eic kyf msh nnz uhz tv nt
So, 11:30 Uhr
27.04.2025
Gezerre um Gedenktafel

Analog oder digital?

im Nordhäuser Stadtrat wurde am zurückliegenden Mittwoch nicht nur der Haushalt der Verwaltung für dieses Jahr beschlossen. Es wurde auch ein Antrag abgelehnt. Allerdings nicht ohne politische Nebenwirkungen...

Buchcover (Foto: Verlag Iffland) Buchcover (Foto: Verlag Iffland)
Die SPD-Fraktion forderte bis zum übernächsten Jahr die Anbringung einer Gedenktafel für die ehemaligen jüdischen Bürgerinnen und Bürger. Der Antrag in der vorgelegten Fassung wurde jedoch mit den Stimmen von CDU und AfD abgelehnt.

Anzeige symplr (4)
Auf der FB-Seite der Nordhäuser Bündnigrünen wurde dazu kommentiert: "CDU & AfD lehnen ab - wir sagen: Gedenken ist keine Nebensache, sondern gemeinsame Verantwortung". Das will die CDU nicht unkommentiert lassen. Steffen Iffland, Fraktionsvorsitzender im Stadtrat schreibt der nnz-Redaktion:

Im Vorfeld des Stadtrats und der vorberatenen Ausschüsse, habe ich mit dem SPD Fraktionsvorsitzenden Müller ja sogar mit Frau Rinke gesprochen, ob man den Antrag nicht deutlich verändern könnte, da sich verschiedene Punkte aus diesem Antrag erledigt hätten. Zudem liegt dieser Antrag einem CDU Antrag zugrunde.

Schaut man in den Antrag der SPD, fordert er vielmehr als nur eine Namenstafel, sondern vielmehr Gründung einer Arbeitsgruppe und die Aufarbeitung der Namen der jüdischen Familien. Dies alles ist aber schon geschehen! Es gab keinerlei Einsehen, eher stures Festhalten am Antrag."

Hintergrund:
2008 wurde im Stadtrat der Antrag des Stadtratsmitgliedes Dr. Schröter: „Anbringung einer Namenstafel zum Gedenken an die jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger" beschlossen. Daraufhin hat eine Gruppe von verschiedenen Personen an den jüdischen Biografien gearbeitet. Auch ich persönlich war an diesem Prozess beteiligt.

Ziel war es, die Namen der „Verfolgten Nordhäuser Juden“ aus dem Vergessen zu holen und dauerhaft zu bewahren. Grundlage für diese Arbeit war Dr. Schröters Veröffentlichung „Die Verfolgung der Nordhäuser Juden“ 1992. Nach Veröffentlichung dieser Publikation erhielt Dr. Schröter zahlreiche neue Informationen, die es zu verarbeiten galt.

Erstes Ergebnis unserer Arbeit war - unter Genehmigung der Nachfahren des damaligen Autors Heinrich Stern - die Neuauflage der „Geschichte der Juden“ aus dem Jahr 1927, die wir 2008 veröffentlichten. Diese war einst der Ergänzungsband zum tausendjährigen Doppelband von Nordhausen.

Intensiv führte Dr. Schröter zahlreichen Schriftverkehr auch in die USA zu Überlebenden, um weiter familiäre Informationen zu erhalten. Diese Ergebnisse führten oft auch zum Setzen von Stolpersteinen in der Stadt, wie 2015 am Bahnhofsplatz.

Jedoch stellte sich schnell heraus, dass die Fertigung von Namenstafeln mit über 500 Namen nebst Lebensdaten und Hinweisen einen riesigen Platz beanspruchen und auch weit über 20.000 Euro kosten würde. Daher wurde ab 2010/11 geplant, eine neue Publikation herauszugeben, in der alle Ergebnisse veröffentlicht werden sollten.

Im Zuge der Nachforschungen unter Zusammenarbeit mit dem Bundesarchiv, die ein Gedenkbuch aller jüdischen Einwohner des Deutschen Reiches vorhält, wurden die Namen Nordhäuser Juden, bzw. auch von jüdischen Einwohnern die nicht hier geboren wurden, erarbeitet.

Im Jahr 2012 gelang es Dr. Schröter mit finanzieller Unterstützung der „Deutsch-Israelischen Gesellschaft“ und dem Bundesprogramm „Toleranz Fördern – Kompetenz Stärken“, das Buch „Das Schicksal der Nordhäuser Juden“ herauszugeben und eine Stein-Tafel am Siechenhof anzubringen. Das Buch wurde kostenfrei an Schulen als Klassensätze ausgereicht, an verschiedene Bibliotheken versandt und ist bis heute erhältlich. Damit erfüllte sich der Wunsch von Dr. Schröter, die Namen vor dem Vergessen zu bewahren", so Iffland und weiter:

"Ich habe im Stadtrat angeboten, die Listen mit den Namen und Daten der jüdischen Bürgerinnen und Bürger zur Verfügung zu stellen, damit diese in Form eines Gedenkbuches auf der Internetseite der Stadt „weltweit“ einseh- und abrufbar ist. Weiterhin könnte dies durch einen QR Code am Gedenkstein der Synagoge ergänzt werden, an dem Besucher direkt zu den Namenslisten gelangen. Der Oberbürgermeister stimmte diesem Vorschlag im Stadtrat zu.

Dies Vorgebrachte zu übergehen, und die Ablehnung des Beschlusses nur auf die Zustimmung der AfD runterzubrechen und zu diskreditieren ist kein demokratischer Umgang miteinander, es ist Populismus", so Iffland als Reaktion auf die Stellungnahme der Grünen.
Autor: psg

Kommentare
Elfmeter
27.04.2025, 15.06 Uhr
Ein Jude mit Kipa läuft durch Nordhausen....
... was würde wohl passieren? Ich sags voraus: Teile der muslimischen Flüchtlinge würden ihn angehen, beleidigen....im harmlosesten Fall. Das ist das Schlimme.

Gedenken ist wichtig, aber der Schutz der Juden in der Gegenwart umsomehr.
Und da sieht es schwarz aus in Deutschland. Und Kleinstädtische Symbolitik hilft gar nich weiter.
nordhaeuser927
27.04.2025, 17.46 Uhr
Herr Iffland…
… vergisst, dass der Antrag zur Anbringung der Tafeln bereits 2008 genehmigt wurde und die Umsetzung somit immer noch erfolgen müsste. Allein durch den neuen Vorschlag von Herrn Iffland wird ein gültiger Stadtratsbeschluss nicht automatisch außer Kraft gesetzt.
Zudem stellt der neuerliche Vorschlag eher eine sehr sinnvolle Ergänzung dar, kann aber den immer noch gültigen Stadtratsbeschluss der dauerhaften Anbringung der Tafeln im oder am Rathaus nicht ersetzen.
Dem Wunsch von unserem ersten demokratisch gewählten Bürgermeister der Nachwendezeit sollte zeitnah nachgekommen werden, denn ein QR Code kann dieses deutliche Statement und Bekenntnis zur Erinnerung an nordhäuser Geschichte in keiner Weise ersetzen, maximal sinnvoll ergänzen.
Es ist zudem unverständlich, da diesen Ansinnen ja sogar ein vom Stadtrat bereits genehmigter aber noch nicht umgesetzter Antrag der CDU zugrunde liegt.
Zudem ist es ja nicht der einzige Beschluss, den die CDU Fraktion an diesem Tag, wissend um das Abstimmungsverhalten der AfD, mit der AfD zusammen abgestimmt hat.
Herr Iffland sollte einfach zugeben, dass Teile der CDU die Stimmen der AfD bewusst nutzt, um eigene Ziele unter zutun der in Thüringen als rechtsextrem eingestuften Partei durchzubringen. Das wäre wenigstens ehrlich und würde den Wählerinnen und Wählern zeigen wo dieser Teil derPartei gerade steht.
Diese ständigen Ausreden sind inzwischen wenig erträglich und absolut unglaubwürdig.
Novize
27.04.2025, 20.50 Uhr
Stimme Herrn Iffland zu
Herr Iffland hat als Verleger historischer Schriften, privater Ahnenforscher und Kreisarchivar eine gute Übersicht über diese Thematik. Ich wünsche ihm, sich vom Habsgeorg Müller zu lösen und an Profil zu gewinnen.
Hans Dittmar
27.04.2025, 21.43 Uhr
Digitales Gedenken ist zeitgemäß.
Wie im Beitrag dargestellt, wird ja bereits analog in Buchform den jüdischen Opfern gedacht. In verschiedenen Ländern wird mit QR-Code eine Stadtführung koordiniert. Aber die SPD will in die Steinzeit.
Es ist wieder typisch für die Grünen, dass sie behaupten man wolle nicht gedenken. Und wie sich nun zeigt, stimmt das gar nicht.
Honsteiner
28.04.2025, 07.35 Uhr
Gedenken JA, aber sinnvoll.
In Bleicherode wurde eine kleine Tafel an der Stelle der ehemaligen Synagoge errichtet und damit erinnern wir nicht nur an das Gebäude, sondern an die gesamte Geschichte der jüdischen Einwohner. Nordhausen hat auch diesen Gedenkstein an der ehemaligen Synagoge, und jährlich finden dort Veranstaltungen statt.
Weitere Gedenksteine mit Namen, halte ich nicht für zeitgemäß.
Kommentar hinzufügen
Es gibt kein Recht auf Veröffentlichung.
Beachten Sie, dass die Redaktion unpassende, inhaltlose oder beleidigende Kommentare entfernen kann und wird.
Anzeige symplr (1)
Anzeige symplr (3)