Mo, 18:20 Uhr
03.03.2025
Eine Verweigerung der Rundfunkgebühren in Nordhausen
Wenn die Vollstreckerin kommt
Monatlich 18,36 Euro hat jeder deutsche Haushalt oder gewerblich ein Rundfunkempfangsgerät Nutzende an die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) zu zahlen. Ob er den Service nutzt oder nicht. nnz begleitete in Nordhausen einen Verweigerer bei seiner Begegnung mit den Vollstreckungsbeamten …
Eine Gebühr für die Nutzung dieser Dienstleistung zu erheben ist keine Erfindung der Bundesrepublik. Schon mit dem Aufkommen des Rundfunks Anfang der Zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts beschloss der Staat eine fernmelderechtliche Verwaltungsgebühr. Sie wurde von der Reichspost eingesammelt und betrug 2 Reichsmark monatlich.
Nach Einführung des Fernsehens im Jahr 1954 schlug die junge Bundesrepublik eine Fernsehgebühr in Höhe von monatlich 5 DM oben drauf. Erstmals erhöht wurde die Grundgebühr 1970 (um 50 Pfennige), letztmalig 2021. Inzwischen stehen monatlich 18,36 Euro für die Empfänger öffentlich-rechtlicher Programme zu Buche und auch für jede, die sie nicht nutzen. Das spült diesem Rundfunk (ARD, ZDF, Deutschlandfunk) jährlich über 8 Milliarden Euro in die Kassen. Nicht genug, sagen die Intendanten der Deutschen Rundfunkanstalten und verlangen von der Politik weitere Erhöhungen zur Finanzierung ihrer Programme.
Mehr als genug, sagen dagegen viele der aktuellen Nutzer und immer offener auch diejenigen, die den Service überhaupt nicht wollen. Unter diesen Zeitgenossen regt sich Widerstand gegen eine ungefragt verlangte und als Zwang empfundene Abgabe. Mehr als drei Millionen Haushalte sollen es sein, die nicht mehr zahlen wollen oder Zahlungen aussetzen. In Zeiten der Streaming-Dienste und Mediatheken, der youtube-Kanäle und social media-Plattformen scheint ihnen der gute alte Rundfunkbeitrag etwas aus der Zeit gefallen, zu überteuert und das Programm zu unausgewogen.
Auch der Nordhäuser Axel S. sieht es nicht mehr ein, für ein Angebot zahlen zu sollen, das er nicht braucht. Ich sehe schon seit zehn Jahren kein Fernsehen mehr, argumentiert er und fügt an, für Radiohören durchaus einen Beitrag entrichten zu wollen. Allerdings dann einen niedrigeren. Diese mangelnde Flexibilität und Sturheit der Geldeintreiber stört ihn. Die Gesetzgebung muss dringend überarbeitet werden, sie ist nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Axel S. empört sich auch über die gigantische bürokratische Maschinerie, die in Gang gesetzt wird, wenn er seine Zahlung aussetzt.
Laut einem Staatsvertrag sind die Sender und die GEZ berechtigt, von den Heimatstädten bzw. Verwaltungseinheiten der Säumigen Amtshilfe bei der Eintreibung der Gebühren zu verlangen. So hatte S. von der Stadt Nordhausen inzwischen eine Zahlungsaufforderung und Ankündigung der Durchsuchung erhalten und ihm wurde für heute eine letzte Frist gesetzt sowie der Besuch eines Vollstreckungsbeamten angedroht. Im offiziellen Schreiben der Stadt Nordhausen zu diesem Fall heißt es recht martialisch:
Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass ich nach Einholung einer richterlichen Durchsuchungsanordnung §( 758a ZPO), welche ich nach Ablauf der vorgenannten Frist beantragen werde, berechtigt und verpflichtet bin, auch im Falle Ihrer Abwesenheit nach gewaltsamer Türöffnung unter Heranziehung von Zeugen, den Vollstreckungsauftrag auszuführen. Die dadurch entstehenden Kosten gehen zu Ihren Lasten.
Und weiter unten im Text:
Außerdem wird nach Ablauf der vorbezeichneten Frist wegen einer ggf. bestehenden Bußgeldforderung ein Antrag auf Anordnung von Erzwingungshaft nach §96 OWiG und bezüglich aller anderen Forderungen ein Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft nach § 41 ThürVwZVG gestellt.§
Heißt im Klartext, dass der Gebührenverweigerer mit einer Gefängnisstrafe zu rechnen hat, sollte er eine Durchsuchung seiner Wohnung verweigern wollen. Ein durchaus nicht nur theoretischer Fall, wie deutschlandweit mehrere Inhaftierungen aus diesem Grund in den letzten Jahren belegen.
Von der pünktlich erschienenen Vollstreckerin in städtischer Uniform erfuhren Axel S. und die nnz, dass im Falle seiner Weigerung erst sein bewegliches Gut geprüft, dann beschlagnahmt und zu einer Auktion verbracht würde, um die Erlöse aus seiner Habe dann der GEZ zuzuführen. Es sei jedoch auch eine Ratenzahlung möglich, deren Konditionen sofort ausgehandelt werden könnten, wenn er nicht zahlen könne.
Mit ausstehenden GEZ-Beiträgen ist die Vollziehungsbeamtin im Monat gut dreißig Mal beschäftigt; bei Leuten wie S., aber beispielsweise auch bei Bürgergeldempfängern, die eigentlich befreit sind vom Rundfunkbeitrag und nur eine Bescheinigung ausfüllen müssten.
Heute nun, so viel sei verraten, kam es nicht zum Äußersten. Und auch wenn die Beamte weder den angebotenen Kaffee noch die leckeren Kekse im Hause S. annehmen wollte, endete die Vollstreckung friedlich. Er habe einfach auf den Sachverhalt aufmerksam machen und zum Nachdenken anregen wollen, begründete Axel S. seine Aktion. Ich würde gerne die Hälfte des Beitrags bezahlen für die Radionutzung und ich denke, das muss im Zeitalter digitaler Medien möglich sein, so viel Toleranz an den Tag zu legen. Ein Grundbeitrag ist okay, aber die Mitfinanzierung von vielen Programm, die ich weder will noch mir anschauen werde, halte ich für ungerecht.
Schließlich wechselten dann doch noch 240 Euro den Besitzer, wobei die neue Besitzerin den Betrag rückstandslos an den Mitteldeutschen Rundfunk weitergeben wird. Was der damit veranstaltet können Sie sich täglich in ihrem Televisonsapparat ansehen. Oder eben auch nicht; so wie Axel S.
Olaf Schulze
Autor: oschEine Gebühr für die Nutzung dieser Dienstleistung zu erheben ist keine Erfindung der Bundesrepublik. Schon mit dem Aufkommen des Rundfunks Anfang der Zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts beschloss der Staat eine fernmelderechtliche Verwaltungsgebühr. Sie wurde von der Reichspost eingesammelt und betrug 2 Reichsmark monatlich.
Nach Einführung des Fernsehens im Jahr 1954 schlug die junge Bundesrepublik eine Fernsehgebühr in Höhe von monatlich 5 DM oben drauf. Erstmals erhöht wurde die Grundgebühr 1970 (um 50 Pfennige), letztmalig 2021. Inzwischen stehen monatlich 18,36 Euro für die Empfänger öffentlich-rechtlicher Programme zu Buche und auch für jede, die sie nicht nutzen. Das spült diesem Rundfunk (ARD, ZDF, Deutschlandfunk) jährlich über 8 Milliarden Euro in die Kassen. Nicht genug, sagen die Intendanten der Deutschen Rundfunkanstalten und verlangen von der Politik weitere Erhöhungen zur Finanzierung ihrer Programme.
Mehr als genug, sagen dagegen viele der aktuellen Nutzer und immer offener auch diejenigen, die den Service überhaupt nicht wollen. Unter diesen Zeitgenossen regt sich Widerstand gegen eine ungefragt verlangte und als Zwang empfundene Abgabe. Mehr als drei Millionen Haushalte sollen es sein, die nicht mehr zahlen wollen oder Zahlungen aussetzen. In Zeiten der Streaming-Dienste und Mediatheken, der youtube-Kanäle und social media-Plattformen scheint ihnen der gute alte Rundfunkbeitrag etwas aus der Zeit gefallen, zu überteuert und das Programm zu unausgewogen.
Auch der Nordhäuser Axel S. sieht es nicht mehr ein, für ein Angebot zahlen zu sollen, das er nicht braucht. Ich sehe schon seit zehn Jahren kein Fernsehen mehr, argumentiert er und fügt an, für Radiohören durchaus einen Beitrag entrichten zu wollen. Allerdings dann einen niedrigeren. Diese mangelnde Flexibilität und Sturheit der Geldeintreiber stört ihn. Die Gesetzgebung muss dringend überarbeitet werden, sie ist nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Axel S. empört sich auch über die gigantische bürokratische Maschinerie, die in Gang gesetzt wird, wenn er seine Zahlung aussetzt.
Laut einem Staatsvertrag sind die Sender und die GEZ berechtigt, von den Heimatstädten bzw. Verwaltungseinheiten der Säumigen Amtshilfe bei der Eintreibung der Gebühren zu verlangen. So hatte S. von der Stadt Nordhausen inzwischen eine Zahlungsaufforderung und Ankündigung der Durchsuchung erhalten und ihm wurde für heute eine letzte Frist gesetzt sowie der Besuch eines Vollstreckungsbeamten angedroht. Im offiziellen Schreiben der Stadt Nordhausen zu diesem Fall heißt es recht martialisch:
Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass ich nach Einholung einer richterlichen Durchsuchungsanordnung §( 758a ZPO), welche ich nach Ablauf der vorgenannten Frist beantragen werde, berechtigt und verpflichtet bin, auch im Falle Ihrer Abwesenheit nach gewaltsamer Türöffnung unter Heranziehung von Zeugen, den Vollstreckungsauftrag auszuführen. Die dadurch entstehenden Kosten gehen zu Ihren Lasten.
Und weiter unten im Text:
Außerdem wird nach Ablauf der vorbezeichneten Frist wegen einer ggf. bestehenden Bußgeldforderung ein Antrag auf Anordnung von Erzwingungshaft nach §96 OWiG und bezüglich aller anderen Forderungen ein Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft nach § 41 ThürVwZVG gestellt.§
Heißt im Klartext, dass der Gebührenverweigerer mit einer Gefängnisstrafe zu rechnen hat, sollte er eine Durchsuchung seiner Wohnung verweigern wollen. Ein durchaus nicht nur theoretischer Fall, wie deutschlandweit mehrere Inhaftierungen aus diesem Grund in den letzten Jahren belegen.
Von der pünktlich erschienenen Vollstreckerin in städtischer Uniform erfuhren Axel S. und die nnz, dass im Falle seiner Weigerung erst sein bewegliches Gut geprüft, dann beschlagnahmt und zu einer Auktion verbracht würde, um die Erlöse aus seiner Habe dann der GEZ zuzuführen. Es sei jedoch auch eine Ratenzahlung möglich, deren Konditionen sofort ausgehandelt werden könnten, wenn er nicht zahlen könne.
Mit ausstehenden GEZ-Beiträgen ist die Vollziehungsbeamtin im Monat gut dreißig Mal beschäftigt; bei Leuten wie S., aber beispielsweise auch bei Bürgergeldempfängern, die eigentlich befreit sind vom Rundfunkbeitrag und nur eine Bescheinigung ausfüllen müssten.
Heute nun, so viel sei verraten, kam es nicht zum Äußersten. Und auch wenn die Beamte weder den angebotenen Kaffee noch die leckeren Kekse im Hause S. annehmen wollte, endete die Vollstreckung friedlich. Er habe einfach auf den Sachverhalt aufmerksam machen und zum Nachdenken anregen wollen, begründete Axel S. seine Aktion. Ich würde gerne die Hälfte des Beitrags bezahlen für die Radionutzung und ich denke, das muss im Zeitalter digitaler Medien möglich sein, so viel Toleranz an den Tag zu legen. Ein Grundbeitrag ist okay, aber die Mitfinanzierung von vielen Programm, die ich weder will noch mir anschauen werde, halte ich für ungerecht.
Schließlich wechselten dann doch noch 240 Euro den Besitzer, wobei die neue Besitzerin den Betrag rückstandslos an den Mitteldeutschen Rundfunk weitergeben wird. Was der damit veranstaltet können Sie sich täglich in ihrem Televisonsapparat ansehen. Oder eben auch nicht; so wie Axel S.
Olaf Schulze