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Do, 13:05 Uhr
09.04.2020
nnz-Forumsbeitrag zu Klima und Krise

Corona-Krise: Missverhältnis der Ängste

In einem nachdenklich stimmenden Beitrag geht Bodo Schwarzberg der Frage nach, warum es schnelle Reaktionen wegen des Virus gibt, für einen nachhaltigen Klimaschutz aber eher nicht...


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Es ist eine trauige Ironie: Dank Corona wird Deutschland die bis 2020 geplante Senkung der CO2-Emissionen um 40 Prozent gegenüber 1990 wohl doch noch erreichen. Die Belastung mit krebserregendem Feinstaub ist selbst in Ballungszentren auf ein Minimum gesunken. Der Autoverkehr hat sich halbiert, Flugzeugflotten stehen weltweit am Boden. Satellitenbilder lassen selbst über Shanghai und Peking klare Luft erkennen.

Tatsächlich lässt Corona den Planeten und seine Natur aufatmen, dank der Entschlossenheit politischer Führer in aller Welt. Dabei hat sie kein internationaler Vertrag dazu gebracht, sondern allein der jeweilige nationale Egoismus, die Angst vor Destabilisierung, vor Machtverlust, ja um die jeweils eigene Wirtschaft und daher vielleicht auch um die Menschen, die sie am Leben erhalten.

Milliarden Menschen indes haben Angst vor dem neuartigen Virus, das seinerseits wiederum ganz neuartige, wenigstens z.T. aber völlig sinnlose Ängste davor erzeugt, sich zum Beispiel nicht mehr den Hintern abwischen zu können.

Psychologen sprechen von seit Jahrzausenden bestehenden Reflexen menschlichen Verhaltens in Krisenzeiten, die eng mit dem Verdrängen der wahren Ursachen und eines rationaleren Handelns gekoppelt sind. Man oder frau soll in der Zeit großer Unsicherheit demnach ein Gefühl der Sicherheit durch Aktionismus und Hygiene empfinden.

Dabei ist es ganau dieses irrationale Handeln, was Angst machen sollte. Denn die Corona-Krise wird ihren Schrecken mit Sicherheit in einigen Monaten oder einigen Jahren verloren haben, der potenziell tödlichere Klimawandel hingegen nicht. Rationalität wäre also durchaus existenzentscheidend.

Zum Beispiel bezüglich der vielen mit ihm bei uns potenziell heimisch werdende Erreger, die in den Tropen und Subtropen schon in den Startlöchern sitzen, um in Europa einzuwandern: Malaria, Ebola, Zika, Hanta, Gelbfieber, Dengue und viele mehr. Manche sind längst hier.

Rigorose Maßnahmen, ebenso wie gegenüber Corona würden Millionen Menschenleben retten, vielleicht jenes unserer Kinder und Enkel.

Immerhin: Eine Mehrheit der Deutschen unterstützt die krassen Maßnahmen zur Kontakteindämmung gegen Corona, den Stillstand der Wirtschaft und die Schließung von Schulen und Kindergärten. Sie wollen das Problem und ihre Ängste verständlicherweise schnell loswerden. Der Traum von einer Rückkehr des gewohnten vergleichsweise unbeschwerten Alltags lockt.

Eine rationale Angst und ein von ihr ausgelöster Druck auf die Politik könnte vielleicht jetzt auch noch klimatisch bedingte Schreckenszenarien verhindern, die Corona als lächerlichen Frühjahrsschnupfen erscheinen lassen. Leider nur wirkt der Klimawandel zu langfristig. So wie ein unablässig und kaum hörbar vor sich hin tropfender Wasserhahn, der das Fass erst später zum Überlaufen oder gar zum Umfallen bringt. - Der Meeresspiegel steigt „tropfenweise“ kaum merklich rund einen Millimeter bis drei Millimeter pro Jahr.

Dabei zeigt uns doch das dritte Dürrefrühjahr in Folge eigentlich an, dass auch der Nach-Coronaalltag alles andere sein sollte, als unbeschwert. Schon vergessen? Im Hitzejahr 2003 starben in Europa nach unterschiedlichen Quellen bis zu 70.000 Menschen den vorzeitigen Wärmetod. Und jährlich Tausende still an der Grippe, am Rauchen und am Alkohol.

Anlässlich der 2003er Hitze war die Panik auch deutlich geringer ausgeprägt, als sie gegewärtig vom Virus erzeugt wird. Wahrscheinlich liegt das daran, dass es vielen Menchen nach wie vor schwerfällt, Hitze, Trockenheit, sterbende Wälder und ja, den Hitzetod zahlreicher Artgenossen als eine zivilisatorische Katastrophe wahrzunehmen, die ihr eigenes Leben bedroht und, allerdings langfristig, beeinflussbar ist.. Dass Viren und Bakterien töten können, hat sich seit Jahrhunderten als Erfahrung ins kollektive Gedächtnis eingraviert. Beim Klima ist das ganz anders.
Denn eine etwaige, unmittelbare Verhaltensänderung des Menschen, hat zunächst leider keinerlei Auswirkung auf das Klima, Kontaktbeschränkungen auf eine grassierende Pandemie aber schon.

Erstaunt werden sich daher die Klimaforscher dieser Welt die Augen reiben, wenn sie mit ansehen müssen, wie schnell die Politik und die Gesellschaft in der Lage sein können, angesichts einer unmittelbar drohenden Gefahr aktiv zu werden.

Fast schon verzeweifelt versuchen sie, die weltweite Politik und die Öffentlichkeit zum aktiven Handeln für mehr Klimaschutz zu bewegen. Und trotz der von ihnen gemalten und teilweise längst eintretenden, wirklich beängstigenden Bilder passiert global gesehen eher das Gegenteil.

Ihr Forschungsgegenstand ist, wenn sie auf die Beeinflussbarkeit der menschlichen Psyche abzielen, leider eine Fehlkonstruktion. Was zu langsam seine todbringende Wirkung entfaltet, wird nicht wirklich als gefährlich wahrgenommen. Aus der Zeit zum Handeln wird eine Zeit zum Verdrängen, genannt, kognitive Dissonanz.

Im Harz werden bald die letzten Fichten dem Borkenkäfer zum Opfer fallen. Und glaubt man den Prognosen der Klimaforscher, könnten so genannte „Klimatote“ immer häufiger traurige Realität sein. Vor wenigen Tagen erst hat der DWD eine Zehnjahresprognose für die klimatische Entwicklung in Deutschland abgegeben: In der zweiten Dekade des neuen Jahrzehnts soll es demnach bereits 1,5 bis 2 Grad wärmer sein als gegenüber der Klimareferenzperiode, zur Zeit sind es um 1 Grad. Wie sähe denn der 2018er Dürresommer dann unter den Bedingungen des Jahres 2031 aus?

Für die wirklich unere Existenz bedrohenden Krisen, insbesondere für Maßnahmen gegen den Klimawandel, sind das Verständnis und die Akzeptanz für restriktive Maßnahmen und die eigene Überzeugung, sich zur Sicherung des Lebens seiner Kinder und Enkel einschränken zu müssen, weltweit zu gering ausgeprägt. Die Politik ist auf schnelle Effekte ausgelegt und wir wollen schnelle Effekte sehen. Toilettenpapier im Einkaufswagen ist ein solcher Effekt.

„Denken hilft, aber man braucht auch Mut, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen. Wir sollten versuchen, die Fernsteuerung unserer Emotionen durch Mitmenschen, deren Gefühlsreaktionen uns bei der Risikobewertung anstecken, wieder in die eigene Hand zu nehmen“, sagt der Psychologe Gerd Gigerenzer am 25.03. 20 bei Spiegel Online.
Bodo Schwarzberg
Autor: red

Anmerkung der Redaktion:
Die im Forum dargestellten Äußerungen und Meinungen sind nicht unbedingt mit denen der Redaktion identisch. Für den Inhalt ist der Verfasser verantwortlich. Die Redaktion behält sich das Recht auf Kürzungen vor.
Kommentare
Envites
09.04.2020, 15.34 Uhr
Ja es wird nachhaltiger werden. Auch in der individuellen Mobilität und
Es sollte in der Tat zielführender sein. Aber das ist nur eine bescheidene Hoffnung. Es braucht eine Konjunktur. Da die richtigen Weichen zu stellen. Das muss dann Politik schaffen. Ja. Auch die Automobilindustrie ist ja elektrischer eingestiegen. Mit Hybrid auch. Das sollte stärker gefördert werden. Damit es wieder rund läuft. Ich glaube, es kommt so. Aber was ist schon mein einfältiger Glaube... Sie haben auch den Harz angesprochen. Ich hatte mir gemerkt, daß auch Thüringen dafür viel macht. Oder irre ich hierzu?
mussmalsagen
09.04.2020, 15.37 Uhr
, dass es sehr angenehm ist, Ihren Beitrag zu lesen.
Sie haben es wieder geschafft, sachlich auf das Problem hinzuweisen. Neben dem Inhalt kann man außerdem die deutsche Sprache genießen, was bei einigen anderen Beiträgen hier nicht so ist.
Leider bin ich nicht sehr hoffnungsvoll bezüglich einer Änderung in der Klimapolitik, da
-fehlende Bildung bei der Mehrheit,
-nationalstaatliche Denk- und Handlungsweisen
-Gier nach Profit
u.a. einer Verbesserung nicht gerade zuträglich sind.
Ich wünsche Ihnen gesunde Ostern und einen langen Atem auch bezüglich der hier noch entstehenden Kommentare!
PIMI
09.04.2020, 20.00 Uhr
Egoistisches Denken ?
Vielleicht kommt man wirklich zu einem Umdenken. Jeder hat nun seine Probleme, ob man nun wie ich beruflich ,,kaltgestellt" ist oder als alter Mensch im Pflegeheim total vereinsamt. Die Kirche hat ein anderes Problem, ihr fehlt die erhoffte Kollekte. Sich von materiellen Gütern zu trennen, die man sich in Jahrhunderten eingeheimst hat, darüber denkt man nicht nach. Die Kirche hat Angst um Kollekte- Einnahmen, da habe ich heute beim Hören von MDR Thüringen gedacht, man ist im falschen Film.
Die wahre Nächstenliebe zeigen andere Leute, welche die Tafeln für Bedürftige heutzutage mit Spenden unterstützen. Trotz allem wünsche ich Allen ruhige friedliche Ostertage zum Nachdenken, was heutzutage wirklich wert sein sollte...
Paul
09.04.2020, 21.06 Uhr
Klima
Na klar ist jetzt die Luft bestimmt besser. Da weltweit der Flugverkehr fast auf null läuft ist das auch kein Wunder. Dazu keine Kreuzfahrtschiffe und schon haut die Welt hin. Also ich wäre sofort dafür weiterhin absolutes Flugverbot und keine Kreuzfahrtschiffe mehr fahren zu lassen. Wäre ein absolut guter Vorschlag den man bei behalten kann !
RHA
09.04.2020, 23.38 Uhr
Klimaschutz contra Natur- und Landschaftsschutz?
Wer sich darüber beklagt, dass Klimaschutz nicht den ihm gebührenden Stellenwert erhält muss sich an die eigene Nase fassen. Denn den Menschen werden Konzepte wie Windenergie als Ökoenergie verkauft, die bei Lichte betrachtet das genaue Gegenteil sind: weithin sichtbare Umwelt-, Natur, Landschafts-, Wald- und Klimazerstörung. Den Menschen wird eine goldene Zukunft versprochen, die mit Unfreiheit und Einschränkungen sowie im Fall der Windenergie sogar gesundheitlichen Einschränkungen den Menschen übergestülpt werden soll. Wer so agiert, sollte den Fehler nicht bei den Mitmenschen und in Konsequenz bei den Regierungen sondern zuerst einmal bei sich selbst suchen.
Wohin Einschränkungen und Selbstbeschränkung führen, sollte gerade in den vergangenen Wochen jedem eindringlich klar geworden sein. Nein, wir sollten nicht den Propheten der aktuellen Energie- und Verkehrswende auf ihren ausgetretenen und sichtbar wenig erfolgreichen Wegen folgen. Es gibt nachhaltige Alternativen. Die auf der Erde gerade in den beiden Sonnengürtel mehr als reichlich vorhandene Sonnenenergie und neue Verfahren, diese über sog. Power-to-X-Verfahren in chemisch gebundene und damit lager-/transportierbare Energie (Wasserstoff, eGas, eFuels) umzuwandeln, könnten bei entsprechendem politischen und gesellschaftlichen Willen, Klima-, Natur- und Anwohnerschutz mit Ökonomie, gesellschaftlicher Freiheit und sogar Aufbauhilfe für die Ärmsten (heute Entwicklungshilfe) versöhnen. Nichts anderes veröffentlicht das Bundesforschungsministerium auf seiner Homepage unter dem Titel:
"Die Zukunft gehört allein dem grünen Wasserstoff", einem äußerst Interview mit unser Bundesforschungsministerin und einem Max-Planck-Institutsdirektor.
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