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Do, 16:00 Uhr
22.09.2022
Bürgergespräch zur Energiekrise

Wir sind gut aufgestellt

Einmal im Jahr lädt das Rathaus zum „Bürgergespräch“ in den Ratssaal um über aktuelle Themen zu sprechen und den Austausch mit den Nordhäusern zu suchen. Gestern Abend war es wieder soweit, auf der Agenda stand die Energie- und Gaskrise. Das Fazit: es könnte schlimmer sein…

Das Interesse am "Bürgergespräch" zur Energiefrage hielt sich gestern Abend in Grenzen (Foto: agl) Das Interesse am "Bürgergespräch" zur Energiefrage hielt sich gestern Abend in Grenzen (Foto: agl)


Strom- und Wärmekosten schießen durch die Decke, jeden Montag ziehen hunderte Menschen demonstrierend durch die Straßen und der Krieg in der europäischen Nachbarschaft zeigt keine Anzeichen, ein baldiges Ende zu nehmen. Da könnte man meinen, dass eine Bürgerversammlung zu den Krisenthemen der Zeit aus allen Nähten platzen müsste, aber nein - das Publikum im Ratssaal des Bürgerhauses blieb gestern überschaubar.

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Rede und Antwort stand man trotzdem, neben der Rathausspitze waren mit der EVN, der SWG und den Stadtwerken, die kommunalen Unternehmen zugegen, die mit den neuen Realitäten direkt konfrontiert sind. Doch zunächst sprach der Oberbügermeister und verlangte mehr Unterstützung durch die Berliner Politik für die Bevölkerung und Maßnahmen zum Schutz gesunder Unternehmen. Man könne die Dinge nicht „pseudomäßig angehen“, es bräuchte jetzt seiner Meinung nach Hilfen in „immenser Höhe“, so Kai Buchmann. Es sei letztlich nicht die Stadt Nordhausen, die hier gefordert sei, die Probleme „müssen in Berlin geregelt und gestemmt werden“. Abschaltungsphantasien für Schulen und Kindergärten gebe es nicht. Und sollten Turnhallen oder Schwimmbäder abgeklemmt werden, bedeutete dies „den letzten Nagel auf eine verlorene Sportgeneration“.

Doch das steht auch nicht zu erwarten. Schulen und Kindergärten sind selbst im „worst-case“ Szenario von Abschaltungen ausgenommen, unterstrich Bürgermeisterin Alexandra Rieger, dennoch sei man dabei, alle Heizungsanlagen einer gründlichen Prüfung zu unterziehen und vorgebene Sparmaßnahmen umzusetzen.

Bei der EVN sieht man noch Licht im Dunkel, die Versorgungssicherheit stehe nicht in Frage, meinte Dirk Meißgeier, Vertriebschef des Nordhäuser Energielieferanten. Nach den aktuellen Regelungen würden im Fall der Fälle lediglich knapp 35 Großkunden der EVN, die knapp 14 Prozent der Spitzenlast unter sich verteilen, unter die Kategorie „ungeschützt“ fallen. Für alle anderen bleiben die Lichter an.

EVN Prokurst Dirk Meißgeier (Foto: agl) EVN Prokurst Dirk Meißgeier (Foto: agl) Bis zum Jahr 2024 müsse man mit einer Verdoppelung der Heiz- und Stromkosten rechnen, im Moment profitiere man aber noch von der „konservativen“ Einkaufspolitik der EVN, die in normalen Zeiten zwar etwas teurer ist, nun aber die Verbraucher vor größeren Kostensprüngen bewahrt. Die angekündigten Erhöhungen der EVN umfassten bisher lediglich die von der Politik auf den Weg gebrachten Umlagen. Ende des Jahres seien dann weitere Preissteigerungen zu erwarten. Es werde auch wieder eine Zeit danach geben und einen Weg zurück zu günstigeren Preisen, aber erst einmal werde man die saure Zeit durchstehen müssen, so Meißgeier.

Das Thema Strom, Wärme und Gas treibt auch die Städtische Wohnungsbaugesellschaft SWG um und das nicht erst seit Beginn der jüngsten Krise. Tatsächlich zahle sich jetzt aus, dass man in Nordhausen in den letzten Jahren in Sachen Nachhaltigkeit und erneuerbarer Energie große Schritte gemacht habe, meinte SWG-Chefin Inge Klaan. Von der Biomethan-Gasanlage der EVN bis zur Photovoltaik auf den Dächern, Blockheizkraftwerken, Fernwärmeanschlüssen und Wärmepumpen - was bisher unter den Vorzeichen der Klimaschutzpolitik auf die Wege gebracht wurde, mache die Arbeit für die Wohnungswirtschaft in der jetzigen Lage etwas leichter. Eine „Null-Gas-Strategie“ werde es trotzdem nicht geben, denn auch diese Anlagen sind zeitweilig auf Gasbetrieb in der einen oder anderen Form angewiesen.

Bei der SWG sucht man seit Wochen nach einem qualifizierten Bauingenieur, bisher ohne Erfolg, berichtete SWG-Chefin Inge Klaan und mahnt an, dass man letztlich vor einem ingeniuertechnischen Problem stehe (Foto: agl) Bei der SWG sucht man seit Wochen nach einem qualifizierten Bauingenieur, bisher ohne Erfolg, berichtete SWG-Chefin Inge Klaan und mahnt an, dass man letztlich vor einem ingeniuertechnischen Problem stehe (Foto: agl)


Den eingeschlagenen Weg wolle man weiter verfolgen. Vor allem die Fernwärme, bei der die Hitze als „Abfallprodukt“ der Stromerzeugung genutzt wird, will man bis 2028 weiter ausbauen. Aktuell liegt die Anschlussquote bei knapp 77% der von der SWG betreuten Wohneinheiten, in ein paar Jahren will man an die 87 Prozent herankommen.

Frei von Sorgen ist man bei der SWG derweil nicht, im Gegenteil. „Wir sehen eine Gleichzeitigkeit und Dynamik von Dingen, die in ihrer Komplexität kaum noch zu überblicken sind“, sagte Inge Klaan. Die Energiefrage ist da nur eines von vielen Problemen, Material- und Fachkräftemangel, Baupreissteigerungen und Flüchtlingsunterbringung bereiten nicht weniger Kopfzerbrechen. Man müsse acht geben, nun keine übereilten Entscheidungen zu treffen, die sich auf lange Sicht als nachteilig erweisen könnten, warnte die SWG-Chefin. Wenn man die bisherige Entwicklung beibehalten wolle, dann gehe das nicht ohne weitere Investitionen und für die brauche es verlässliche und langfristige Förderstrukturen sowie die Unterstützung technologieoffener Lösungen. „Wenn ich Ihnen eine Sache mitgeben darf, dann bitte diese: schicken Sie ihre Kinder in technische Berufe! Eine Alternative zum Ressourcenbewusstsein wird es nicht geben. Unsere Grenzen liegen in der Umsetzung und was wir jetzt vor uns haben, ist damit eine Frage der ingenieurtechnischen Kompetenz."

Wie man Energie sparen kann war auch bei den Stadtwerken schon immer ein Thema, führte Olaf Salomon weiter aus und brachte die Verkehrsbetriebe und das Badehaus als Beispiel in die Diskussion. Bei letzterem ist es vor allem der Gaspreis, der die Kosten durch die Decke schießen lässt, von 131.400 Euro im üblichen Schnitt auf prognostizierte 430.900 Euro. Im Nahverkehr ist es der Dieselpreis der keine Obergrenzen mehr zu kennen scheint. Dennoch stehe man im Bundesvergleich auf der Seite, die wohl besser durch die Krise kommen wird als andere, eben weil man autarke und sparsame Lösungen seit geraumer Zeit vorantreibt.

Für die Stadtwerke hatte Olaf Salomon ernüchternde Prognosen mitgebracht, dennoch stehe man besser da als manch andere Stadtwerke im Land (Foto: agl) Für die Stadtwerke hatte Olaf Salomon ernüchternde Prognosen mitgebracht, dennoch stehe man besser da als manch andere Stadtwerke im Land (Foto: agl)


Man sei im Verbund der kommunalen Unternehmen wöchentlich damit beschäftigt, die Sorgen und Nöte an die relevanten Adressaten zu bringen und werde dabei inzwischen auch gehört. „Wir sind bis dato gut und gesund durch die Krisen gekommen, wir haben gute Leute die bis zum letzten kämpfen werden, damit das auch so bleibt“, versicherte der Oberbügermeister. Die Botschaft des Abends: die Stadt und ihre Unternehmen sehen sich gut aufgestellt. Oder anders ausgedrückt: es könnte schlimmer sein.
Angelo Glashagel
Autor: red

Kommentare
kolhrabi
22.09.2022, 19.08 Uhr
Buchmann, Klaan, das "Nordhäuser System"
Eher enttäuschend, was man hier lesen muss und im Bürgerhaus live erleben musste.
Situationsschilderungen, die man aus anderen Quellen schon zichmal kennt und die immerwährenden Sparaufrufe. Glauben denn Kai Buchmann und Co daß die Leute bisher Gas verschwendet haben?!
Vom "OB" und seinen Mitstreitern des "Nordhäuser Systems" gestern Abend hätte man klare Worte und mindestens eine klare Protestnote Richtung Berlin und an die Nordhäuser Bundesabgeordneten und Landtagler erwarten dürfen. Doch auch hier: Fehlanzeige.
Die ganze Veranstaltung war eher Beschwichtigung und Wählertäuschung. Denn alle wissen dass spätestens zum Januar die Gas und Strompreisabschläge durch die Decke knallen werden.

Setzen, fünf, Herr Buchmann und Frau Klaan...
Bleiben also nur die Demos am Montag und ein "Daumen hoch" für einen "echten" Bürgermeister wie den in Bad Langensalza.
Bleistift und Lineal
22.09.2022, 19.14 Uhr
Jetzt bin ich doch einigermaßen verwundert. Wo sind die Spaziergänger?
Das soll gar nicht so provozierend gemeint sein wie die Frage vielleicht klingt. Eher tatsächlich interessiert.

Die Spaziergänger, die sagen, dass sie jeden Montag für mich und dich und uns alle auf die Straße gehen, um unter anderem gegen die hohen Energiekosten zu protest-, nein, zu demonstr... zu spazieren. Alle jene, die hier in der nnz häufig und laut ihren Unmut darüber verlautbaren, dass sich die Stadt nicht zur Energiekrise äußert oder etwas dagegen unternimmt und auch stets vehement fragen, warum der Oberbürgermeister nicht Stellung nimmt. Da war der Bürgermeister vor Ort: er hätte gefragt werden können. Man sollte doch wirklich glauben, die Spaziergänger würden in das Angebot annehmen, an der Bürgerstunde teilzunehmen. Wo sind sie denn aber alle?
Alles, was die Spaziergänger montags mutig pfeifend durch die Straßen tragen, alles, was hier in der nnz stets in dutzenden Wortmeldungen mutig an Wut geäußert wird über die Zustände: Wo sind sie denn alle, die kämpfenden, Widerstand leistenden Spaziergänger? Wieso ist der Saal leer? Warum wird eine Fragestunde nicht angenommen?

Ich könnte mir jetzt selbst eine Antwort auf diese Fragen geben, die ich als Frage formuliere, zum Beispiel: "Ist es bequemer, in Masse eine Straße hinauf und hinunter zu laufen und damit Protest Protest sein zu lassen, als sich in den Bürgersaal zu setzen und konstruktive Fragen zu äußern und Antworten zu erhalten?"
Das mache ich aber nicht, weil mich wirklich die Antwort der Spaziergänger interessiert.
Pe_rle
22.09.2022, 19.46 Uhr
Energiekrise
das kennt man ja aus der Politik so, alles schön reden.
Abgerechnet wird wenn die kalte Jahreszeit beginnt, spätestens dann werden Sie behaupten von nichts gewusst zu haben. Mal sehen wie lange es dauert bis die ersten Ihre Wohnung oder Gasrechnung nicht mehr bezahlen können.
Glauben die wirklich die Leute reden nicht mit einander und gleichen sich ab?.
Bubo bubo
22.09.2022, 19.53 Uhr
Der Buhmann sitzt ein paar Ebenen höher...
Lieber Bleistift und liebes Lineal,

ein provokantes und die Meinungen anderer Menschen verachtendes Statement bleibt was es ist und steht für sich!

Nichts gegen solch eine kommunale Veranstaltung. Ich begrüße das Gesprächsangebot von sämtlichen Beteiligten sehr. Nur was nützt es letztendlich den vielen und vielschichtig Betroffenen? Außer einer Frage, ob ich demnächst dann meine Zahlungen an die örtlichen Versorger stunden kann, wäre mir keine ernsthaft weiterbringende Frage in dieser Runde in den Sinn gekommen.

Wir Nordhäuser/Nordthüringer können uns mit der Weitsichtigkeit der hiesigen handelnden Akteure wirklich glücklich schätzen. Ich bin dafür ehrlich dankbar. Trotzdem können auch Sie es perspektivisch nicht verhindern, dass die Energiepreise auf kurz oder lang (wahrscheinlich eher kurz, also Winter) auch in unserer Region ein nicht mehr erträgliches Maß annehmen werden.

Die Verantwortlichen für diese selbst erzeugte Misere sitzen nicht in der Kommune oder im Land, sondern fernab der Realitäten im abgeschotteten Berlin.
Gegen diese Blender, Ideologen und Idioten geht man montags auf die Straße, nicht gegen zwangsgenötigte kommunale Versorger!
Bleistift und Lineal
22.09.2022, 20.42 Uhr
@bubo bubo
Ja, dass die Verursacher mehrere Ebenen höher sitzen ist mir klar. Deshalb missverstehen Sie mich bitte richtig:
Mir ging es bei meiner Frage ganz konkret um die Spaziergänger/nnz-Kommentatoren, die nimmermüde ausrufen "Was macht die Stadt dagegen?! Was macht der OB dagegen?! Warum ist unser OB so feige?! Warum zeigt er nicht Flagge wie der von Bad Langensalza?!"

Nun, gestern wäre die Möglichkeit gewesen, diese Fragen von Angesicht zu Angesicht zu stellen.
Ist offensichtlich nicht passiert.
Was bleibt also mehr als meine oben angeführten Fragen: wo waren sie denn, die Spaziergänger und Kommentarschreiber, als sie die Chance hatten, diese ihre Fragen direkt zu stellen?

Ich finde, das darf ich hinterfragen, ohne "verachtend" genannt zu werden.
Schnapshäuser
23.09.2022, 09.46 Uhr
Leider Sinnlos
" und konstruktive Fragen zu äußern und Antworten zu erhalten?"

Werter Bleistift, so wie Sie keinen Sinn in Straße hoch und runter gehen sehen,
finde ich keinen Sinn in Antworten auf konstruktive Fragen, die von Sinn freien oder Ahnungslosen oder sogar glatt gelogenen Entscheidungsträger
beantwortet werden.

Schönes Wochenende
Bleistift und Lineal
23.09.2022, 13.28 Uhr
Naja, Schnapshäuser,
dann fragen Sie aber demnächst nicht online, warum der OB eigentlich nicht auch eine Demo organisiert oder zumindest am Spaziergang teilnimmt, wie das viele andere tun, wenn Sie ihn gestern auch persönlich hätten fragen UND mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Antwort bekommen hätten. Dass Ihnen die dann nicht gefallen hätte steht ja schon wieder auf einem anderen Blatt...
Schnapshäuser
24.09.2022, 09.00 Uhr
Leider Sinnlos
Wenn mir die Antworten mit hoher Wahrscheinlichkeit bekannt sind,
werde ich mir das ersparen und versuche was anderes,
zum Beispiel hoch und runter laufen.

Schönes Wochenende
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