Di, 14:30 Uhr
08.04.2025
Nachgefragt:
Mauer vor die Mauer
Nordhausen ist in punkto sichtbarer Historie nicht unbedingt gesegnet. Die wenigen Zeugnisse einstiger Schönheit wurden entweder durch britische Bomben oder den Sozialismus plattgemacht. Jetzt könnte eine weitere Variante des Vergessens hinzukommen. Mitten in der Altstadt...
Diese Mauer soll "weg" (Foto: nnz)
Die nnz-Redaktion hatte vor einigen Tagen (April, April) von der Auferstehung des Barfüßer Tores berichtet. Viele, nicht alle Leser, lagen mit ihrer Vermutung richtig, dass es sich um einen April-Scherz handelte.
Die "Sache mit dem 1. April" ist aber noch nicht gänzlich ausgestanden, denn es ist nahezu unglaublich, was in absehbarer Zeit entlang der Barfüßerstraße geschehen könnte. Noch ist das, was die nnz recherchierte, Zukunftsmusik, doch angesichts klammer kommunaler Kassen, könnte aus einer "Idee" bittere Realität werden.
Gegenüber dem "Socken" ziehen sich Reste der historischen Stadtmauer hin. Es mögen etwas mehr als 100 Meter sein. Doch mit diesem Anblick könnte es bald vorbei sein. Die SWG, das kommunale Wohnungsbauunternehmen, möchte - vermutlich in Abstimmung mit dem städtischen Alleingesellschafter - die historische Mauer hinter einer neuen Mauer aus Sichtbeton "verschwinden" lassen.
Auf Anfrage der nnz bestätigt die SWG die Pläne und führt aus: "Die alte Natursteinmauer ist in ihrer Standsicherheit gefährdet und in einigen Bereichen bereits abgesperrt. Sie müsste zeitnah saniert werden – das hat ein von uns in Auftrag gegebenes Gutachten ergeben, das auch Sanierungsvarianten beinhaltet. Eine Wiederherstellung der alten Mauer mit den alten Steinen scheint unrealistisch und ist finanziell kaum kalkulierbar. Wir mussten deshalb eine finanzierbare und gestalterisch ansprechende Lösung finden. Erste Entwicklungen werden derzeit abgestimmt, die Grundlage für die weitere Projektentwicklung sein soll. Aus Kostengründen wird die oben erwähnte vorgesetzte Betonvariante diskutiert.
Beton vor Mauerwerk (Foto: nnz)
Sie konserviert das alte Baumaterial dahinter, bietet schnell Standsicherheit und sichert die Funktion des Splitterschutzgrabens, die sogar für Touristen und geschichtsinteressierte Bürger verbessert werden könnte. Nach Sanierung der Mauer könnte oberhalb auf der Freifläche ein Spielplatz entstehen, den Mieter und Besucher der Stadt gleichermaßen nutzen könnten.
Die alte Mauer ist insbesondere an dem Bereich hinter dem Bauernbrunnen sanierungsbedürftig – die große Esche am dortigen Mauerkopf treibt die Steine durch die Wurzel auseinander, hält sie aber gleichzeitig auch zusammen. Durch die Vorschalung könnte auch der etwa 100 bis 150 Jahre alte Baum gerettet werden.
Wenn die Machbarkeit der Stützwand geklärt ist, werden wir ein Gesamtkonzept erarbeiten, was von der Stadt und dem Freistaat mit der Städtebauförderung hoffentlich unterstützt wird. Ansonsten können wir dieses Investment nicht angehen. Eine Stützwand bringt keine bessere Vermietbarkeit und wäre ohne Förderung auch für uns nicht wirtschaftlich darstellbar."
Das Vorhaben soll vor einigen Tagen dem Denkmalbeirat vorgestellt worden sein. Einige Mitglieder können sich nach Informationen der nnz mit dem Vorschlag anfreunden, andere sind - gelinde ausgedrückt - irritiert. Steffen Iffland war zwar bei dieser Sitzung nicht anwesend, ließ sich jedoch informieren und kritisiert die von der SWG vorgeschlagene Herangehensweise. "Wir sind in Nordhausen wahrlich nicht mit baulicher Geschichte ausgestattet und dann solch ein Vorhaben? Hier müssen dringend eine andere Variante gefunden und genügend Fördermittel beantragt werden. Das letzte Wort ist hierzu noch nicht gesprochen", so Iffland, der sein Statement auch als Vorsitzender der CDU-Stadtratsfraktion verstanden haben will.
Sollte es dennoch bei einer neuen Mauer vor der alten kommen, dann könnten auch die bisherigen Parkplätze in diesem Abschnitt der Barfüßerstraße "gefährdet" sein. Dem widerspricht die SWG in ihrer Antwort an die nnz. "Die 20 Zentimeter breite neue Stützmauer verkleinert die Parkfläche zwar etwas. Das Parken wird nach derzeitigem Stand dort aber auch weiterhin möglich sein. Da die alte Mauer wie beschrieben in ihrer Standfestigkeit eingeschränkt ist, wird derzeit geklärt, ob das Parken nicht zeitnah eingeschränkt werden muss."
Wie immer, ist die Redaktion der nnz auf die Kommentare Ihrer Leser zu diesem Thema gespannt.
Peter-Stefan Greiner
Autor: psg
Die nnz-Redaktion hatte vor einigen Tagen (April, April) von der Auferstehung des Barfüßer Tores berichtet. Viele, nicht alle Leser, lagen mit ihrer Vermutung richtig, dass es sich um einen April-Scherz handelte.
Die "Sache mit dem 1. April" ist aber noch nicht gänzlich ausgestanden, denn es ist nahezu unglaublich, was in absehbarer Zeit entlang der Barfüßerstraße geschehen könnte. Noch ist das, was die nnz recherchierte, Zukunftsmusik, doch angesichts klammer kommunaler Kassen, könnte aus einer "Idee" bittere Realität werden.
Gegenüber dem "Socken" ziehen sich Reste der historischen Stadtmauer hin. Es mögen etwas mehr als 100 Meter sein. Doch mit diesem Anblick könnte es bald vorbei sein. Die SWG, das kommunale Wohnungsbauunternehmen, möchte - vermutlich in Abstimmung mit dem städtischen Alleingesellschafter - die historische Mauer hinter einer neuen Mauer aus Sichtbeton "verschwinden" lassen.
Auf Anfrage der nnz bestätigt die SWG die Pläne und führt aus: "Die alte Natursteinmauer ist in ihrer Standsicherheit gefährdet und in einigen Bereichen bereits abgesperrt. Sie müsste zeitnah saniert werden – das hat ein von uns in Auftrag gegebenes Gutachten ergeben, das auch Sanierungsvarianten beinhaltet. Eine Wiederherstellung der alten Mauer mit den alten Steinen scheint unrealistisch und ist finanziell kaum kalkulierbar. Wir mussten deshalb eine finanzierbare und gestalterisch ansprechende Lösung finden. Erste Entwicklungen werden derzeit abgestimmt, die Grundlage für die weitere Projektentwicklung sein soll. Aus Kostengründen wird die oben erwähnte vorgesetzte Betonvariante diskutiert.

Sie konserviert das alte Baumaterial dahinter, bietet schnell Standsicherheit und sichert die Funktion des Splitterschutzgrabens, die sogar für Touristen und geschichtsinteressierte Bürger verbessert werden könnte. Nach Sanierung der Mauer könnte oberhalb auf der Freifläche ein Spielplatz entstehen, den Mieter und Besucher der Stadt gleichermaßen nutzen könnten.
Die alte Mauer ist insbesondere an dem Bereich hinter dem Bauernbrunnen sanierungsbedürftig – die große Esche am dortigen Mauerkopf treibt die Steine durch die Wurzel auseinander, hält sie aber gleichzeitig auch zusammen. Durch die Vorschalung könnte auch der etwa 100 bis 150 Jahre alte Baum gerettet werden.
Wenn die Machbarkeit der Stützwand geklärt ist, werden wir ein Gesamtkonzept erarbeiten, was von der Stadt und dem Freistaat mit der Städtebauförderung hoffentlich unterstützt wird. Ansonsten können wir dieses Investment nicht angehen. Eine Stützwand bringt keine bessere Vermietbarkeit und wäre ohne Förderung auch für uns nicht wirtschaftlich darstellbar."
Das Vorhaben soll vor einigen Tagen dem Denkmalbeirat vorgestellt worden sein. Einige Mitglieder können sich nach Informationen der nnz mit dem Vorschlag anfreunden, andere sind - gelinde ausgedrückt - irritiert. Steffen Iffland war zwar bei dieser Sitzung nicht anwesend, ließ sich jedoch informieren und kritisiert die von der SWG vorgeschlagene Herangehensweise. "Wir sind in Nordhausen wahrlich nicht mit baulicher Geschichte ausgestattet und dann solch ein Vorhaben? Hier müssen dringend eine andere Variante gefunden und genügend Fördermittel beantragt werden. Das letzte Wort ist hierzu noch nicht gesprochen", so Iffland, der sein Statement auch als Vorsitzender der CDU-Stadtratsfraktion verstanden haben will.
Sollte es dennoch bei einer neuen Mauer vor der alten kommen, dann könnten auch die bisherigen Parkplätze in diesem Abschnitt der Barfüßerstraße "gefährdet" sein. Dem widerspricht die SWG in ihrer Antwort an die nnz. "Die 20 Zentimeter breite neue Stützmauer verkleinert die Parkfläche zwar etwas. Das Parken wird nach derzeitigem Stand dort aber auch weiterhin möglich sein. Da die alte Mauer wie beschrieben in ihrer Standfestigkeit eingeschränkt ist, wird derzeit geklärt, ob das Parken nicht zeitnah eingeschränkt werden muss."
Wie immer, ist die Redaktion der nnz auf die Kommentare Ihrer Leser zu diesem Thema gespannt.
Peter-Stefan Greiner