fünf Euro kosten, gilt dann aber auch für alle Bäder.
Der Schuldenstand der Gemeinde ist seit 2014 von rund 6,1 Millionen Euro auf 4,3 Millionen Euro gesunken, man wandele weiter stetig auf dem Pfad der Konsolidierung, so Klante, Kreditaufnahmen waren und sind nicht nötig.
Sorge bereitet die demographische Entwicklung. Laut Prognose wird Harztor in den kommenden Jahren zwar zu den stabilsten Gemeinden des Kreises gehören, dass heißt aber nur, dass man weniger Einwohner verlieren wird, als andere Orte. Die Demoskopen rechnen für Harztor mit einem Rückgang von 14 Prozent bis 2040, im Rest der Region wird in einigen Kommunen mit Verlusten von 20 bis 25 Prozent gerechnet. Weniger Einwohner bedeuten auch weniger Geld im Gemeindesäckel und das bei steigenden Kosten pro Kopf. Einsparpotentiale gebe es keine mehr, man habe bereits alle Hebel in Bewegung gesetzt, ohne an die Substanz zu gehen, erklärt der Bürgermeister.
Die Gretchenfrage
Und damit kam man zur Gretchenfrage des Abends und dem Grund, warum die Stühle im Saal knapp wurden: die Planungen für mehrere Windkraftanlagen im Naturpark am Rande des Landkreises und der Gemeinde.
Eine erste Informationsveranstaltung von Seiten des Planungsbüros gab es vor wenigen Wochen, seitdem regt sich Widerstand. In Neustadt haben ein paar junge Damen eine Bürgerinitiative gegründet und sind dabei Unterschriften und Argumente zu sammeln. 30 Seiten haben wir schon, aber da kommt noch mehr, sagt Mitbegründerin Josephine Schröter-Gast am Rande der Veranstaltung.
Die Bürgerinitative sammelt bereits Argumente und Unterschriften gegen die Pläne (Foto: agl)
Den Informationen der Gemeinde zu Folge stehen aktuell noch 15 Anlagen mit einer Leistung von rund 7,2 Megawatt auf dem Papier. Die letzten drei Worte sind der Knackpunkt an der Sache - bisher gibt es nur die Wünsche und Vorstellungen des privaten Grundeigentümers und die Präsentation der Planer.
Die Gemeinde Harztor hat als Anrainer dazu Stellung zu nehmen, ist selber nicht Bauherr, würde aber laut Gesetz je produzierter Kilowattstunde 0,2 Cent bekommen. In Anbetracht der zu erwartenden Herausforderungen der nächsten Jahre sicher ein Argument, dass in der Verwaltung auf offen Ohren stößt, aber auch eine vage Zahl unter der man sich in Summe nicht viel vorstellen kann. Und so ist es mit vielen Punkten. Was bringt es wirklich für den Geldbeutel? Muss Wald weichen und wenn ja wie viel? Wer ist eigentlich der ominöse Eigentümer? Wie hoch würden die Windräder werden? Warum hat man Stellen wie die Wasser- und Naturschutzbehörden noch nicht zu der Sache gehört? Wie ist die Rechtslage zum Grundbesitz? Warum werden die Pläne überhaupt in Erwägung gezogen, wenn das Areal nicht zu den Vorranggebieten in der Region gehört?
Während sich vereinzelte Stimmen offen gegenüber dem Projekt zeigen, sehen andere ein Vielzahl an Problemen. Der einstige Oberförster Arndt Petsch weist etwa darauf hin, dass es sich bei dem Baufeld um ein hochsensibles Gebiet handele und fragt, ob die Erhaltung dieser landschaftlichen Perle nicht die höhere Pflicht sei. Für einen andere Anwohner sind die Windkraft und Klimawandel nichts als Ideologie, für die nun Wald geopfert werden soll.
Viele Fragen kann auch der Bürgermeister nicht beantworten. Da noch gar nicht klar ist, ob überhaupt gebaut werden kann, bleibt einiges offen, etwa wie ein Rückbau vonstatten gehen würde. Klante verspricht aber, alle Unterlagen, die der Gemeinde vorliegen, im Internet zur Verfügung zu stellen. Ehe der Gemeinderat eine Entscheidung fällt, soll die Bürgerschaft befragt werden und das auf möglichst sachlicher und neutraler Basis.
An der bisherigen Informationspolitik der Gemeinde kommt im Publikum derweil auch Kritik auf, einzelne Gemeinderatsmitglieder würden sich von der Aussicht auf Einnahmen locken lassen und haben bisher nicht offen informiert, meinte etwa Nils Neu, die Türen hätten in Harztor für so ein Vorhaben offener gestanden als anderswo. Zudem sei es am Bürgermeister, in der Sache die Richtung vorzugeben.
Der sieht den mündigen Bürger in der Pflicht, die vorhandenen Quellen eigenständig zu nutzen und sich ein eigenes, fundiertes Bild zu machen, ehe man über Für und Wider spricht. Der Gemeinde stehen in den kommenden Wochen sicher noch einige Debatten bevor. Harztor könnte zeigen, wie demokratische Bürgerbeteiligung aussehen kann und wie man untereinander sachlich diskutiert. Wenn sich alle an Vernunft und Fakten halten und alle Informationen auf dem Tisch liegen.
Angelo Glashagel
Autor: redDrei Großthemen bewegten die Menschen in Harztor in den letzten Monaten: die Zukunft der drei Freibäder im Ort, die Schließung des Kindergartens in Herrmannsacker und seit ein paar Wochen auch der mögliche Bau von Windkraftanlagen an der Landesgrenze im Naturpark Südharz.
Bürgermeister Stephan Klante gab zunächst eine knappe Übersicht über die Lage des Gemeindeverbunds. Die größten Kostenpunkte waren demnach die Kreis- und Schulumlage, der Betrieb der Kindertagesstätten, allgemeine Kostensteigerungen und der Unterhalt der Straßen.
Die Freibäder belasten den Haushalt inzwischen mit über einer halben Million Euro, größtes Problem sei aber weiterhin der Personalmangel, führte der Bürgermeister aus. Ausgebildete Fachkräfte für die Absicherung des Betriebes sind schwer zu finden, in der neuen Saison werden die drei Freibäder deswegen gestaffelt öffnen.
Den Anfang macht Niedersachswerfen am 15. Mai, Neustadt und Ilfeld folgen am 01. Juni. In den kommenden Jahren soll dieses System in Rotation angewandt werden. Außerdem werden die Eintrittspreise angehoben, die Tageskarte soll künftig fünf Euro kosten, gilt dann aber auch für alle Bäder.
Der Schuldenstand der Gemeinde ist seit 2014 von rund 6,1 Millionen Euro auf 4,3 Millionen Euro gesunken, man wandele weiter stetig auf dem Pfad der Konsolidierung, so Klante, Kreditaufnahmen waren und sind nicht nötig.
Sorge bereitet die demographische Entwicklung. Laut Prognose wird Harztor in den kommenden Jahren zwar zu den stabilsten Gemeinden des Kreises gehören, dass heißt aber nur, dass man weniger Einwohner verlieren wird, als andere Orte. Die Demoskopen rechnen für Harztor mit einem Rückgang von 14 Prozent bis 2040, im Rest der Region wird in einigen Kommunen mit Verlusten von 20 bis 25 Prozent gerechnet. Weniger Einwohner bedeuten auch weniger Geld im Gemeindesäckel und das bei steigenden Kosten pro Kopf. Einsparpotentiale gebe es keine mehr, man habe bereits alle Hebel in Bewegung gesetzt, ohne an die Substanz zu gehen, erklärt der Bürgermeister.
Die Gretchenfrage
Und damit kam man zur Gretchenfrage des Abends und dem Grund, warum die Stühle im Saal knapp wurden: die Planungen für mehrere Windkraftanlagen im Naturpark am Rande des Landkreises und der Gemeinde.
Eine erste Informationsveranstaltung von Seiten des Planungsbüros gab es vor wenigen Wochen, seitdem regt sich Widerstand. In Neustadt haben ein paar junge Damen eine Bürgerinitiative gegründet und sind dabei Unterschriften und Argumente zu sammeln. 30 Seiten haben wir schon, aber da kommt noch mehr, sagt Mitbegründerin Josephine Schröter-Gast am Rande der Veranstaltung.

Die Gemeinde Harztor hat als Anrainer dazu Stellung zu nehmen, ist selber nicht Bauherr, würde aber laut Gesetz je produzierter Kilowattstunde 0,2 Cent bekommen. In Anbetracht der zu erwartenden Herausforderungen der nächsten Jahre sicher ein Argument, dass in der Verwaltung auf offen Ohren stößt, aber auch eine vage Zahl unter der man sich in Summe nicht viel vorstellen kann. Und so ist es mit vielen Punkten. Was bringt es wirklich für den Geldbeutel? Muss Wald weichen und wenn ja wie viel? Wer ist eigentlich der ominöse Eigentümer? Wie hoch würden die Windräder werden? Warum hat man Stellen wie die Wasser- und Naturschutzbehörden noch nicht zu der Sache gehört? Wie ist die Rechtslage zum Grundbesitz? Warum werden die Pläne überhaupt in Erwägung gezogen, wenn das Areal nicht zu den Vorranggebieten in der Region gehört?
Während sich vereinzelte Stimmen offen gegenüber dem Projekt zeigen, sehen andere ein Vielzahl an Problemen. Der einstige Oberförster Arndt Petsch weist etwa darauf hin, dass es sich bei dem Baufeld um ein hochsensibles Gebiet handele und fragt, ob die Erhaltung dieser landschaftlichen Perle nicht die höhere Pflicht sei. Für einen andere Anwohner sind die Windkraft und Klimawandel nichts als Ideologie, für die nun Wald geopfert werden soll.
Viele Fragen kann auch der Bürgermeister nicht beantworten. Da noch gar nicht klar ist, ob überhaupt gebaut werden kann, bleibt einiges offen, etwa wie ein Rückbau vonstatten gehen würde. Klante verspricht aber, alle Unterlagen, die der Gemeinde vorliegen, im Internet zur Verfügung zu stellen. Ehe der Gemeinderat eine Entscheidung fällt, soll die Bürgerschaft befragt werden und das auf möglichst sachlicher und neutraler Basis.
An der bisherigen Informationspolitik der Gemeinde kommt im Publikum derweil auch Kritik auf, einzelne Gemeinderatsmitglieder würden sich von der Aussicht auf Einnahmen locken lassen und haben bisher nicht offen informiert, meinte etwa Nils Neu, die Türen hätten in Harztor für so ein Vorhaben offener gestanden als anderswo. Zudem sei es am Bürgermeister, in der Sache die Richtung vorzugeben.
Der sieht den mündigen Bürger in der Pflicht, die vorhandenen Quellen eigenständig zu nutzen und sich ein eigenes, fundiertes Bild zu machen, ehe man über Für und Wider spricht. Der Gemeinde stehen in den kommenden Wochen sicher noch einige Debatten bevor. Harztor könnte zeigen, wie demokratische Bürgerbeteiligung aussehen kann und wie man untereinander sachlich diskutiert. Wenn sich alle an Vernunft und Fakten halten und alle Informationen auf dem Tisch liegen.
Angelo Glashagel