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Mi, 15:45 Uhr
29.10.2025
Urteilsverkündung im Prozess gegen den „Ukulele-Mann“

Der tiefe Fall des Herrn L.

Am Nordhäuser Amtsgericht wurde heute der Prozess gegen einen 43-jährigen Mann aus Görsbach fortgesetzt, der das Dorf zu Beginn das Jahres für mehrere Monate in Atem gehalten hatte. Heute sollte das Urteil fallen...

Der Prozess gegen Patrick L. aus Görsbach ging heute in den zweiten Tag (Foto: S. Dietzel) Der Prozess gegen Patrick L. aus Görsbach ging heute in den zweiten Tag (Foto: S. Dietzel)

Bevor heute der zweite Prozesstag gegen Patrick L. aus Görsbach eröffnet wurde, stand auf dem Tisch des Direktors des Nordhäuser Amtsgerichtes, Eugen Weber, eine große Kiste voller Dokumentenhefter. Insgesamt 46 Vorwürfe legt man dem Angeklagten zur Last, ein Bruchteil all der Vorfälle, für die der Mann seit dem Februar über vier Monate hinweg gesorgt haben soll. Die lange Liste der Vergehen hätte auch eine zweite Kiste füllen können, ist vor Gericht heute zu hören, um zügiger zur Sache kommen zu können, hat sich die Staatsanwaltschaft Mühlhausen auf das Wesentliche konzentriert.

Das Wesentliche besteht, unter anderem, aus Beleidigung, Nötigung und Drohungen, Sachbeschädigung und Körperverletzung. Bereits gestern hatte man dazu mehrere Zeugen vernommen, heute ging es zunächst um einen Vorfall am 14.06., der als Videoaufnahme nicht nur in der Region die Runde machte.


Patrick L. bei einem seiner "Ausraster" in Görsbach

Dem Angeklagten wird vorgeworfen, zunächst das Auto eines Nachbarn beschädigt zu haben, als ihn ein Anwohner zur Rede stellt, wird L. übergriffig, schlägt mit einem Skateboard zu. Es kommt zur Rangelei, der Anwohner kann ihn schließlich fixieren, hinzugeeilte Görsbacher rufen die Polizei, wieder einmal. Im Dorf hat man zu diesem Zeitpunkt bereits die direkte Durchwahl der Nordhäuser Polizeiinspektion, die Beamten wissen um die Zustände und sind schnell vor Ort, mitunter mehrmals am Tag.

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Der Nachbar mit der Delle im Wagen berichtet von einem weiteren Vorfall, bei dem L. ihm und einer weiteren Person mit dem Tod gedroht haben soll, von Beleidigungen, von seinem 84jährigen Vater, der ebenfalls zu den Opfern L.’s gehört und von der Angst, die im Dorf um sich ging. Vier Monate lang sorgt der Angeklagte für Unruhe und Angst. Was als Ärgernis beginnt, steigert sich mit zunehmender Aggressivität des Herrn L. ins Unerträgliche. „Es gab Tage, da ging es, da konnte man mit ihm reden. Und dann einen Tag später war er völlig aggressiv und durchgedreht“, berichtet ein Zeuge. Nach dem Vorfall am 14. Juni ist das Maß schließlich voll, kurze Zeit später landet L. hinter Schloss und Riegel in der Justizvollzugsanstalt Tonna, Untersuchungshaft.

Ob und wann der Angeklagte wieder in die Gesellschaft entlassen wird, hat das Gericht zu entscheiden, in Görsbach geht die Sorge um, dass L. schon bald zurück sein könnte und der Ärger und die Angst mit ihm zurückkehren. Aufgabe des Gerichtes sei es auch, weitere Straftaten möglichst zu verhindern, erklärt Richter Weber. Zentrale Frage dabei dürfte sein, inwiefern L. zurechnungsfähig war. Der Angeklagte ist bisher teilgeständig, sieht seine Schuld in 11 der 46 Anklagepunkte ein. An anderer Stelle widerspricht L. der Darstellung der Zeugen, bei dem Vorfall vom 14. Juni etwa gibt er an, mit einem Teleskop-Schlagstock oder Totschläger attackiert worden zu sein. Von dem Gerät gibt es keine Spur und keine der Zeugen, sowohl die Görsbacher wie auch ein befragter Polizist, haben vor Ort derartiges gesehen. Wie luzide ist L. während der Vorkommnisse? Wirkte er verwirrt, alkoholisiert, im Rausch? Die Verhandlung versuchte auf verschiedenen Wegen, dazu Antworten zu finden.

Ein Zeuge kennt L. als Gartennachbar, die Familie hat Verbindungen nach Görsbach, man hilft sich aus, drückt auch mal ein Auge zu, wenn es bei einer Feier etwas lauter wird, lange Zeit ist bei L. alles „normal“. Der Umschwung kommt spätestens im Februar, seine Wohnung in Nordhausen hat der Angeklagte verloren und ist in der Stadt bereits auffällig geworden. Ihm bleibt eine Garage in Görsbach, alter Familienbesitz, die ihm fortan als Unterkunft dient. Die Ausführungen vor Gericht zeichnen hier auch das Bild eines Mannes, der die Kontrolle über sein Leben verloren hat. L. Ist gelernter Metallbauer, hat unter anderem bei Schachtbau und Feuer powertrain gearbeitet, bis er seine Anstellung während der Corona-Pandemie verliert. Danach sei es bergab gegangen, berichtet L. gestern, Drogen habe er regelmäßig konsumiert. Einer der Görsbacher Zeugen beschreibt die Entwicklung, die der Angeklagte ab Februar nimmt, wie „eine Sinuskurve, deren Amplitude stetig steigt“. Es kommt zu Eskalationen, dann ist wieder Ruhe, dann gibt es neuerliche Aggression Seitens des Angeklagten, die stets schwerwiegender ausgefallen seien, als die vorherigen.

Schlussendlich wurde Patrick L. zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten ohne Bewährung verurteilt. Aus dem Vollzug heraus wurde zusätzlich eine Entziehungskur für den Straftäter angeordnet.
Angelo Glashagel

Autor: agl

Kommentare
Kritiker2010
30.10.2025, 08.49 Uhr
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