So, 10:47 Uhr
29.11.2020
Gips-Versorgung nach dem Kohleausstieg:
Alternativen diskutiert
Das Umweltnetzwerk GRÜNE LIGA sieht eine Strategie zum Umgang mit dem Rohstoff Gips als notwendig an. Auf einer Online-Tagung zum Bedarf an Gips in Zeiten des Kohleausstiegs kamen am Freitag über 60 Experten und Interessierte zusammen um über das konfliktträchtige Thema zu diskutieren...
Aufgrund des Ausstiegs aus der Kohle wird schrittweise der REA-Gips wegfallen, der bislang als Nebenprodukt bei der Rauchgasentschwefelung der Kohlekraftwerke entsteht. Die Gipsförderindustrie will daher verstärkt Naturgips in sensiblen Landschaften - vor allem im Südharz - abbauen.
Unsere Tagung ist ein wichtiger Schritt für den transparenten Diskussionsprozess, den wir zum Thema Gips brauchen. Die Kohlekommission hat zwar eine Aussage der Gipsindustrie in ihren Bericht übernommen, das Thema tatsächlich aber nie diskutiert., sagte der Bundesvorsitzende der GRÜNEN LIGA René Schuster: In der Debatte am Freitag wurde deutlich, dass REA-Gips keinesfalls 1 zu 1 durch zusätzlichen Abbau in wertvollen Naturlandschaften ersetzt werden muss. Es gibt ein ausreichendes Zeitfenster, um das Potenzial der wirtschaftlichen Alternativen, Gipsersatzstoffe und des Recyclings zu nutzen. Dabei sehen wir auch die Bundesregierung in der Pflicht., sagte Schuster.
Seit Anfang der 1980er Jahre wurde bei Kohlekraftwerken die Rauchgasentschwefelung eingesetzt, seit den 1990er Jahren auch in den neuen Ländern. Hauke Herrmann vom Öko-Institut erläuterte, dass sich der Markt für Gipsprodukte in Deutschland dadurch deutlich vergrößert hatte. Falle der kostenlos anfallende REA-Gips jetzt schrittweise wieder weg, sei schon aus wirtschaftlichen Gründen kein 1 zu 1-Ersatz mit teurerem Naturgips notwendig. Auch Ursula Schäfer vom BUND Thüringen wies darauf hin, dass REA-Gips bei seiner Einführung keinen Naturgips ersetzt hat. Es sei deshalb nicht nachvollziehbar, jetzt wegen des Kohleausstiegs stärker in wertvolle Landschaften wie den Gipskarst im Südharz einzugreifen.
Dr.-Ing Jörg Demmich stellte die Perspektive des Bundesverbandes der Gipsindustrie und die aktuellen Zahlen der Branche dar. Demnach werden in Deutschland derzeit etwa 10 Millionen Tonnen Gips im Jahr verbraucht. Davon stammten im letzten Jahr 44 Prozent aus Kohlekraftwerken, 54 Prozent aus Naturgipsabbau und lediglich 2 Prozent aus Recycling. Die Branche arbeite jedoch bereits an Projekten zur Ausweitung des Recyclings. In der Diskussion kamen auch die Zwischenlager an REA-Gips aus Kohlekraftwerken zur Sprache. Allein auf der Kippe des Tagebaues Tagebau Jänschwalde lagern etwa 6 Millionen Tonnen REA-Gips für die spätere Verwendung.
Eine Alternative zum Naturgips könne der sogenannte Phosphorgips sein. Als ein Nebenprodukt der Düngemittelindustrie fällt Gips weltweit in großen Mengen an, die auf Halden gelagert sind. Dr. Jörg Feinhals, Leiter der Projektgruppe Strahlenschutz und Entsorgung bei der DMT GmbH bestätigte auf der Tagung, dass die alleine Produktion von Phosphatgips den Wegfall des REA-Gipses ersetzen könne. Auf Grund von Verunreinigungen in den Ausgangsprodukten müsse dieser Gips jedoch gereinigt werden.
Bei Recycling von Gips gibt es indes bereits eine gute Ausgangsbasis. So gebe es in Deutschland vier Produktionsstätten, von denen aber nur drei in Betreib seien, erläuterte Dr. Simon Eichhorn, Abteilungsleiter Gipsrecycling beim Thüringer Innovationszentrum für Wertstoffe (ThIWert). Laut Eichhorn sind 50 Prozent der Gipsabfälle recycelbar, insbesondere Gipskartonplatten. Ursachen des bisher geringen Anteils an Recyclinggips seien die billige Verfügbarkeit von REA-Gips, wie auch eine zu kostengünstige Verbringung auf Mülldeponien.
Sein Institut arbeite derzeit an den erfolgversprechenden Projekten, um das Recycling von Gips weiter zu verbessern. Der Referatsleiter im Bundesumweltministerium, Dr. Harald Bajorat, bestätigte, dass die Bundesregierung das Gips-Recycling unterstützt. Über die Umweltministerkonferenz der Länder sei auch der Auftrag gekommen, sich das Thema Gips-Recycling näher anzuschauen. Dabei denke man zudem auch über ein mögliches Deponieverbot nach.
Ulrich Wieland von der Bundeskontaktstelle Gesteinsabbau der GRÜNEN LIGA sprach sich für ambitionierte Recyclingquoten aus. Gerade die Gipsindustrie hat auf der technischen Seite dadurch eine riesige Chance. Zudem brauche es eine bessere Zertifizierung von Baustoffen.
Autor: psgAufgrund des Ausstiegs aus der Kohle wird schrittweise der REA-Gips wegfallen, der bislang als Nebenprodukt bei der Rauchgasentschwefelung der Kohlekraftwerke entsteht. Die Gipsförderindustrie will daher verstärkt Naturgips in sensiblen Landschaften - vor allem im Südharz - abbauen.
Unsere Tagung ist ein wichtiger Schritt für den transparenten Diskussionsprozess, den wir zum Thema Gips brauchen. Die Kohlekommission hat zwar eine Aussage der Gipsindustrie in ihren Bericht übernommen, das Thema tatsächlich aber nie diskutiert., sagte der Bundesvorsitzende der GRÜNEN LIGA René Schuster: In der Debatte am Freitag wurde deutlich, dass REA-Gips keinesfalls 1 zu 1 durch zusätzlichen Abbau in wertvollen Naturlandschaften ersetzt werden muss. Es gibt ein ausreichendes Zeitfenster, um das Potenzial der wirtschaftlichen Alternativen, Gipsersatzstoffe und des Recyclings zu nutzen. Dabei sehen wir auch die Bundesregierung in der Pflicht., sagte Schuster.
Seit Anfang der 1980er Jahre wurde bei Kohlekraftwerken die Rauchgasentschwefelung eingesetzt, seit den 1990er Jahren auch in den neuen Ländern. Hauke Herrmann vom Öko-Institut erläuterte, dass sich der Markt für Gipsprodukte in Deutschland dadurch deutlich vergrößert hatte. Falle der kostenlos anfallende REA-Gips jetzt schrittweise wieder weg, sei schon aus wirtschaftlichen Gründen kein 1 zu 1-Ersatz mit teurerem Naturgips notwendig. Auch Ursula Schäfer vom BUND Thüringen wies darauf hin, dass REA-Gips bei seiner Einführung keinen Naturgips ersetzt hat. Es sei deshalb nicht nachvollziehbar, jetzt wegen des Kohleausstiegs stärker in wertvolle Landschaften wie den Gipskarst im Südharz einzugreifen.
Dr.-Ing Jörg Demmich stellte die Perspektive des Bundesverbandes der Gipsindustrie und die aktuellen Zahlen der Branche dar. Demnach werden in Deutschland derzeit etwa 10 Millionen Tonnen Gips im Jahr verbraucht. Davon stammten im letzten Jahr 44 Prozent aus Kohlekraftwerken, 54 Prozent aus Naturgipsabbau und lediglich 2 Prozent aus Recycling. Die Branche arbeite jedoch bereits an Projekten zur Ausweitung des Recyclings. In der Diskussion kamen auch die Zwischenlager an REA-Gips aus Kohlekraftwerken zur Sprache. Allein auf der Kippe des Tagebaues Tagebau Jänschwalde lagern etwa 6 Millionen Tonnen REA-Gips für die spätere Verwendung.
Eine Alternative zum Naturgips könne der sogenannte Phosphorgips sein. Als ein Nebenprodukt der Düngemittelindustrie fällt Gips weltweit in großen Mengen an, die auf Halden gelagert sind. Dr. Jörg Feinhals, Leiter der Projektgruppe Strahlenschutz und Entsorgung bei der DMT GmbH bestätigte auf der Tagung, dass die alleine Produktion von Phosphatgips den Wegfall des REA-Gipses ersetzen könne. Auf Grund von Verunreinigungen in den Ausgangsprodukten müsse dieser Gips jedoch gereinigt werden.
Bei Recycling von Gips gibt es indes bereits eine gute Ausgangsbasis. So gebe es in Deutschland vier Produktionsstätten, von denen aber nur drei in Betreib seien, erläuterte Dr. Simon Eichhorn, Abteilungsleiter Gipsrecycling beim Thüringer Innovationszentrum für Wertstoffe (ThIWert). Laut Eichhorn sind 50 Prozent der Gipsabfälle recycelbar, insbesondere Gipskartonplatten. Ursachen des bisher geringen Anteils an Recyclinggips seien die billige Verfügbarkeit von REA-Gips, wie auch eine zu kostengünstige Verbringung auf Mülldeponien.
Sein Institut arbeite derzeit an den erfolgversprechenden Projekten, um das Recycling von Gips weiter zu verbessern. Der Referatsleiter im Bundesumweltministerium, Dr. Harald Bajorat, bestätigte, dass die Bundesregierung das Gips-Recycling unterstützt. Über die Umweltministerkonferenz der Länder sei auch der Auftrag gekommen, sich das Thema Gips-Recycling näher anzuschauen. Dabei denke man zudem auch über ein mögliches Deponieverbot nach.
Ulrich Wieland von der Bundeskontaktstelle Gesteinsabbau der GRÜNEN LIGA sprach sich für ambitionierte Recyclingquoten aus. Gerade die Gipsindustrie hat auf der technischen Seite dadurch eine riesige Chance. Zudem brauche es eine bessere Zertifizierung von Baustoffen.
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